Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
Entscheidungen über meinen Kopf hinweg trafen, wenn ich nicht mitreden durfte oder wenn sie wichtige Dinge vor mir geheim hielten.
Ich war schließlich alt genug, konnte mir meine eigene Meinung bilden und kam manchmal auf Gedanken, auf die meine Eltern nicht kamen. Da war es doch eigentlich dumm, mich davon ausschließen zu wollen.
Ich tauchte meine verschmierten Finger ins Becken und rieb sie leicht aneinander. Ein dunkelgrüner Film löste sich und waberte wie eine transparente Alge durch das Wasser, bis ich ihn mit der Hand verwirbelte.
Ich sah zu unserer Wohnung hinauf. Rechts neben meinem Zimmer stand Ken an seinem offenen Fenster, mit einer Zigarette in der Hand. Lässig blies er Rauchkringel in die Luft und grinste zu mir herunter.
10
Schmatzender Friedensengel
»Na und?«, sagte Lou, als ich es ihr am Telefon erzählte. »Du hast doch auch schon mal gepafft.«
»Ja, aber doch nicht so!«, protestierte ich. »Ich hab nur ein einziges Mal gezogen und mich fast tot gehustet! Ken raucht richtig!«
»Mann, wie bist du denn unterwegs!«, lachte Lou. »Lass ihn doch.«
»Aber es ist widerlich!«, beharrte ich. »Es stinkt und … überhaupt.«
»Ach, das ist bestimmt nur eine Phase«, beruhigte mich Lou. »Jarush hat auch mal ein paar Wochen geraucht. Als ich ihn nicht mehr geküsst habe, hat er aufgehört.«
»Siehst du!«, ereiferte ich mich. »Nur, weil du ihn erpresst hast!«
»Nein«, widersprach Lou. »Nicht nur. Er hat auch aufgehört, weil er es selbst eklig fand. Außerdem wurde es ihm zu teuer.«
Das Argument gefiel mir.
Meine Mutter klopfte und sah zur Tür herein. »Jannah, wir essen gleich!«
Ich zeigte auf das Telefon und nickte.
»Lou?«, sagte ich. »Ich muss Schluss machen. Wir sehen uns morgen.«
Die lange Tafel war mit unserem grünen Samtstoff und einem passenden Läufer gedeckt, in den Glitzerperlen und Pailletten eingenäht waren.
Merrie schien unser Geschirr verschont zu haben, denn es war damit für sechs Personen gedeckt. Alles in verschiedenen Grüntönen. Efeu und Weinranken lagen als Dekoration zwischen Schalen und Tellern voller Speisen, von denen köstliche Düfte ausgingen. Von Scherben war keine Spur. Sepp musste alles schon entsorgt haben.
»Boah, lecker!« Ken saß am Tisch, seine Gabel ungeduldig erhoben. Ich war ein bisschen stolz auf meine Mutter, die all die türkischen Gerichte im Schlaf zubereiten konnte.
Sie hatte Hirsesalat angerichtet und grüne Bohnen, Blätterteigröllchen mit Schafskäse, Köfte, Möhren in Knoblauchsoße, gebratene Zucchini, gefüllte Auberginen, Weinblätter, Börek, und sogar Fladenbrot hatte sie gebacken. Auch Süßes gab es zum Nachtisch. Das machte sie zwar nicht selbst, schmeckte aber trotzdem. Tulumba-Tatlisi war mir am liebsten. Für die kleinen Spritzkuchen ließ ich alles andere stehen. Auch von dem haarigen weißen Zeug, dessen Namen ich immer wieder vergaß, konnte ich nicht genug kriegen.
Merrie kam hinzu und setzte sich neben Ken. Ihre Miene war ernst, aber nicht so feindselig wie ich nach ihrem Ausbruch erwartet hatte.
Sepp ließ seinen Blick über den Tisch schweifen. »Okay, Süße, das war’s!« Er nahm zwei Gläser aus dem Schrank, öffnete eine Flasche und ließ den Sekt in die Gläser perlen. Meine Mutter ignorierte ihn geschäftig. Er verstellte ihr den Weg und gab ihr ein Glas in die Hand. »Warte!«
Sie sah ungeduldig an ihm vorbei.
»Guck mich gefälligst an, wenn ich dir was Wichtiges zu sagen habe!« Sepp drückte seine Nase an ihre, so dass sie nicht mehr ausweichen konnte. »Also, ich frage dich, Suzan Kismet: Willst du mich heiraten?«
»Spinner!«, lachte sie und schob ihn von sich. »Geh mal da weg!«
»Du brichst mir das Herz!« Sepp tat zerknirscht. »Ken, wichtige Lektion! Heiratsanträge immer nur im richtigen Moment abfeuern!«
»Alles klar, Paps!« Ken nickte, breit grinsend. »Also nicht so wie du gerade?«
»Allerdings!« Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Das mit dem Timing muss dein Vater unbedingt noch lernen!«
»Was denn, was denn?« Sepp nahm einen Schluck aus seinem Glas. »Immer locker! Glaubst du etwa, ich würde dich jemals heiraten?!« Scheinheilig grinste er auf sie herab.
Dafür kniff ihn meine Mutter in den Arm, und er jammerte: »Aua, du grobes Weib!«
»Überleg dir halt vorher, was du sagst!«
»Gut, dann versuche ich es mal so: Suzan-Schatz, hast du zufällig meinen Ausweis gesehen? Der ist nämlich weg.«
»Wundert mich gar nicht, Basti-Schatz. Den hast du
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