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Heidenmauer

Heidenmauer

Titel: Heidenmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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treten? Eine Verabredung kann hier doch nicht stattgefunden haben, in der Zeit, die infrage kommt – Mitternacht. Ist ja gruslig.«
    Schielin sah, wie in ihrem Rücken zwei dunkle Gestalten mit Mützen auf dem Kopf einen Zinksarg zwischen den Bäumen hindurch trugen. Er wartete, bis die Leiche abtransportiert wurde. Adolf Wenzel würde die Suche organisieren, die an Ort und Stelle noch durchgeführt werden musste. Lydia entledigte sich des Overalls, und er ging noch eine kleine Runde und sah sich um. Das war eine richtige Frage, die Wenzel und Lydia da gestellt hatten. Was hatte diesen Günther Bamm bewogen, in das Dunkel zwischen die Bäume zu treten?
    Ein schweizerischer Zug kroch langsam über den Bahndamm auf die Insel.
    Später, im Auto und auf dem Rückweg zur Dienststelle, beschäftigte ihn noch eine ganz andere Frage. Was war eigentlich mit Kimmel los. Bisher war der Chef noch immer an solchen Tatorten aufgetaucht, hatte sich comme il faut aus den Ermittlungstätigkeiten herausgehalten – aber er war vor Ort.
    *
    An die Presse ging ein Bericht, dass man am Montagmorgen die Leiche des Journalisten Günther B. im Stadtgarten gefunden hätte. Die Umstände ließen auf ein Verbrechen schließen, wobei genaue Angaben erst bei Vorliegen des Obduktionsberichtes gemacht werden könnten.
    So wurde die öffentliche Neugier befriedigt und man verschaffte sich zugleich etwas mehr Zeit.
    Am späten Nachmittag arbeiteten Schielin und Lydia Naber daran, an der Ledertasche eventuelle Spuren zu sichern, doch es war nichts Verwertbaren zu bekommen. Vielleicht brachte sie der Inhalt ja weiter. Schielin legte die Tasche auf den kleinen Tisch, der seitlich an der Wand im Büro stand und für derlei Dinge vorgesehen war, sofern ihn Lydia nicht als Ablage für ihre Taschen, Handtaschen, Jacken und anderes Zeugs belegte – was eigentlich immer so war.
    Das braune Leder fühlte sich weich an, zahlreiche Schrunden und Scharten bedeckten die Oberfläche. Ein großes Innenfach ohne weitere Unterteilung nahm den Inhalt auf. Ein dunkelrotes Innenfutter mit feinen silberfarbenen Ornamenten leuchtete ihnen edel und unvermutet entgegen. Zwei Reißverschlüsse an den Seiten deuteten auf schmale Fächer hin.
    Drei vergilbte Hefte kamen zum Vorschein, weiter ein gebundener Notizblock, ein Zigarettenetui, ein silbernes Feuerzeug, mehrere Stifte, ein Diktiergerät, eine kleine Digitalkamera und ein Terminplaner. Aus den Seitenfächern holte Schielin ein Handy, eine Eintrittskarte für die Insel Mainau und einen der Lagepläne der Blumeninsel, wie man sie am Schalter dort bekam, dazu eine Fahrkarte der Deutschen Bahn: Lindau – St. Margrethen – St. Gallen und zurück sowie weitere Bahntickets.
    Er stöhnte. Alles in allem genügend Arbeit bis in die späte Nacht hinein. Er hielt einen Augenblick inne, da er nicht wusste, mit welchem der Dinge, die da verloren vor ihm auf dem Tisch lagen, er anfangen sollte. Er griff das Handy und nahm es mit zum Schreibtisch, wo er den kurzen Bericht von Jasmin Gangbacher überflog. Sie war in der Wohnung gewesen, hatte diese, nachdem augenscheinlich alles unberührt geblieben war, versiegelt und sogar mit dem Vermieterehepaar reden können. Der Wohnungsschlüssel lag nun in einem Kuvert auf seinem Schreibtisch und eine Notiz, unter welcher Intranetadresse er die Videoaufzeichnungen vom Vortag würde aufrufen können. Diese Gangbacher war eine ganz Fixe, dachte er.

    Wie sie herausgefunden hatte, lebte Günther Bamm alleine, war geschieden, hatte eine Tochter, die bei seiner Frau in Tübingen lebte, und als nächste Angehörige war den Vermietern nur eine Schwester bekannt, die, soweit sie wussten, in Berlin lebte. Von Freunden und Bekannten war ihnen nichts bekannt, Günther Bamm lebte seit zwei Jahren in Lindau. Die Nachricht vom Tod des Mannes hatte den Vermieter sehr getroffen, seine Frau hingegen trauerte mehr dem zuverlässigen Mieter nach als dem Menschen Günther Bamm, wie Jasmin Gangbacher berichtete. Schielin grinste innerlich. Man würde nicht umhin kommen, jemanden mit einem so feinen Gespür für das Menschliche, wie diese junge Frau ihn besaß, zur Kripo herüberzuholen. Es war ja nur ein kurzes Stück über den Hof hinweg. Aber das war Kimmels Job.
    Kimmel fiel ihm wieder ein, wo war Kimmel? Er sah zu seiner Kollegin, die ganz in die Arbeit versunken erste Tatortberichte tippte. Manchmal wiederholte sie halblaut Formulierungen, um sie einmal gehört zu haben, bevor sie zu Schwarz auf Weiß

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