Heartbreaker - Chartbreaker
sitzendes purpurrotes T-Shirt und perfekt sitzende Jeans und ein perfektes Make-up. Sie hatte sich für meine öffentliche Hinrichtung richtig rausgeputzt, so viel war klar.
»Hallo«, sagte ich, aber nur, weil meine zwei Bosse weniger als einen halben Meter von mir entfernt standen. Das schwöre ich euch, wenn ich jemals tatsächlich ein Bad in Schwefelsäure mit Rasierklingen und vergorener Stutenmilch nehmen muss, dann wird Sharon nach mir in die Wanne steigen.
»Wie wär’s mit einer kostenlosen Eisprobe, ihr zwei Hübschen?« James beugte sich über die Theke zu Sharon und Natascha, in der Hand einen winzigen Plastiklöffel.
Sharon schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln und ich glühte innerlich. »Ja«, sagte sie. »Total gerne. Ich würde zum Sterben gern alles hier probieren.«
James brachte nur stotternd eine Antwort heraus und wäre wahrscheinlich tausend Tode gestorben, wenn Mr Farris sich nicht plötzlich eingemischt hätte. »Audrey, warum helfen Sie ihm bei diesen jungen Damen nicht?«
Ein fieses Lächeln, das Cruella de Vil würdig gewesen wäre, kräuselte Sharons Mundwinkel. »Ist das dein Chef, Audrey?«
Ich feuerte innerlich eine Revolverkugel auf sie ab. »Ja.«
Mr Farris platzte fast vor Stolz. »Sie ist unsere beste Eisverkäuferin!«
Sharon und Natascha tauschten ein wissendes Lächeln aus. »Ach tatsächlich? Woher das wohl kommt?«
»Wo-wo-wollt ihr denn jetzt was probieren?« James mühte sich immer noch redlich ab, einen vollständigen Satz hervorzubringen.
»Ihr könnt mir beide gerne helfen«, verkündete Sharon, als hätten James und ich damit einen Sechser im Lotto gelandet. »Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, was ich will.« Sie legte einen Finger an ihre Lippen und tat so, als würde sie nachdenken. »Was schlägst du vor, Audrey? Du bist ja in allen möglichen Dingen eine Expertin, stimmt’s? Deine geschickte Zunge hat doch sicher schon das leckerste Eis hier herausgeschmeckt.«
Ich dachte an die Kritzelei an der Klotür in der Schule und sagte nichts.
»Was ist mit Erdbeere?«, fragte Sharon.
Alle schauten mich an. »Ganz in Ordnung.«
»Ist das alles?«
»Nein, schmeckt großartig.«
»Und Chocolate Kiss?«
»Schmeckt einfach großartig.«
»Mehr nicht?«
»Nein, schmeckt ganz besonders großartig. Zum Reinknien.«
»Und was ist mit Bourbon-Vanille?«
»Schmeckt zum Reinknien.«
»Ist das alles?«
Und so ging das weiter. Eine Sorte nach der anderen. Sharon und Natascha (kann die auch mal durch die Nase atmen und nicht immer nur durch den offenen Mund?) hatten am Ende jede mindestens neun Sorten probiert. James reichte ihnen das Eishäppchen jeweils auf einem kleinen Probierlöffelchen, und Sharon schleckte es jedes Mal auf eine so sexy Weise ab, wie es niemand, der nur halbwegs richtig im Kopf
ist, jemals in aller Öffentlichkeit tun würde. »Mhmmm«, machte sie dabei immer genießerisch und schaute James dazu die ganze Zeit aus schlafzimmergroßen Augen an. Nur um dann »Ach nein … lieber doch nicht« zu sagen und mir ihren benutzten Löffel zurückzureichen. »Und was ist mit …?«
Und so ging das weiter. Und weiter. Und weiter.
Bei der siebten Eissorte waren weitere Kunden in den ScooperDooper gekommen, die unbedingt von mir bedient werden wollten, also hatte ich James kurz allein gelassen. Mr Farris hatte sich seine Hochglanzmappe unter den Arm geklemmt, hielt sich im Hintergrund und beobachtete zufrieden, wie sein Umsatz stieg. Es war so demütigend. James musste Sharon und Natascha eine Eisprobe nach der anderen reichen, die Probierlöffel fielen ihm auf den Boden, so ungeschickt stellte er sich dabei an, und wenn er sich bückte, um sie aufzuheben, stieß er dabei mit Knien und Ellenbogen und Hüftknochen gegen die Theke.
Als ich wieder an seiner Seite war, endete das Ganze schließlich damit, dass Sharon wie immer eine kleine Kugel fettfreies Vanilleeis verlangte, zuerst in einer Eiswaffel, dann doch lieber im Becher und, ach ja, schließlich kam ihr noch die Idee, darüber Mandelsplitter zu wollen. Sie wartete ab, bis ich die Mandeln darübergestreut hatte, um dann festzustellen: »Ooch, tut mir leid, ich wollte eigentlich doch lieber Walnüsse.« Danach reichte ich Natascha ebenfalls eine kleine Kugel fettfreies Vanille-Eis mit Walnuss-Topping im Becher über die Theke, ohne sie groß zu fragen, und als sie dagegen protestieren wollte, murmelte ich nur: »Nimm. Stopf’s dir rein. Pass auf, dass du nicht daran erstickst.« Meine
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