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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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morgen? Aber was sollte ich machen? Während ich mich von meinem Chef und Frau Doktor Steinbeißer verabschiedete, hoffte ich von Herzen, dass im letzten Moment etwas dazwischenkäme. Ein Bankraub, eine Entführung, irgendetwas. Wenn Hörrle morgen Abend immer noch in diesem Haus in Wieblingen saß, wäre das nicht eine prime Ausrede, das Essen im letzten Augenblick abzusagen?
    Auf dem Weg in mein Büro zurück erstarrte ich. Ein verspäteter Kameramann hätte mich um ein Haar umgerannt, als ich abrupt stehen blieb. Etwas rutschte ihm aus der Hand und fiel scheppernd herunter. Woher wusste Liebekind, dass Theresa mir von der geplanten Einladung erzählt hatte? Wie konnte er wissen, dass sie mit mir gesprochen hatte? Gut, ich kannte seine Frau vom Sehen, das war ihm bekannt. Aber mehr auch nicht.
    Ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte. Es war nur eine Erklärung denkbar: Liebekind musste von unserem Verhältnis erfahren haben. Er hatte herausgefunden, dass wir uns trafen. Also musste ihm auch klar sein, dass ich mit seiner Frau schlief. Es gab keine andere Erklärung. Ich war so gut wie tot. Andererseits – hätte er mich dann nicht sofort in sein Büro gebeten und niedergebrüllt?
    »Ist Ihnen nicht gut, Herr Kriminalrat?«, fragte meine Sekretärin besorgt, als ich an ihr vorbeischlich. Ich glaube, es fehlte nicht viel, und sie hätte an meiner Stirn geprüft, ob ich Fieber hatte. »Sie sollten ein bisschen besser auf sich aufpassen. Ihnen fehlt eine Frau, wenn ich das sagen darf.«
    Nein, genau das fehlte mir jetzt am allerwenigsten. Im Gegenteil, ich hatte eine zu viel. Ohne hinzusehen unterschrieb ich einige Papiere und bat Sönnchen, mir in der nächsten halben Stunde alles, aber wirklich alles vom Leib halten. Keine Telefonate, keine Besuche, nicht einmal Liebekind. Vor allem den nicht.
     
    Es war genau vier Minuten nach zwölf, als mein Telefon klingelte.
    »Er ist es«, flüsterte Sönnchen. »Ich stell durch.«
    Also hatte mein Trick funktioniert. Hörrle hatte die Zwölf-Uhr-Nachrichten gehört und sofort zum Hörer gegriffen. Zum ersten Mal hörte ich seine Stimme. Sie war weicher und leiser, als ich erwartet hatte.
    »Was soll denn der Scheiß jetzt? Wieso soll ich denn jetzt auf einmal auch noch den McFerrin umgebracht haben?«
    »Weil eine ganze Menge dafür spricht.«
    »Das ist doch Blödsinn! Ich bin mindestens zweihundert Kilometer weit weg gewesen!«
    »Wo waren Sie damals genau?«
    Er brauchte nicht eine Sekunde zu überlegen. »Im Zug in Richtung Oberhausen. Der geht in Mannheim ungefähr um halb zwölf.«
    »Wann sind Sie dort angekommen?«
    »Am Dienstagmorgen, um halb sieben glaub ich. Das kann doch ein Kind nachrechnen, dass ich es nicht gewesen sein kann.«
    »Haben Sie Zeugen dafür, dass Sie vor zwölf in Mannheim am Bahnhof waren? Oder in dem Zug?«
    »Bin ich blöd? Ich hab natürlich aufgepasst, dass mich niemand sieht. Der Zug war fast leer. Wenn ein Schaffner gekommen ist, bin ich immer aufs Klo. Hab ja sowieso keine Fahrkarte gehabt.«
    »Sie hätten aber ebenso gut mit McFerrins BMW fahren können. Auch dann wären Sie am nächsten Morgen in Oberhausen gewesen.«
    »Aber ich bin mit dem Zug gefahren.«
    Entweder war es ihm entgangen, dass ich die falsche Automarke genannt hatte, oder er war noch viel gerissener, als ich dachte.
    »In der Nähe von Eberbach haben wir den Rover gefunden, mit dem Sie auf der Flucht waren. Mit leerem Tank. Wie sind Sie nach Mannheim gekommen?«
    »Na wie wohl? Mit dem Zug natürlich.«
    Das ließ sich überprüfen. Ich machte mir Notizen. »Und weiter?«
    »Mit dem ICE bis Düsseldorf und von dort am Morgen nach Oberhausen.«
    »Wir werden das überprüfen. Jedenfalls sind Sie zur passenden Zeit in der Nähe des Tatorts gewesen. Sie haben ein Auto gebraucht. McFerrin hat eines gehabt. Und das ist jetzt verschwunden.«
    »Ich war’s aber nicht!«, brüllte er los. »Ich bin’s nicht gewesen, verdammt nochmal!«
    Nach einem letzten wütenden Schnaufer brach die Verbindung ab. Sekunden später klingelte mein Telefon erneut. Diesmal hatte jemand die Durchwahl gewählt. Es war Balke.
    »Was war da denn los?«, brüllte er. »Was sollte das denn jetzt?«
    Ich klärte ihn auf.
    »Wir haben gedacht, der rastet aus und legt seine Tante um, als auf einmal so ein Geschrei war«, polterte Balke. »Hat nicht viel gefehlt, und ich hätte den Zugriff befohlen! Im letzten Moment hab ich gesehen, dass er mit Ihnen telefoniert, sonst wäre hier jetzt

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