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Heidenmauer

Heidenmauer

Titel: Heidenmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Morgen auf die Dienststelle gekommen, weil ihm irgendeine Firma zugesagt hatte, noch am Freitag ein Fax zu schicken. Es ging da um diesen Stadel bei Unterreitnau. Die Firma hat sich an ihr Versprechen gehalten, und heute Morgen war das Ding da. Ich war gestern Abend noch bei Ludwig Rubacher dem Glatzkopf. Der hat kein Alibi für den Sonntag. Es war insgesamt sehr unerfreulich dort, sehr unerfreulich. Er hat mich tatsächlich bis in den Hausgang gelassen. Jedenfalls hat mich Robert heute Morgen angerufen, und ich bin gleich losgedonnert.«
    »Was ist jetzt mit dem blöden Stadel?«
    »Der ist über eine Firma, an eine weitere Firma und von der wieder an eine Firma vermietet – gewesen – und letztendlich ist er genutzt worden von …?«
    Schielin schwieg und wartete.
    Sie frohlockte. »Ludwig Rubacher. Es wird mir eine Freude sein, diesem Kerl seinen Wochenendausflug zu vermiesen. Er wollte ja heute Morgen weg, und jetzt gibt es da doch ein paar mehr Fragen, oder meinst du nicht auch. Was hast du eigentlich Neues?«
    »Günther Bamm hatte ein Verhältnis.«
    »Ich wollte Neuigkeiten«, nölte Lydia Naber gelangweilt, doch nicht ohne Hoffnung, dass doch noch etwas Interessantes käme.
    Schielin sagte bedeutungsschwer. »Mit einer Apothekerin.«
    »Mit einer Apothekerin … neben der Lehrersfrau, sozusagen eine Nebenlehrersfrau?«
    »Genau.«
    »Auch so eine Regenschirmgeschichte? Und … hat diese Hedwig Kohler davon gewusst?«
    »Ich habe doch gerade selber erst erfahren, dass es diese Apothekerin gibt. Der werde ich mal einen Besuch abstatten, falls sie zu Hause ist.
    »Du weißt schon, wie sie heißt und wo sie wohnt?«
    »Ja. Es handelt sich um eine Mirabeau Sehender, und sie wohnt im Pfeiffergässele.«
    »Das klingt ja exotisch. Den Namen hab ich noch nie gehört.«
    »Pfeiffergässele?«, fragte Schielin boshaft.
    »Neiiin … Mirabeau … Mirabeau Sehender … ich bin mal gespannt, was das für eine Frau ist.«
    Schielin klang aufgeräumt. »Ich mache mich jetzt auf zur Insel. Nur eine Frage zu euch noch … was wollt ihr denn eigentlich bei Rubacher?«
    »Hausdurchsuchung.«
    »Hausdurchsuchung …?«
    »Keine Sorge, wir haben einen Beschluss dafür von der Staatsanwaltschaft. Robert hat das erledigt. War gar nicht schwer, die Sache mit dem Mord da ein wenig reinzumixen, und die Herren Juristen wollen ja auch ihr Wochenende, nicht.« Sie rief etwas lauter ins Telefon, so als hätte Schielin angekündigt, aufzulegen: »Es könnte ja auch sein, dass sie sich kennen, die zwei Frauen, ich meine, so eine menage à trois, oder wie man das nennen soll, zwei Frauen, ein Mann und der Regenschirm, oder so.«
    »Du wärst jetzt lieber mit mir unterwegs, gib’s zu, die Neugier bringt dich doch schier um.«
    »Das könnte so sein, wenn da nicht noch dieser Rubacher auf mich warten würde und ich noch eine Rechnung mit ihm offen hätte.«
    *
    Es war viel los an diesem Samstagvormittag. Auf der Seebrücke begegneten sich die Kolonnen, draußen am See leuchteten weiße Segel, und am Stadtgarten war nichts mehr von dem zu sehen oder zu spüren, was einige Tage zuvor Schreckliches geschehen war. Eine Gruppe Jungendlicher blödelte am Kriegerdenkmal herum, Fußgänger und Radfahrer produzierten am Zebrastreifen gegenüber der Heidenmauer kleine Staus, und die Geschäfte in der Schmiedgasse hatten, wie bei trockenem Wetter üblich, ihre Auslagenkörbe nach draußen gestellt. Schielin stellte das Auto verbotenerweise gegenüber dem Haus zum Baumgarten, ein Stück vor dem Neptunbrunnen ab, dessen Namengeber hoch über dem Stiftsplatz stand und grimmig nach Norden blickte.
    Er ging die Grub hinunter, vorbei am ehemaligen Heka. Rechts unter dem Vordach war vor vielen Jahren einmal ein Musikgeschäft gewesen und ein Haus weiter, rechts, ein Fischgeschäft. Als es ihm in den Sinn kam, meinte er, den säuerlichsalzigen Geruch wieder zu erfahren, der aus der Tür, die immer offen gestanden hatte, auf die Straße hinaus gedrungen war. Gleich um die Ecke lag das wild-romantische Pfeiffergässele, dessen verniedlichender Name ganz zum Eindruck passte, den es vermittelte. Die Tür zum Hauseingang war nicht verschlossen. Jemand hatte eine Holzkiste zwischen Rahmen und Türblatt gestellt. Schielin suchte am Klingelschild und fand den Namen Sehender allein in der obersten Reihe stehen. Er verzichtete darauf, schon unten zu läuten, und stieg langsam die Stufen empor. Mirabeau Sehender wohnte direkt unter dem Dach. Schielin blieb vor der

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