Heidenmauer
was da so herumgelegen hätte. Ich gehe davon aus, dass die Taucher auch nichts finden werden, weil der Kerl das Ding, was auch immer es gewesen sein mag, seelenruhig wieder mitgenommen hat.«
Kimmel neigte den Kopf. »Der Kerl – eine Frau scheidet als Täter also schon aus?«
»Angesichts der Art und Weise, wie zugeschlagen wurde, kommt für mich nur ein Mann infrage.«
Gommert jaulte sich in die Diskussion. »Ohjau … noja … mir fallet da schon ein paar so Amazonien ein, die en recht en gute Schlog hätte.« Schnell zog er sich wieder in die Schneckenposition zurück, denn statt des erwarteten Lachens erntete er nur kühle Ignoranz.
»Sonstige Spuren?«, fuhr Kimmel fort.
Lydia winkte ab. »Nichts, im gesamten Umfeld nichts. Im Gras nichts zu erkennen. Wir dachten, einen Schuhabdruck im Umfeld des Toten zu finden, da der Täter ja mit voller Wucht zugeschlagen haben muss, da dreht man normalerweise mit den Füßen etwas zur Seite, aber nichts. Der scheint ansatzlos aus der Hüfte zugeschlagen zu haben.«
»Golfer«, sagte Schielin.
Kimmel ging nicht darauf ein. »Journalist …«
»Ja. Ein sogenannter freier Journalist. Wir wissen im Moment noch nicht, woran er gerade gearbeitet hat, wie gesagt, die Unterlagen, seine Wohnung, das Auto … müssen wir alles erst noch sichten.«
»Das Auto hat die Streife an der Stephanskirche gefunden«, sagte Wenzel.
Schielin nickte. »Ja. Ich will da langsam rangehen. Am liebsten abschleppen lassen, in die Garage.«
Die anderen sahen ihn fragend an. Kimmel fragte: »Wieso?«
»Der Autoschlüssel ist nirgends aufgetaucht. Nicht in der Kleidung, nicht in der Tasche, nicht im näheren Umfeld. Könnte sein, dass der Täter genau den wollte, und dann hätten wir vielleicht Spuren.«
»Übernehme ich«, sagte Lydia Naber.
Schielin machte weiter. »Bisher gibt es noch keinen Hinweis darauf, was Günther Bamm nach Mitternacht auf der Insel wollte. Im Kino wird er kaum gewesen sein, angesichts der Filme, die da momentan laufen. Außerdem hatte er diese Tasche mit dabei, mit allen Unterlagen. Das sieht mehr nach Recherchen aus, aber so spät in der Nacht noch? Und das Auto, dort an der Stephanskirche … das ist alles noch nicht schlüssig.«
»Die Mutter muss noch benachrichtigt werden«, stellte Kimmel fest und sah Schielin dabei an. Dann wechselte er, ohne eine Antwort abzuwarten, das Thema. »Also so wenig haben wir in der Sache ja nicht, vor allem keinen Mangel an Arbeit. Nun aber noch etwas anderes. Ab Mitte der Woche werden wir, zunächst auf dem Wege der Abordnung und für ein halbes Jahr, Verstärkung erhalten. Die Kollegin Gangbacher wird uns unterstützen. Das ist erfreulich, andererseits wirft es die Frage auf, wo wir sie unterbringen. Das Büro von Conrad und Lydia ist voll belegt. Es blieben also Robert und Adolf übrig. Wie schaut’s da aus.«
Erich Gommert nahm für sich in Anspruch, der Entdecker dieser jungen Kollegin zu sein. Allein schon, wie sie ihm damals bei der Geschichte mit dem Drucker geholfen hatte, und überhaupt. Er meldete sich sofort zu Wort. »Also bei mir im Geschäftszimmer kriegt sie doch von allem etwas mit und …«
Kimmel sah ihn missmutig an. »Wo bitte soll sie in dem ganzen Gerümpel und Müll, den du dort sammelst, Platz finden?«
Gommert beließ es dabei, entrüstet und mit offenem Mund den Kopf zu schütteln.
Robert Funk und Adolf Wenzel erklärten, dass es bei ihnen erstens gehe und zweitens auch sonst nichts dagegen spräche.
Kimmel nahm es zur Kenntnis und vertagte eine Entscheidung. Es gab im Moment genug anderes zu tun. Er stand auf und die Runde zerstreute sich.
Lydia Naber telefonierte mit einem Abschleppunternehmen, während Schielin die Verbindungsdaten der Telefonanschlüsse von Günther Bamm beantragte. Inzwischen war die Bürobeleuchtung überflüssig geworden, denn eine milchige Sonne brachte ein diffuses Licht über den See und in die Gassen.
Ein Schatten schob sich in die offene Türe. Lydia Naber verzog den Mund, schrieb aber weiter an dem, was zu schreiben war. Schielin zeigte ebenfalls keine Reaktion.
Erich Gommert hatte den beiden eine Weile zugesehen, bevor er sich traute, etwas zu sagen. Sicher, er hätte gleich am Morgen Bescheid geben können, über diese Sache mit der Mutter, die im Altenheim war, aber alle wollten immer frischen Kaffee.
»Des is scho schlimm«, fing er an.
»Was? Dass du uns wichtige Informationen vorenthältst?«, giftete Lydia Naber, ohne ihm einen Blick
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