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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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interessiert. Vielleicht hat er sich früher auch für meine Mutter interessiert, bevor es ihr schlechter ging. Aber als ihre Panikattacken anfingen und sie später gar nicht mehr aus dem Haus ging, da interessierte er sich nur noch dafür, wie man am besten vor den Nachbarn geheim halten konnte, was bei uns nicht stimmte. Ich glaube, er hätte alles getan, um Aufsehen zu vermeiden.«
    »Was ist mit deiner Schwester?«
    David schloss für einen winzigen Moment die Augen.
    »Tut mir leid«sagte sie schnell.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ist schon okay.«Und das war es wirklich. »Die Wahrheit ist, ich hab sie im Stich gelassen.«Er biss sich auf die Unterlippe. »Sie sitzt da in diesem Haus mit den Jalousien vor den Fenstern, klebt vor der verdammten Glotze, jeden Tag tut sie das. Und ich habe sie einfach dort gelassen.«
    »Du hast nie einen Versuch gemacht?«
    Er zögerte. »Einmal.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie hat ihr Handy beiseitegelegt und meinen Vater gerufen.«
    Heaven suchte seine Hand und fand sie.
    David ließ es geschehen. »Sie arrangiert sich besser damit, als ich es getan habe. Und mit meinem Vater kommt sie auch zurecht. Vielleicht liegt es daran, dass sie ein Mädchen ist. Sie darf so sein, wie sie ist. Sie ist vielleicht eine Art Ersatz für die Frau, die sich so verändert hat. Aber ich . . .«
    »Du warst nie der Sohn, den er haben wollte.«
    »Ich war nie der Junge, den er sich gewünscht hatte, genauso wenig wie er sich sein Leben vermutlich nicht hinter verschlossenen Türen vorgestellt hat. Er wollte ein Kind, das die Dinge tut, die auch er gerne tut. Einen Jungen, der Dinge reparieren kann, der vor dem Fernseher sitzt und sich mit ihm die Fußballspiele anschaut.«
    »Und so bist du nicht.«
    »Er wollte, dass ich so werde. Später habe ich manchmal überlegt, ob das vielleicht auch zu seiner Fassade gehörte, zudieser heilen Welt, in der seine lächelnde Frau ihn jeden Abend mit dem Essen auf dem Tisch zu Hause erwartet, seine Tochter ihm ein Bier aus dem Keller holt und er mit seinem Sohn zusammen das Manchester-United-Spiel anschaut.«
    Er musste daran denken, wie oft er sich mit seinem Vater gestritten hatte, Wortgefechte, die er schon fast vergessen hatte, weil er die Postkarten, auf denen diese Dinge zu sehen waren, nicht mehr betrachtet hatte, seitdem er Cardiff den Rücken gekehrt hatte. Er schloss die Augen, versuchte, die Bilder zu verscheuchen. »Weißt du, es ist nicht einfach, den eigentlichen Grund in Worte zu fassen, warum ich schließlich abgehauen bin. Es war nicht nur die Sache mit meiner Mutter. Und auch nicht allein mein Vater. Ich habe einfach nicht dorthin gehört. Ich habe in einer Welt gelebt, in der kein Platz war für mich.«
    »Und Miss Trodwood?«
    »Sie hat mir gezeigt, dass man einen Platz im Leben finden kann.«
    »Du sprichst von deinen Eltern, als wären sie Fremde. Und du redest von Miss Trodwood, als sei sie deine Mutter.«
    »Komisch, nicht wahr?«Was sollte er sonst dazu sagen?
    »Ihr habt beide gefunden, wonach ihr euch gesehnt habt.«
    »Es ist schön hier«gestand Heaven. Sie drückte seine Hand. »So vertraut.«
    David spürte ihre schmalen Finger zwischen seinen. Mittlerweile verband er die brennend kalte Berührung genauso mit Heaven wie diesen Duft nach Zimt und Zitrone.
    »Die Welt ist so seltsam«sagte er.
    Sie seufzte leise.»Wir verstehen uns noch nicht mal selbst.«
    Er drehte sich zu ihr.
    »Was wir in Highgate erlebt haben . . . Dein Geburtstag . . .« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    Es war Heaven, die sagte: ». . . ist genauso passiert.«
    »Ich . . .«
    Sie legte ihm einen eiskalten Finger auf die Lippen. »David«, bat sie ihn. »Ich will nicht darüber reden.«
    »Ist gut.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht. Wir sollten darüber reden. Aber ich kann es nicht. Nicht jetzt. Ich habe Angst. Wegen allem. Ganz besonders aber wegen der Sache mit meinem Herzen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Lass uns morgen darüber reden, ja? Lass uns morgen nachdenken.« Sie schloss die Augen und ihre Lider flatterten unruhig im Schattenlicht. »Ich fühle mich nicht gut, David. Die Kälte macht es zwar besser, aber es ist nicht okay, was mit mir geschieht. Und es macht es auch nicht besser zu wissen, dass es da einen mysteriösen Auftraggeber gibt, der mir vielleicht den nächsten Berufskiller auf den Hals hetzt.« Sie lachte unglücklich und schaute ihn an. »Was für eine beschissene Situation.«
    Er legte den Arm um sie. »Ich

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