Headhunter
die
beiden Hauptakteure sich gegenseitig in einem Haus in Tonsenhagen hier in Oslo
erschossen haben. Der letzte Teil dieses Dramas wurde - wie Ihnen bekannt ist -
gefilmt, da das Haus alarmgesichert und kameraüberwacht war. Kopien dieser
Aufnahmen sind an die Öffentlichkeit gelangt und kursieren seit Wochen im
Internet.«
G.
Dybwad legte mit noch mehr Pathos nach:
»Und
als ob das alles nicht schon genug wäre, steht im Zentrum dieses bizarren
Falls ein weltberühmtes Gemälde. Peter Paul Rubens' >Kalydonische
Eberjagd< galt seit dem letzten Weltkrieg als vermisst. Bis dieses Gemälde
vor vier Wochen auf einem ...« An dieser Stelle wurde G. Dybwad so von seinen
Gefühlen überwältigt, dass er zu stottern begann. »... auf einem norwegischen
Klohäuschen gefunden wurde!«
Nach
dieser Einleitung musste Odd G. Dybwad eine kleine Zwischenlandung machen,
bevor er weiterflog.
»Wir
haben hier heute einen Gast, der uns helfen wird, den Greve-Fall zu analysieren
und zu verstehen. Brede Sperre ...«
G.
Dybwad machte eine kleine Pause, ein Zeichen für den Produzenten im
Kontrollraum, die Kamera zu wechseln. Der Produzent entschied sich, den
einzigen Gast im Studio, einen großen, blonden, gut aussehenden Mann, in
halbnaher Eins tellung zu zeigen. Für
einen Angestellten des
öffentlichen Dienstes trug er einen auffällig teuren Anzug und ein offenes Hemd
mit Perlmuttknöpfen, vermutlich zusammengestellt von der ELLE-Stylistin, mit
der er ein - na ja - »heimliches« Verhältnis hatte. Kein weiblicher Zuschauer
würde jetzt umschalten.
»Sie
waren der Leiter der Ermittlungen in diesem Mordfall. Haben Sie in Ihren fast 15 Jahren im Polizeidienst jemals etwas Ähnliches erlebt?«
»Kein
Fall ist wie der andere«, sagte Brede Sperre. Locker und selbstsicher. Man
musste kein Hellseher sein, um zu wissen, dass seine Mailbox anschließend
voller SMS sein würde. Eine Frau, die sich fragte, ob er Single ist oder
vielleicht Lust auf einen Kaffee mit einer interessanten Person habe - alleinerziehende
Mutter, wohnhaft in der Nähe von Oslo, eigenes Auto und viel Zeit in der
nächsten Woche. Ein junger Mann, der ältere, entschlossene Männer mochte.
Einige übersprangen das Vorgeplänkel und schickten gleich entsprechende Bilder.
Aufnahmen, mit denen sie zufrieden waren: auf denen sie hübsch lächelten,
frisch vom Friseur kamen, schicke Kleider trugen, mit reichlich Ausschnitt oder
ohne Gesicht und ohne Kleider.
»Aber
eines ist natürlich klar, acht Mordopfer sind nicht gerade alltäglich«, sagte
Sperre. Und als er merkte, dass sein Understatement bestenfalls nonchalant
klang, fügte er hinzu: »Weder hierzulande noch in vergleichbaren Ländern.«
»Brede
Sperre«, sagte G. Dybwad, der anfangs immer darauf achtete, den Namen seiner
Gäste mehrmals zu nennen, damit die Zuschauer sich ihn einprägten. »Dieser Fall
hat international Aufsehen erregt. Und obwohl acht Menschen ihr Leben lassen
mussten, ist diese Aufmerksamkeit wohl vor allem der Tatsache geschuldet, dass
im Mittelpunkt dieses Falls ein weltberühmtes Gemälde steht?«
»Nun
ja, es handelt sich auf jeden Fall um ein Bild, das unter Kunstkennern bekannt
ist.«
»Also,
ich bin der Meinung, wir können durchaus von einem weltberühmten Bild
sprechen!«, fiel ihm Dybwad ins Wort und versuchte Sperres Blick einzufangen,
vielleicht um ihn an das zu erinnern, was sie vor der Sendung besprochen
hatten, dass sie nämlich ein Team waren, zwei Menschen, die zusammenarbeiten
sollten, um eine fantastische Geschichte zu erzählen. Die Berühmtheit des
Bildes herunterzustufen, machte die Geschichte gleich weniger bemerkenswert.
»Auf
jeden Fall hat dieses Bild eine zentrale Rolle bei den Bemühungen des
Kriminalamts gespielt, dieses Puzzle zusammenzusetzen, bei dem es weder
Überlebende noch andere Zeugen gibt. Das stimmt doch, nicht wahr, Herr Sperre?«
»Ja,
das ist richtig.«
»Der
offizielle Ermittlungsbericht wird zwar erst morgen vorgelegt, aber Sie können
unseren Zuschauern ja schon heute einen Einblick in den Fall geben. Was ist
wirklich passiert? Wie ist das Ganze von A bis Z abgelaufen?«
Brede
Sperre nickte. Aber statt das Wort zu ergreifen, nahm er erst einmal sein Glas
und trank einen Schluck Wasser. G. Dybwad lächelte breit am rechten Bildrand.
Vielleicht hatten die beiden diesen kleinen Kunstgriff abgesprochen, um die
Spannung bei den Zuschauern auf die Spitze zu treiben, bis sie am äußersten
Sofarand saßen und Augen und Ohren aufrissen. Vielleicht
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