Heaven - Stadt der Feen
bist unwichtig«, sagte er. »Ich kann dich leben lassen. Ich kann dich vom Bauch bis zum Hals aufschlitzen. Du kannst den Friedhof verlassen. Oder du kannst in einer Pfütze deiner Eingeweide liegend die Sterne betrachten und dich fragen, wann dich der Lebensfunke verlässt. Dein Schicksal liegt in deiner Hand. Das Schicksal deiner Freundin liegt in der meinen.«
»Einen Teufel werde ich tun«, spie David ihm entgegen. Er bückte sich, nahm die Laterne vom Grab und schleuderte sie auf Mr Heep, der sich zu spät duckte, um ihr auszuweichen. Die schwere Laterne traf ihn an der Schulter und der Schmerz entlockte ihm ein knurrendes Aufstöhnen.
»Du wirst sie nicht beschützen können«, fauchte der Mann wütend und hielt sich den Arm. »Du kannst nur erleben, wie scharf dieses Messer wirklich ist. Sieht so aus, als hättest du dich gerade entschieden.«
David griff nach Heaven und zog sie hinter sich. Der Mann blieb unbeeindruckt. Etwas in der Schulter knackte laut, er legte den Arm nach hinten und dann war wieder alles beim Alten.
Sarah Jane stand auf dem Grab und wirkte unglücklich. »Ich kann euch nicht helfen«, flüsterte sie. »Ich bin nur ein Geist und habe keine Macht mehr über die Lebenden.«
Mr Heep grinste. »Ihr seid allein.« Die Klinge blitzte im Mondlicht. »Kein Geist wird euch beistehen.«
Dann bewegte sich der Lumpenmann auf Heaven zu.
Mr Heep fauchte: »Zeit zu sterben, Junge.«
Heaven schrie auf. Voller Wut.
Und mit einer blitzschnellen Bewegung kam Sarah Jane wie ein Fluch über den Lumpenmann. David hatte keine Ahnung, was genau sie da machte, aber sie stürzte sich auf den Lumpenmann und brachte ihn unsanft zu Fall. Wie eine wild gewordene Kreatur fauchte der Lumpenmann und schlug unkoordiniert um sich. Sein zerfallenes Gesicht mit den toten Augen war schmerzverzerrt. Das Licht, das von Sarah Jane ausging, floss ihm in Augen und Mund hinein und ließ seine faulige Haut an vielen Stellen aufbrechen.
Mr Heep war sichtlich überrascht.
»Lauft«, zischte Sarah Jane, die nun nicht viel mehr als ein Schemen war, »lauft schnell!«
Der Lumpenmann schien nicht länger die Kontrolle über seinen Körper zu haben, denn er warf sich jetzt wütend Mr Heep entgegen. Die Finger waren zu Krallen gekrümmt und seine Bewegungen wirkten marionettenhaft. Mr Heep schrie wütend auf, funkelte David und Heaven an und wurde dann von seinem Gefährten zu Boden gerissen.
»Ist das Sarah Jane?«, fragte Heaven.
Doch David wollte die Antwort gar nicht wissen. Er dachte nicht länger nach, was richtig war und was falsch. Er packte Heaven an der Hand und zog sie hinter sich her. Der Mann mit den schwarzen Handschuhen warf ihnen einen hektischen Blick hinterher, während er sich gegen die Angriffe des Lumpenmannes zur Wehr setzte. Eine silberne Klinge zuckte durch die Luft und das Geräusch durchtrennter Bandagen und zerschnittener Sehnen erfüllte die Luft. Der Lumpenmann kreischte auf und gebärdete sich wie ein Raubtier, das gerade die Beute eines noch größeren Räubers wird.
»Komm schon!«, keuchte David und zerrte Heaven hinter sich her.
Ein Blick über die Schulter zeigte ihm, dass Mr Heep noch immer am Boden lag und dem Körper des Lumpenmannes Schnitte zufügte, was diesen aber nicht davon abhielt weiterzukämpfen.
Es würde nicht lange dauern, was immer dort vor sich ging, das wusste David, und dann würde Mr Heep ihnennachstellen und er würde so wütend sein, dass man es rot in seinen Augen leuchten sähe.
»Schneller!« Jetzt war es Heaven, die das Tempo vorgab.
David rannte. Der Atem brannte ihm in der Kehle. Er warf einen Blick zur Seite. Es schien Heaven keine Mühe zu machen, schnell zu laufen. Solange sie an der frischen kalten Luft war, zehrte nichts an ihren Kräften. Ihre Schritte waren ein gleichmäßiger Rhythmus, ein Song, dessen pulsierender Beat nur nach vorne blickte.
Sie bogen um die Ecke und rasten den gleichen Weg entlang, den sie gekommen waren. Engel aus Stein und Skulpturen mit zur Hälfte weggebrochenen Gesichtern waren Zeugen ihrer Flucht. Über Gras und Gräber ging es, durch einen kleinen Wald, wo Äste ihnen ins Gesicht schlugen, an einem Brunnen vorbei und einem Kreuz, an das ein sterbender Faun aus Holz genagelt war.
Irgendwann verlor David die Orientierung. Die Gegend kam ihm in keiner Weise bekannt vor. Verwilderte Hecken mit Dornen wuchsen hier, die Grabsteine hier waren niedrig und verwittert.
»Scheiße, scheiße, scheiße!« David machte vor einem
Weitere Kostenlose Bücher