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Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Tietz
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Das Denken bedroht den Selbstbezug des Dichtens. Indem sich das Dichten in der dichterischen Zuwendung des Denkens auf sich selbst bezieht – nur so kann es sich dem Anfang zuwenden –, bezieht es sich auch auf ein anderes, das es vom Anfang abwendet. Gleichwohl muß das Denken in die Dichtung eingegangen sein, weil sich denkerische Wiederholung der Dichtung als notwendig erweist. Das Denken ist die wiederholte Eroberung der Dichtung, die als Anfang das »ursprüngliche, geschichtliche Dasein« stiftet, weshalb Heidegger mit Hölderlin sagt, daß »das geschichtliche Dasein der Völker, Aufgang, Höhe und Untergang, aus der Dichtung entspringt und aus dieser das eigentliche Wissen im Sinne der Philosophie und aus beiden die Erwirkung des Daseins eines Volkes als eines Volkes durch den Staat – die Politik« (GA 39, 51). Nicht durch den Denker wird die »Wahrheit des Daseins eines Volkes« gestiftet, wie dies Heidegger noch in seiner Rektoratsrede meinte, sondern durch den Dichter, weil das geschichtliche Dasein der Völker aus der Dichtung entspringt. (GA 39, 144)
    Die Sprache der Dichtung ist die Sprache in ihrem Ursprung, oder wie Heidegger auch sagt: Die Sprache ist ihrem Wesen nach dichterisch, weshalb das »Wesen der Sprache aus dem Wesen der Dichtung verstanden werden« muß. (GA 4, 43)
    »In der Sprache geschieht die Offenbarung des Seienden, nicht erst ein nachdrücklicher Ausdruck des Enthüllten, sondern die ursprüngliche Enthüllung selbst, aber eben deshalb auch die Verhüllung und deren vorherrschende Abart,
der Schein
. Kraft der Sprache ist der Mensch der Zeuge des Seyns. Er steht für dieses ein, hält ihm stand und fällt ihm anheim. Wo keine Sprache, wie bei Tier und Pflanze, da ist trotz allem Leben keine Offenbarkeit des Seyns und daher auch kein Nichtsein und keine Leere des Nichts. Pflanze und Tier stehen diesseits von all dem, hier herrscht nur blinde Sucht und dumpfe Flucht. Nur wo Sprache, da waltet Welt. Nur wo Welt, d.h. wo [148] Sprache, da ist höchste Gefahr, die Gefahr überhaupt, d.h. die Bedrohung des Seins als solchen durch das Nichtsein. Die Sprache ist nicht nur gefährlich, weil sie den Menschen in eine Gefahr bringt, sondern das Gefährlichste, die Gefahr der Gefahren, weil sie die Möglichkeit der Seynsbedrohung überhaupt erst schafft und allein offenhält. Weil der Mensch in der Sprache ist, deshalb schafft er diese Gefahr und bringt die in ihr lauernde Zerstörung. Als das Gefährlichste ist die Sprache das Zweischneidigste und Zweideutigste. Sie stellt den Menschen in die Zone höchsten Erringens und hält ihn zugleich im Bereich abgründigen Verfalls.« (GA 39, 62)
    Die Sprache, von der hier die Rede ist, ist nicht mehr die, über die Heidegger in
Sein und Zeit
sagte, daß die »Rede« ihr »existenzial-ontologisches Fundament« sei. Nach der »Kehre« wird nicht nur die einstige Unterscheidung von Rede und Sprache aufgehoben, das Schweigen selbst wird nun zum Grund der Sprache erklärt. War seinerzeit das Schweigen lediglich eine Möglichkeit der Rede, so avanciert es nun zum Ursprung der Sprache. »Die Sprache selbst hat ihren Ursprung im Schweigen. Erst muß in diesem dergleichen wie ›Sein‹ sich gesammelt haben, um dann als ›Welt‹ hinausgesprochen zu werden. Jenes vorweltliche Schweigen ist mächtiger als alle menschlichen Mächte. Kein Mensch für sich hat je Sprache erfunden, d. h. war für sich stark genug, die Gewalt jenes Schweigens zu brechen, es sei denn unter dem Zwang der Götter. Wir Menschen werden immer schon in eine gesprochene und gesagte Rede hineingeworfen und können nur noch schweigen im Rückzug aus dieser Rede, und selbst dieses gelingt selten« (GA 39, 218) – wobei mit dieser Auszeichnung des Schweigens die »Erschweigung« zur »›Logik‹ der Philosophie [wird], sofern diese aus dem anderen Anfang die Grundfrage fragt« (GA 65, 78).
    Nach der »Kehre« und der damit zusammenhängenden Abrüstung des Daseins gehen so alle transzendentalen Vollmachten inklusive alle Erzeugungsleistungen des Daseins unmittelbar auf das Sein selbst über, das solcherart den Platz eines [149] subjektlosen Erzeugers von Sinn übernimmt. Daher auch die berühmt-berüchtigte These: »Die Sprache spricht« (GA 12, 10), wobei die in dieser Sprachontologie implizierte Bedeutungstheorie im Grunde mit der Bezeichnungstheorie der intentionalistischen Semantik von Husserl identisch ist, da es sich hier wie dort um eine primitive Referenztheorie der Bedeutung

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