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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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die Augen des Kerls sehen, der ihr das angetan hat.«
    »Wenn ich Ihnen als Vorgesetzter einen Rat geben darf«, sagte er sehr leise und bedachte mich mit einem Blick, den ich noch nie an ihm beobachtet hatte. »Lassen Sie das lieber Vangelis machen. Die – bitte entschuldigen Sie, wenn ich das so offen sage – die ist härter als Sie. Sie verstehen, wie ich das meine.«
    »Ja, ich verstehe, was Sie meinen. Und ich werde Ihren Rat befolgen«, erwiderte ich mürrisch und sah auf meine Schuhe. Sie gehörten dringend geputzt. Meine Hose sollte längst mal wieder gebügelt werden. Wenn das noch eine Weile so weiterging, dann würde man mich mit Seligmann verwechseln. Aber natürlich würde ich den Fall nicht abgeben. Welcher Hund gibt gerne einen Knochen wieder her, in den er sich einmal verbissen hat?
    Liebekind verstaute die Havanna in seinem Humidor. »Sie halten mich auf dem Laufenden, ja?«
    Das hatte fast wie eine Drohung geklungen.
     
    »Die Bodenanalysen, die Sie angeordnet hatten, haben nichts gebracht«, eröffnete mir Balke, als wir kurze Zeit später in meinem Büro zusammensaßen. »Ich hab mich gestern Abend länger mit einem netten Geologen an der Uni unterhalten. Ein paar Krümel könnten nach den neuen Untersuchungen nun doch von der Stelle stammen, wo Seligmann sie gefunden hat. Das stützt seine Aussage.«
    Auch er war unzufrieden, es war nicht zu übersehen. Aber bei ihm war der Grund vermutlich, dass er seine Nicole wieder einmal am Wochenende alleine lassen musste.
    »Diese verkohlten Holzstückchen«, grübelte Vangelis mit gerümpfter Nase. »Was sagt dein Geologe dazu?«
    »Grillkohle, sagt er dazu.« Balke kratzte sich umständlich unter seinem T-Shirt.
    »Anfang Juli«, warf ich ein, »ein warmer Abend. Da wird überall gegrillt.«
    »Na prima«, knurrte Balke. »Dann kommen ja höchstens tausend Stellen im Umkreis von zehn Kilometern in Frage.«
    »Was haben wir sonst?«
    »Nichts«, erwiderte Vangelis.
    Ich wies auf die Aktenordner, die immer noch auf meinem Tisch lagen. »Das hier ist doch wohl nicht alles.«
    Balke nickte. »Da muss noch einiges im Archiv sein. Das da sind nur die wesentlichen Sachen.«
    »Okay.« Ich versuchte, meiner Stimme Energie zu verleihen, Entschiedenheit, Kraft. »Sie besorgen bitte die kompletten Unterlagen. Und dann teilen wir die Akten unter uns dreien auf. Alles wird noch einmal gesichtet. Jedes einzelne Protokoll. Jede Notiz.«
    »Warum nur wir drei?«, fragte Balke empört. »Was ist mit Rübe? Was ist mit dem Rest?«
    »Sie beide sind meine besten Leute«, gab ich ihm mit meinem charmantesten Lächeln zur Antwort. »Und ich will nicht erleben, dass noch einmal etwas übersehen wird. Es ist unser letzter Versuch.«
    »Ich hab da übrigens noch was«, sagte Balke, immer noch mürrisch. »Über diesen Braun …«
    »Was ist mit dem?«
    »Eine alte Geschichte. Wir haben nicht mal mehr eine Akte darüber, so lange ist das schon her. Ich habe es über meine Bekannte bei der Sparkasse erfahren, es muss vor ungefähr zwanzig Jahren gewesen sein, da hat ihn mal eine Kollegin angezeigt. Wegen sexueller Belästigung. Er muss ihr ziemlich derb unter den Rock gelangt haben.«
    »Vor zwanzig Jahren war er schon verheiratet und Vater eines kleinen Sohnes.«
    Balke nickte wütend.
    »Wie alt war die Frau, die er belästigt hat?«
    »Belästigt ist gut!«, brummte er. »Das war nicht weit von einer Vergewaltigung. Siebzehn oder achtzehn war sie. Genau wusste das meine Bekannte auch nicht mehr.«
    »Ist er verurteilt worden?«
    »Sie hat die Anzeige später zurückgezogen. Er wird dem Mädel ein ordentliches Schmerzensgeld gezahlt haben.«
    »Meinen Sie, Sie können noch mehr darüber in Erfahrung bringen? Vielleicht war das ja nicht der einzige Fall, wo er sich danebenbenommen hat?«
    »Werd sehen, was sich machen lässt.« Balke grinste schon wieder. »Irgendwas geht ja immer.«
    Eine halbe Stunde später lagen statt zwei nun sieben fette Leitz-Ordner auf meinem Tisch. Es würde Tage dauern, ihren Inhalt zu studieren. Aber wat mutt, dat mutt, sagte Theresa in solchen Situationen gern, obwohl sie gar nicht aus dem Norden, sondern aus Hanau stammte. Immerhin hatte sie eine Großmutter in Stade, glaubte ich mich zu erinnern.
    Aktenstudium ist das Grauen. Vor allem, wenn man nicht weiß, wonach man sucht, und jede Winzigkeit entscheidend sein kann. Um die großen Sachen hatten sich die Kollegen damals schon gekümmert. Wenn es in diesem Papiergebirge noch eine unentdeckte

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