Heartless 03 - Lockruf des Herzens
dunkelblau leuchteten. Die Wirkung war faszinierend. So müde sie auch sein mochte, war der Anblick doch so beeindruckend, dass die Erschöpfung von ihr abfiel.
»Was hältst du davon?« In der tiefen Stimme des Grafen klang Stolz mit, als er das lang gestreckte Gebäude betrachtete, das sein Zuhause war. Beide waren aus der Kutsche ausgestiegen und betrachteten die weiten Rasenflächen, die sich von den Klippen bis vor das Haus erstreckten und dahinter in eine grüne Hügellandschaft übergingen.
»Es ist atemberaubend. Es sieht aus, als ob es hier schon seit Hunderten von Jahren stehen würde.«
»Das Haus wurde ursprünglich um zwölfhundert als Kloster errichtet. König Johann schenkte es den Zisterziensern, aber im frühen sechzehnten Jahrhundert wurde der größte Teil des Gebäudes durch ein Feuer zerstört. Der erste Graf von Blackwood kaufte das Land - ein bisschen mehr als dreitausend Hektar - und das, was vom Kloster übrig geblieben war. Doch das meiste, was du hier siehst, ist elisabethanisch, errichtet vom dritten Grafen im frühen siebzehnten Jahrhundert.«
Überall waren Fenster, und das Haus lag so auf der Hügelkuppe, dass die gesamte Vorderfront aufs Meer hinausschaute.
»Es wirkt ein wenig wie aus einem Märchen.« Ihr Mund wurde schmal. »Ziemlich luxuriös... für ein Gefängnis.«
Der Graf warf ihr einen strengen Blick zu. »Wenn du es so sehen willst, dann kannst du deinen Aufenthalt hier ja genießen. Wie du weißt, kommst du hier nicht weg - zumindest nicht, solange ich es verbiete.«
Ihr Rücken wurde ganz steif, und sie begann, den Weg zur massiven, geschnitzten Tür hinaufzugehen. Sie traten in die Halle, und auch wenn sie es versucht hätte, konnte ihr doch nicht die atemberaubende Schönheit des Innern entgehen.
»Dein Haus ist wunderschön.« Glänzender Parkettboden schimmerte im Licht eines schmiedeeisernen Kronleuchters, der von einer weiß verputzten und von dicken Holzbalken getragenen Decke hing. Ins Parkett waren kostbare Intarsien eingelegt.
»Wir haben einen Landsitz in Kent, der Woodlands heißt und meinem Bruder und meiner Schwester besser gefällt. Aber ich habe mich immer zu diesem Ort hier hingezogen gefühlt.«
Überrascht drehte sie sich zu ihm um. »Du hast eine Schwester?«
»Margaret. Wir nennen sie Maggie. Sie ist zwölf Jahre jünger als ich, erst achtzehn. Sie lebt zurzeit bei einer Tante in Tunbridge Wells.«
»Dann ist sie also unverheiratet?«
Er nickte. »Sie ist letztes Jahr in die Gesellschaft eingeführt worden, aber Maggie ist ziemlich romantisch. Sie ist entschlossen, aus Liebe zu heiraten, und offensichtlich ist es bisher noch nicht passiert. Ich bin mir sicher, dass sie mit der Zeit vernünftiger über die Sache denken wird.«
Ob es nun vernünftig war oder nicht, so stimmte Jillian doch mit Maggie hinsichtlich der Gründe für eine Ehe überein, und sie nahm an, dass sie sich mit der jüngeren Schwester des Grafen bestimmt gut verstehen würde.
Plötzlich wurde sie erneut von Schuldgefühlen gepackt. »Ach, du lieber Himmel. Diese ganze Sache wird bestimmt die Heiratsaussichten deiner Schwester beeinflussen. Auch wenn sie sich verlieben sollte, wird doch kein Mann eine Frau heiraten wollen, die - wenn auch nur weitläufig - mit einem Skandal in Verbindung gebracht wird.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich wusste, dass es ein Fehler war, hierher zu kommen. Jetzt hat deine Schwester bestimmt darunter zu leiden und...«
»Maggie ist eine Erbin und die Schwester eines Grafen. Darüber hinaus ist sie ausgesprochen reizend. Sie wollte nie Verehrer haben, und ich bezweifle, dass sich das je ändern wird.«
»Trotzdem ist es ein Problem - das weißt du. An diesem Punkt ihres Lebens könnte jede Art von Klatsch schwere Folgen haben.«
Sein Blick enthielt eine leichte Warnung. »Das Problem wird verschwinden - sobald deine Unschuld bewiesen ist.«
»Mit deiner Hilfe wird es mir gelingen.«
Seine Gesichtszüge entspannten sich nur ganz leicht. »In diesem Fall gibt es nichts, worüber Maggie sich Sorgen machen müsste.«
Doch das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Da waren immer noch die Gerüchte, dass sie Lord Fenwicks Mätresse gewesen war. Leider wäre es für seine Schwester auch nicht vorteilhaft, wenn man ihn mit einer Frau in Verbindung brachte, die vom ton als liederliches Weibsbild angesehen wurde.
Und doch blieb ihr keine andere Wahl, als das zu tun, was er befahl. Dafür hatte die Gerichtsbarkeit gesorgt.
Sie wartete in der
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