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Heidenmauer

Heidenmauer

Titel: Heidenmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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ist, habe ich mit meiner Freundin gesprochen. Sie ist Schwester bei der Sozialstation und war auf meine Bitte hin in Begleitung noch einmal hier in der Wohnung, denn ich hatte sie gebeten nach einigen Dingen, unter anderem auch nach der Vase zu sehen, denn mir liegt an diesem Stück sehr viel. Die Vase war noch hier. Tags darauf haben Sie den Schlüssel erhalten.«
    Ludwig Rubacher hörte im linken Ohr sein Herz pochen. Hart und schneller werdend. Die hier konnte ihm tatsächlich gefährlich werden. Es war also jemand vor ihm in der Wohnung gewesen. Deswegen hatte er so gar kein Bargeld gefunden.
    Sie sprach weiter. »Ich …«, sie drehte sich kurz ihrem Bruder zu, um dann Rubacher wieder ins Visier zu nehmen, »ich falle auf Ihren Maskenball hier nicht herein. Jemand, der wie Sie mit diesen Gärtnerklamotten rumrennt, würde niemals einen solchen Ring und eine so eitle Uhr tragen. Sie werden nicht länger Betreuer meiner Mutter sein, und die Vase, die Vase schaffen Sie besser schleunigst wieder herbei. Sie haben meine Telefonnummer … und in der Wohnung hier will ich Sie nicht mehr sehen.«
    Während der letzten Worte war sie aufgestanden. Ihr Bruder sah verdutzt von einem zum anderen und stand dann auch auf. Ludwig Rubacher blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls aufzustehen und die Wohnung zu verlassen. Er hatte keine Methode mehr zur Verfügung, die Situation zu bestimmen.
    Es war keine gute Zeit für Geschäfte, keine gute Zeit für Geschäfte, dachte er, als er sich in den Vectra setzte und losfuhr. Er musste mit seinem Anwalt sprechen. So waren sie eben, die Menschen.

Brüderbande
    Schielin hatte den nächsten Tag frei genommen. Mit Marja wollte er zur Mainau fahren. Laut Wetterbericht sollte es trocken bleiben.
    Es dämmerte schon, als er noch mal hinüber zur Weide ging. Am Zaun sah er die Gestalt von Albin Derdes lehnen. Zarte hellgraue Wölkchen stiegen auf, und sein Nachbar drehte sich ihm auch dann nicht zu, als Schielin sich neben ihn an den Zaun lehnte. Albin Derdes ließ Ronsard nicht aus dem Blick. Schielin schwieg und wartete.
    Schließlich fragte Derdes: »Und, machst du mit?«
    Schielin hatte einiges an Fragen erwartet, den aktuellen Mordfall betreffend. Mit dem, was Albin Derdes da wissen wollte, konnte er so recht nichts anfangen.
    »Wobei soll ich mitmachen?«
    Derdes schüttelte den Kopf. »Ja, Weihnachten.«
    »Bisher habe ich jedes Weihnachten mitgemacht, mal so, mal anders. Aber man entkommt dem Ganzen ja nur schlecht. Im Grunde genommen, ist es völlig egal, ob man mitmacht oder nicht – Weihnachten geht einfach über einen hinweg, jedes Jahr wieder.«
    Derdes lachte hintergründig. »Sie haben dir also noch nichts gesagt.«
    »Wer hat mir noch nichts gesagt?«
    »Es geht um die Krippe.«
    »Könntest du mir mal erklären, wovon genau du redest, Albin?«
    Der blieb ruhig. »Ja um die Lebendkrippe geht es. Wir haben ausgemacht, eine Lebendkrippe zu machen, dieses Jahr, an den Adventswochenenden. Einen Ochsen, nun gut, es ist eine alte Kuh, haben wird schon, und als Esel kommt ja nur Ronsard infrage.«
    Schielin brauchte eine Weile. »Wieso nur, und wer ist wir?«
    »Ja, so halt, ein paar Leute aus Reutin, kein Verein oder so. Wir haben uns halt mal so beredet, auf einem Ausflug, im Frühjahr, und ich …«
    Schielin fiel ihm ins Wort. »Natürlich du! Das war doch deine Idee. Niemand sonst kommt auf so ein Zeug – Lebendkrippe. Also ich will dir sagen, wie es ist, mich nervt dieses ganze Weihnachtsbohei schon so genug, und ich habe keine Lust, an vier Adventswochenenden mit Ronsard in einer Krippe herumzustehen und mich begaffen zu lassen, wirklich nicht. Auf mich werdet ihr verzichten müssen.«
    Albin Derdes blieb ruhig. »Das hab ich mir ja schon gedacht. Es geht ja auch weniger um dich, als um den Esel da. Der freut sich doch auch mal, ein bisschen eine Ansprache zu kriegen.«
    »Für einen Esel hat er genügend Ansprache. Du liest ihm ja jeden Tag aus der Lindauer Zeitung vor, oder?«
    »Na ja. Er mag es, glaub ich. Also bei den lokalen Geschichten, da ist er immer ganz aufmerksam, hab ich so das Gefühl, und ich les halt nun mal ein wenig lauter als andere. Aber wen stört das denn schon hier draußen. Dein Viechle sicher nicht.«
    »Du und dein Gefühl. Wird Zeit, dass es Winter wird«, meinte Schielin, »schaut ja echt krank aus, wenn du hier am Zaun stehst, laut aus der Zeitung vorliest, und ein Esel und zwei Rösser dabeisteh’n und zuhören.«
    »Ach Gottele, ich kenn

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