Heartless 03 - Lockruf des Herzens
gehen lassen, weil Sie mich für schuldig halten.«
»Ich lasse Sie nicht gehen, weil man Sie früher oder später finden wird - egal wo Sie sich verstecken. Der einzige Weg, wie Sie dem Ganzen entkommen können, ist zu beweisen, dass Sie Fenwick nicht ermordet haben.«
Ihre Schultern sanken nach unten. Als er sie losließ, trat sie an eins der französischen Fenster, durch die man in den Garten gelangen konnte. Sie sah so verloren aus, dass sich unerwartet ein heftiger Schmerz in seiner Brust regte. Einen Augenblick lang stand sie einfach nur da, dann zog sie einen der Flügel auf und trat in den nächtlichen Garten.
Adam folgte ihr und blieb auf der Terrasse stehen, um sie zu beobachten. Ziellos wandelte sie im Licht der Fackeln, die die Kieswege erhellten, umher, bis sie beim Marmorspring-brunnen in der Mitte des Gartens ankam. Dort setzte sie sich auf eine der geschwungenen Bänke aus Stein.
Wolken zogen über den Flimmel, doch hin und wieder fiel das Licht des Vollmonds durch die Zweige der Bäume, sodass er ihre Gesichtszüge deutlich erkennen konnte. Ihre Miene war anfangs ganz angespannt, und er sah, wie zittrig sie Atem holte. Ganz allmählich begannen sich ihre besorgten Gesichtszüge zu glätten.
Sie wandte sich dem Springbrunnen zu, zog eine Hand durch das Wasser und ließ die winzigen Tropfen von ihren Fingern perlen. Sie legte den Kopf nach hinten, um den Himmel zu betrachten, und allein ihr Anblick genügte, dass auch seine Anspannung wich. Sie sah aus wie heute Morgen, als er sie beim Ententeich gefunden hatte. Ruhig und ernst, wie sie auch auf ihn gewirkt hatte, als er sie das erste Mal gesehen hatte.
»Geht es Ihnen jetzt besser?«, fragte er.
Sie erhob sich, als er näher kam. »Ich fühle mich immer besser, wenn ich mich draußen aufhalte. Und das Wasser ist so beruhigend. Es klingt wie winzige Kristallperlen, die auf einem Spiegel zerschellen.«
Ihr Blick hing am zarten Schleier des Wasserspiels. Die Statue in der Mitte war ein ägyptisches Stück, das er erst letzten Monat gekauft hatte. Es handelte sich um einen nach hinten geneigten Männerkopf, der zum Himmel schaute und aus dessen Mund sich das Wasser des Springbrunnens ergoss.
»Es ist nicht nur das Draußensein. Was bewegt Sie noch?«
Jillians Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und er sah ein winziges Grübchen, das sich neben ihrem Mund andeutete. Seine Lenden zogen sich zusammen. Er wollte seine Lippen auf diese Stelle drücken, um zu sehen, ob es sich vertiefte, wenn er sie küsste.
»Hier draußen kann ich einfach besser denken. Die Dinge werden irgendwie klarer. Es stimmt, dass ich Angst habe - mehr als je zuvor in meinem Leben. Aber es gibt immer etwas, vor dem man Angst hat. Das habe ich gelernt, als mein Vater gestorben ist. Sein Tod kam völlig unerwartet. Ich hatte niemanden, an den ich mich wenden konnte, keinen, der mir half, aber irgendwie wusste ich, dass mir nichts passieren würde.«
Sie drehte sich zu ihm um, sodass das Mondlicht ihre Gesichtszüge umschmeichelte. »Es ist die reine Wahrheit, dass ich Lord Fenwick nicht ermordet habe. Was auch geschehen mag, egal was man sagen wird, ich weiß im tiefsten Innern meines Herzens, dass ich nichts getan habe, für das ich mich schämen müsste. Solange ich mir selbst gegenüber ehrlich bin, kann mir niemand etwas anhaben.«
Ihr Blick richtete sich wieder auf den Springbrunnen, und er wollte die Hand nach ihr ausstrecken, um sie zu berühren, sie in seine Arme zu ziehen und ihre innere Ruhe in sich aufzunehmen. Diesen Frieden, den er selbst nie zu finden vermochte.
Er dachte an Aboukir und die Männer unter seinem Kommando, die dort gefallen waren. Er hatte bei Aboukir seine Pflicht getan, Seite an Seite mit den Soldaten gekämpft, die getötet worden waren. Es gab nichts, für das er sich hätte schämen müssen, doch trotzdem wollten die Alpträume nicht weichen und zwangen ihn, die grausame Schlacht wieder und immer wieder aufs Neue zu erleben.
Aber Jillian war anders. Im Gegensatz zu dem inneren Aufruhr, der in ihm tobte, verbreitete sie mit jedem Atemzug, jedem Lächeln eine innere Ruhe, die durch ihre Haut zu strahlen schien.
»Ich bin froh, wenn all dies vorüber ist.« Sie schaute ihn an, und er dachte, dass ihre Augen wohl blauer waren als alles, was er je gesehen hatte.
»Was geschah, nachdem Ihr Vater gestorben war?«
»Ich hatte nur ganz wenige Angehörige, nur ein paar entfernte Cousins und Cousinen. Ich zog zu meiner Großtante Gertie. Sie
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