Heartbreaker - Chartbreaker
entgegen, die soeben hereingekommen waren. Blitzschnell war in sein Gesicht das falsche Lächeln zurückgekehrt. Ich hatte ihn noch nie so übersprudelnd erlebt. »Wollen Sie vielleicht eine Sorte kostenlos probieren?«
Aber die beiden Kunden, die uns unterbrochen hatten, waren keine normalen Kunden. Der eine von ihnen war Ron, der Besitzer des Ladens, und der andere irgendein Anzugtyp, der bis über beide Ohren grinste. Ron bekamen wir normalerweise selten zu Gesicht. Er betrieb die ScooperDooper-Filiale nur nebenbei und war eigentlich schon in Rente; sie war für ihn so ein Ding zwischen Beschäftigungstherapie und problemloser Einnahmequelle, und seit er James angestellt hatte, den Muster-Mitarbeiter Nr. 1, gab es für ihn sowieso nicht mehr viel zu tun. Sein Gesicht war braun gebrannt, weil er die meiste Zeit auf seinem Segelboot verbrachte und offenbar noch nie was von Sonnenschutzmitteln gehört hatte.
»Audrey!«, rief er, als er mich sah. »Wie geht es meiner Star-Eisverkäuferin?«
»Hallo, Ron.« Ich versuchte, ein paarmal tief durchzuatmen, um nicht zu hyperventilieren. »Danke. Und wie geht’s Ihnen?«
Er blickte wie ein stolzer Großvater drein, der sein Enkelkind präsentiert. »Das ist Mr Farris, Audrey.« Als ich nichts sagte, fuhr er fort: »Er ist der Vertriebsleiter sämtlicher ScooperDooper-Filialen in der Umgebung hier. Du hast doch sicher schon mal von Mr Farris gehört?«
Ich hatte von Mr Farris natürlich noch nie was gehört, aber eines wusste ich: Wenn ich in meinem Leben als regionaler Vertriebsleiter der ScooperDooper - Kette enden würde, dann würde ich mich fragen, was da wohl falsch gelaufen ist. Mr Farris allerdings schien kein Problem damit zu haben, dass auf seiner Visitenkarte Eiswaffeln aufgedruckt waren. »Freut mich sehr , Sie kennenzulernen«, sagte er, während er meinen Arm rauf und runter schwenkte.
»Und das ist James.« Ron stellte ihn mit einem Tonfall vor, als sei James ein dementer, zahnloser Großonkel, für den man sich vor seinen supercoolen Freunden schämen musste.
Mr Farris nickte James nur kurz zu, bevor er sich wieder mir zuwandte. »Audrey«, sagte er, »wir haben in der letzten Zeit bei uns in der Zentrale viel von Ihnen gesprochen.«
»Wirklich?« Ach ja?
»Ja. Der Verkauf in diesem Geschäft ist den vergangenen Wochen um fast fünfzehn Prozent gestiegen, und ich würde lügen, wenn ich behaupten wollte, dass das nichts mit Ihnen zu tun hat.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Echt? Keine Ahnung, aber -«
Er unterbrach mich mit einem breiten Grinsen. »Dafür wissen wir das umso besser. Deshalb haben wir eine neue Anzeigenkampagne entwerfen lassen, in deren Mittelpunkt Sie stehen!« Er zog eine Hochglanzmappe heraus und schlug sie auf. Eine hellrosa Pressemitteilung leuchtete mir entgegen. »Sehen Sie das? Und das ist nur der Anfang. Wir haben bereits Pläne für eine Kampagne überall in den Staaten, von Maine bis Hawaii! Na, wie wäre das, der Star in Ihrem eigenen Werbespot zu sein?« Er zwinkerte mir zu.
Ich zwinkerte nicht zurück, sondern verdrehte die Augen. »Lieber würde ich ein Schwefelsäurebad nehmen.«
»Wie bitte?«
James verschluckte sich und fing an zu husten. Ron mischte sich hastig ein, um seinen Jahresbonus zu retten. »Unsere Audrey! Immer zu Späßen aufgelegt! Sie hat einfach Humor!«
Ich spürte, wie mein Gehirn sich entkrampfte, und ehrlich, es fühlte sich gut an, ähnlich wie wenn man mit dem Kopf wieder aus dem Badewasser auftaucht. »Mit Rasierklingen«, fuhr ich fort. »Lieber würde ich ein Schwefelsäurebad mit Rasierklingen und vergorener Stutenmilch nehmen.«
Klingeling! Kundschaft!
»Herzlich willkommen im ScooperDooper!«, brüllte James quer durch den Raum. »Willkommen in unserem wunderbaren
Etablissement! Wollen Sie vielleicht etwas kostenlos probieren? Egal, was! Fragen Sie uns! Wir sind für Sie da! Sie können alles von uns haben! Probieren Sie ruhig!«
»Oh ja, das will ich«, sagte eine Stimme, und ich musste mich schwer zusammenreißen, um nicht mit dem Kopf ein paarmal gegen die Theke zu schlagen.
Sharon Eggleston und Natascha waren hereinstolziert gekommen. »Da ist ja unser Star«, sagte Sharon, als sie mich sah. Ich hatte ein schmutziges ScooperDooper-T-Shirt an, auf dem Spuren von Chocolate Kiss prangten, und mein Gesicht fühlte sich immer noch ganz heiß an - wegen dem Vorfall mit James, aber auch wegen der Unterhaltung mit Mr Farris. Sharon (das muss ich leider zugeben) trug ein perfekt
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