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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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worden.«
    Unsicher sah er erst zur Tür, dann in meine Augen. »Aber wehe, Sie verraten es Klara!«
    Ich hob die Hand zum Schwur. »Niemals!«
    »Eine Frau, Nicole. Ich kenne sie schon länger, aber ich komme einfach nicht an sie heran. Nicole ist echt noch zugeknöpfter als unsere gute Klara, und das will was heißen.«
    »Und deshalb mussten Sie abends immer so dringend nach Hause?«
    »Jeden Abend hab ich das Mädel irgendwohin geschleppt. Wir haben uns prima verstanden, es gab Küsschen auf die Backe und neckische Blicke und Tschüs. Nacht für Nacht das Gleiche. Ich stand kurz davor, auf die Bäume zu klettern. Wir sind gute Freunde, hieß es, und sie findet mich so … so witzig. Und mehr läuft nicht.«
    »Und jetzt hat sich das plötzlich geändert?«
    »Komm ich gestern Abend total zerstört nach Hause, wir waren verabredet fürs Kino, und die kleine Nicole guckt mich an, und auf einmal gehen ihre Mutterhormone mit ihr durch. Mann, hat die mich betütert. Salbe hier, Pflaster da, ein Kräutertee für die Nerven. Und auf keinen Fall geht sie ins Kino mit einem Schwerverletzten. Sie ist dann noch lange dageblieben, für den Fall, dass ich etwa doch eine Gehirnerschütterung habe und in Ohnmacht falle, und … Na ja, den Rest können Sie sich denken.«
    Kurze Zeit, nachdem Balke gegangen war, meldeten sich die Zwillinge mit verschlafenen Stimmen und wollten wissen, wo ich stecke und wie das denn heute sei mit Mittagessen. Sie maulten ein wenig, schienen aber erleichtert zu sein, dass ihr Nachmittag frei war von familiären Verpflichtungen.
    Dann brach wieder für kurze Zeit Hektik aus, weil jemand in der Nähe von Speyer einen Radfahrer gesehen haben wollte, auf den Hörrles Beschreibung zutraf. Kaum hatte ich aufgelegt, kam schon die Entwarnung. Eine Streife hatte den armen Kerl gestellt und ihm in ihrem Eifer einen mächtigen Schrecken eingejagt. Es war ein Angestellter des Technik-Museums und Vater einer vielköpfigen Familie auf dem Heimweg vom Frühschoppen.
     
    Es ist immer das Gleiche. Tagelang, manchmal wochenlang geht nichts voran, und dann, auf einmal, stürzt alles gleichzeitig auf einen herein. Ich erkannte schon an Balkes Gesichtsfarbe, dass etwas geschehen war. Etwas Wichtiges. Er knallte eine Landkarte vor mich auf den Schreibtisch und fuchtelte mit einem billigen Kugelschreiber darauf herum.
    »Ihre Idee war goldrichtig«, presste er heraus. »Das Handy war noch ungefähr neunzig Minuten am Netz, als McFerrins Leiche schon im Neckar herumschwamm.«
    Der Kuli kam im Osten von Heidelberg zur Ruhe. »Hier, in der Nähe des Campingplatzes, war das Ding von null Uhr neunundzwanzig bis null Uhr vierunddreißig. Anschließend hat es sich quer durch die Stadt von einer Antenne zur nächsten an- und abgemeldet. Faszinierend. Man könnte die Durchschnittsgeschwindigkeit des Fahrers berechnen.«
    »Wir suchen ihn aber nicht wegen Geschwindigkeitsübertretung.«
    Balke hörte gar nicht zu. »Dann war es circa eine Viertelstunde in der Nähe von McFerrins Wohnung.«
    »Er war in seiner Wohnung. Der Täter muss dort etwas gesucht haben.«
    »Vermutlich unter anderem den Laptop.«
    Balkes Stift war jetzt auf der Autobahn in Richtung Süden unterwegs. »Um fünf nach halb zwei hat er die Radarfalle passiert, wo er geblitzt wurde. Hier hat er die A 5 verlassen, ist noch ein bisschen durch die Gegend gekurvt«, irgendwo südlich von Speyer kam der Kuli am östlichen Rheinufer zur Ruhe, »und hier war Schluss. Ab ein Uhr fünfundfünfzig hat das Handy sich nicht mehr von der Stelle gerührt. Und zehn Minuten später war es weg.«
    Ich lehnte mich zurück. »Was kann das bedeuten?«
    Balke zählte an den Fingern die Möglichkeiten ab: »Der Akku war leer. Oder der Täter hat das Ding endlich entdeckt und ausgeschaltet …« Er deutete auf den Rhein. »Aber das glaube ich alles nicht. Ich bin sicher, er hat die Karre versenkt. Hier.«
    Wir sahen uns an.
    Ich griff zum Telefon.

23
    Der Schichtführer in Philippsburg, ein junger Oberkommissar mit russisch klingendem Namen, war ein heller Kopf. Innerhalb von Minuten hatte er die Freiwillige Feuerwehr, sämtliche Streifenwagen, die er auftreiben konnte, und sogar einen Trupp des Technischen Hilfswerks aus Speyer zu der angegebenen Stelle beordert. Nicht einmal eine Dreiviertelstunde später klingelte mein Telefon.
    »Bingo. Wir haben ihn. Die Feuerwehr zieht den Mercedes gerade aus dem Wasser. Er lag nur zwanzig Meter vom Ufer entfernt. Hat sich an einer Buhne

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