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Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Tietz
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Nihilismus des Willens zur Macht verwandelt. Schließlich hat er versucht, diesen Nihilismus aus dem Prinzip des Willens zum Willen noch einmal zu überwinden, womit die abendländische Philosophie zu ihrem definitiven Ende gelangt sei, da sie nun »den Umkreis der vorgezeichneten Möglichkeiten abgeschritten« hat. (GA 7, 81) »Die
Wesensmöglichkeiten
der Metaphysik« sind erschöpft, was das »Weiterbestehen bisheriger metaphysischer Grundstellungen« nicht ausschließen muß. (GA 6.2, 179) So verbleibt Nietzsche zwar im Bannkreis der Metaphysik und damit des Nihilismus, von dem Heidegger sagt, daß er, »in seinem Wesen gedacht«, »die Grundbewegung des Abendlandes« sei. (GA 5, 218) Nietzsches Satz »Gott ist tot« stellt für Heidegger die höchste Entwicklungsstufe des abendländischen Nihilismus dar. Mit Nietzsche sind aber auch die Möglichkeiten der Metaphysik ausgeschöpft, so daß sich jetzt auch das Problem eines »anderen Anfangs« in seiner vollen Schärfe stellt. Denn »mit dem Ende der Philosophie ist nicht auch schon das Denken zu Ende, sondern im Übergang zu einem anderen Anfang« (GA 7, 81).
    Vor dem Hintergrund dieser These entwickelt Heidegger im Umfeld der Nietzsche-Vorlesungen seine Diagnose der Moderne.
    »Der Wille zum Willen erzwingt sich als seine Grundform des Erscheinens die Berechnung und die Einrichtung von Allem, dies jedoch nur zur unbedingten fortsetzbaren Sicherung seiner selbst. Die [139] Grundform des Erscheinens, in der dann der Wille zum Willen im Ungeschichtlichen der Welt der vollendeten Metaphysik sich selbst einrichtet und berechnet, kann bündig ›die Technik‹ heißen. Dabei umfaßt dieser Name alle Bezirke des Seienden, die jeweils das Ganze des Seienden zurüsten: die vergegenständlichte Natur, die betriebene Kultur, die gemachte Politik und die übergebauten Ideale […]. Der Name ›die Technik‹ ist hier so wesentlich verstanden, daß er sich in seiner Bedeutung deckt mit dem Titel: die vollendete Metaphysik. Er enthält die Erinnerung an die τεχνη [techne], die eine Grundbedingung der Wesensentfaltung der Metaphysik ist. Der Name ermöglicht zugleich, daß das Planetarische der Metaphysikvollendung und ihrer Herrschaft ohne Bezugnahme auf historisch nachweisbare Abwandlungen bei Völkern und Kontinenten gedacht werden kann.« (GA 7, 78 f.)
    Die Technik, die Heidegger mit der Vollendung und dem Ende der Metaphysik gleichsetzt – wobei er die Geschichte der abendländischen Metaphysik als die seinsgeschichtlich allein bedeutsame Geschichte versteht –, erscheint nun als die schlechthin seiende Wirklichkeit des gegenwärtigen Zeitalters. Sie wird zu »Allem«.
    Mit der sich in Technik ausprägenden Herrschaft des Willens zum Willen wird für Heidegger das Zeitalter der Gegenwart in seiner Gänze erfaßbar, das sich als solches freilich nicht durchsichtig ist. Es ist seinsvergessen und seinsverloren. Der Wille zum Willen will den fraglosen Vollzug seiner absoluten Herrschaft über alles und jeden. Trotz der mannigfaltigen Gegensätze und Widersprüche, der Verwerfungen und Umbrüche, die Heideggers Jahrhundert prägten, scheint es so, als ob der ganze Wirbel nur »in das maßlose Und-so-weiter des Immergleichen und Gleichgültigen«, in die »trostlose Raserei der entfesselten Technik und der bodenlosen Organisation des Normalmenschen« treibt. (GA 40, 49 und 40f.)
    Dies gilt auch für das Politische. Einerlei, ob Frieden oder Krieg: hier wie dort handelt es sich um eine »Abart der Vernutzung des Seienden« im Dienst »der Sicherung der Leere der Seinsverlassenheit« (GA 7, 94). Der Unterschied zwischen [140] beiden erscheint metaphysikgeschichtlich als bedeutungslos. »Die Frage, wann Frieden sein wird, läßt sich nicht deshalb nicht beantworten, weil die Dauer des Krieges unabsehbar ist, sondern weil schon die Frage nach etwas fragt, das es nicht mehr gibt, da auch schon der Krieg nichts mehr ist, was auf einen Frieden auslaufen könnte. Der Krieg ist zu einer Abart der Vernutzung des Seienden geworden, die im Frieden fortgesetzt wird.« (GA 7, 91) Vor dem metaphysischen Blick Heideggers wird der Gegensatz von Krieg und Frieden banal, weil nicht dieser Gegensatz das Problem sei, sondern die Vorstellung, man könnte mit dem technischen Organisationsprinzip die Welt in Ordnung bringen. Damit ebnet man »jeden Rang in die Gleichförmigkeit des Herstellens ein und zerstört »so im vorhinein den Bereich einer möglichen Herkunft von Rang und Anerkennung aus

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