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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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blitzte etwas auf, doch er hatte sich sofort wieder unter Kontrolle. »Ich kenne es nicht«, sagte er beiläufig. »Ihr Refugium, wie sie es nennt, das ist ihr Geheimnis.« Es schien ihm nicht viel auszumachen, dass sie ein solches Geheimnis hatte. Oder vielleicht behauptete er das nur?
    »Wollen Sie nicht wissen, wo es ist?«, fragte David misstrauisch.
    »Würdest du es mir denn sagen?«
    »Nein.«
    »Gut. Sie vertraut dir. Verrate es niemandem. Auch nicht mir.«
    David starrte ihn an. Je länger er hier war, desto merkwürdiger kam ihm die Unterhaltung vor.
    »Heaven ist alt genug«, sagte der Butler. »Wenn sie Hilfe braucht, dann bin ich für sie da. Aber ich passe nicht auf sie auf. Nicht so.«
    »Wer sind Sie?«, fragte David gerade heraus. »Doch nicht wirklich der Butler, oder?«
    »Ich stehe schon sehr lange im Dienst der Familie Mirrlees. Als es noch mehr Bedienstete als die Köchin und mich gab, da war ich eine Art Majordomus. Ich hielt hier alles am Laufen, könnte man sagen. Jetzt sind die Köchin und ich alles, was von dem einstigen Glanz übrig geblieben ist.«
    »Heaven erwähnte den Tod ihrer Eltern.«
    »Sie hat dir viel erzählt. Normalerweise tut sie das nicht.«
    David schaute an Mr Mickey vorbei aus dem Fenster. Der Garten hinter dem Haus war riesig. Scheinbar ohne festeGrenze ging er in den Old Deer Park über, der sich bis zum Ufer der Themse erstreckte.
    Mr Mickey drückte vorsichtig seine Zigarre in einem handtellergroßen Aschenbecher aus Rauchglas aus.
    »Ich will dir etwas zeigen«, erklärte er. »Und dann steht es dir frei zu gehen.« Ohne eine Reaktion Davids abzuwarten, ging er zur Tür und verließ den Raum.
    David folgte ihm. Schnellen Schrittes durchquerten sie lange Korridore, die sich alle so ähnlich sahen, dass David schnell die Orientierung verloren hatte. Er fragte sich, wie ein Kind es hier aushalten konnte.
    Mr Mickey bog um eine Ecke. Eine Treppe hinauf, dann durch einen Gang, in dem es nach den Blumen roch, die überall in hohen Vasen standen. Die Räume und Salons und Erker flogen an David vorbei, wie die Landschaft es vor dem Fenster des Busses getan hatte.
    »Da sind wir!«, verkündete Mr Mickey schließlich.
    Sie kamen an ein Zimmer, gleich unter der Dachschräge.
    Mr Mickey öffnete die Tür, trat ein und machte David Platz.
    Der Raum war leer.
    Nun ja, fast leer.
    Nur eine Matratze lag auf dem Boden, daneben ein paar Bücher. David betrat den Raum vorsichtig. Er schaute sich die dicken Bücher an, die allesamt von Astrologie handelten. Von der Decke hing eine nackte Glühbirne an einem langen Kabel fast bis zum Boden herab, baumelte etwa einen Meter über der Matratze. Es war das einzige Licht.
    »Das ist ihr Zimmer«, sagte Mr Mickey und verbesserte sich sogleich: »Das war ihr Zimmer.«
    Die Leere darin war befremdlich. Die Wände waren in einem sanften Orange gestrichen. Gedichtzitate waren in ihrer geschwungenen Handschrift, die David von dem Brief her kannte, auf die Wände gekritzelt. Aber auch Songtexte. Und Noten, neben die sie
Musik der Sphären
geschrieben hatte.
    Es gab keine Vorhänge, nichts. Dafür stand ein Teleskop vor dem Fenster, auf einem Stativ, ganz ähnlich dem Teleskop, das sie bei sich gehabt hatte, oben auf dem Dach.
    Da war kein Radio und kein Fernseher, gar nichts. Kein Schrank, nur eine Truhe, die selbst für Davids Sachen viel zu klein gewesen wäre.
    David dachte an den Moment, in dem er Heaven begegnet war. Sie mochte den Himmel und die Sterne, deswegen war sie auf dem Dach gewesen. Aber er dachte auch an das Foto vom Trafalgar Square. Heaven mitten zwischen den Freundinnen.
    Wie passte das alles zusammen?
    »Warum zeigen Sie mir das hier?«, fragte er.
    »Heaven hat dich immerhin hergeschickt.« Das war alles, was Mr Mickey dazu sagte.
    David nickte langsam. Die Leere des Zimmers wirkte ansteckend.
    »Du solltest vielleicht einige Dinge über sie wissen«, begann Mr Mickey und verließ das Zimmer wieder. Er bedeutete David, ihm zu folgen. Als er draußen war, schloss er die Tür. »Heavens Mutter – River Talbot – starb nach ihrer Geburt. Die Familie von Jonathan Mirrlees war erleichtert, weil sie die Ehe mit einer Farbigen nie wirklich gebilligt hatten.« Er ließ die Aussage für einen Moment ohne Kommentar im Raum stehen. »Sie war von der Astrologie fasziniert,von den Sternen, aber vor allem von dem Stück fehlenden Nachthimmel über der City. Das ist etwas, in dem Heaven ihr sehr ähnlich ist, auch wenn ihr es selbst

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