Heidenmauer
gehabt – ah, do liegt also der Hund begraben vom fehlenden Segen – sooo viel Frauen hot der dann heiraten müssen …«
Lydia Naber warf ihm einen verächtlichen Blick über den Tisch zu. Gommi wechselte abrupt das Thema und fragte aufgekratzt in Richtung Schielin: »Du, Linsengerichte hin und her, aber wie war des mit den Ginggo nochemole – zweihäusig getrenntgeschlechtig, es gibt also männliche und weibliche Pflanzen, und des heißt dann diözisch? Ho! Zweihäusig, getrenntgeschlechtig! Doher kommt also – Diözese!«
Schielin wartete das Lachen ab. »Die Sache mit Esau deutet für mich schon so in Richtung von Ludwig und Heinrich Rubacher. Die beiden sind wie Hund und Katz und jeder auf seine Weise so was von unangenehm. Wer weiß, auf was der Günther Bamm gestoßen ist und was mit dem kryptischen Gerede vom Linsengericht genau gemeint ist. Familiengeschichten sind oftmals ein großes, dunkles Loch. Also was haben wir bis jetzt, was diese Rubacher-Truppe angeht? Ludwig Rubacher, der gemütlich wirkende Dicke räubert als Betreuer alte Menschen aus. Er gerät an Bamms Mutter und somit an ihren Sohn – Günther Bamm, der sehr schnell begreift, womit er es bei Rubacher zu tun hat. Es kommt zum Streit, Rubacher bekommt mit, dass Bamm ihm auf die Schliche gekommen ist, und räumt sein Lager in Unterreitnau. Bamm kommt etwas zu spät, als er den Stadel aufbricht.
Das bedeutet, Bamm muss doch genauso intensiv recherchiert haben wie wir. So wird es also auch bei anderen Dingen gewesen sein. Der Typ war gut drauf.
Rubacher fürchtet die Aufdeckung seiner Machenschaften, er passt Bamm am Sonntagabend auf der Insel ab und – peng! schlägt ihm den Schädel ein. Er hat kein Alibi für die Tatzeit.«
»Und wir haben keine objektiven Beweise.«
»Was ist, wenn die DNS von diesem Bonbonpapier mit der vom Glatzkopf übereinstimmt?«, fragte Wenzel.
Lydia Naber konstatierte nüchtern: »Dann sind wir trotzdem darauf angewiesen, noch andere Beweise aufzutreiben. Aber im Kasten säße er erst einmal, und mit Schweigen allein käme er auch nicht aus der Sache raus. Ob es allerdings auch zu einer Verurteilung reichen würde, wenn wir nur damit vor Gericht antanzen könnten, das scheint mir schwierig zu werden.«
Wenzel lehnte sich ächzend zurück. »Ziemlich fiese Sache, meint ihr nicht auch? Was die Beweislage angeht, schaut es ja eher düster aus.«
Er wandte sich Lydia zu. »Und dein Käpt’n Flint kannte den Bamm also.«
»Es war kein Geheimnis, und warum auch, dass der Bamm mit der Mirabeau Sehender ein … zusammen war, halt auf diese … lockere Weise.«
»Mich wundert nur, dass der mit einem Auge und der Birne voll zwei, drei Jahrzehnten Grasrauchen überhaupt noch was mitbekommt?«
Lydia zog geräuschvoll Luft durch eine Zahnritze, sagte jedoch nichts. Sie nahm die Spitze nicht ernst, denn Wenzel hatte ihrem Schützling schon einmal aus der Patsche geholfen, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Und das nur, weil er wusste, dass sie den Einäugigen mochte.
»Aus den Telefonlisten geht nichts hervor, was den Sonntagabend und die Nacht bis zum vermutlichen Todeszeitpunkt betrifft – keine Telefonate, nichts«, unterbrach Schielin die kleine Kabbelei.
»Wie geht es dieser Mirabeau eigentlich?«, fragte Kimmel.
»Schaut ganz gut aus«, sagte Schielin.
»Und wie macht ihr jetzt weiter, für einen Haftbefehl reicht das ja alles bei Weitem nicht.«
»Ich werd mich mal in der Schweiz umsehen. Der Bamm war so oft in St. Gallen und in St. Margrethen. Ich fahr da einfach mal rüber. Diese Sache mit der Geldübergabe, das ist alles so wirr. Lydia und Jasmin sollen die beiden Rubachers nochmals kneten. Ich will wissen, ob einer von denen, ihre Söhne oder ganz gleich wer von dieser Bagage, in den letzten Tagen in der Schweiz war.«
Wenzel nickte Jasmin Gangbacher zu. »Gibt es eigentlich was Neues vom Professor?«
Sie zog eine Grimasse. »Na ja, es gibt schon was, ziemlich heftig, aber nichts was sich direkt mit diesem Fall kombinieren ließe.«
»Erzähl schon«, forderte Erich Gommert seine Zimmerkollegin auf.
»Der Armbruster hatte ja sein Haus ab 1936 vermietet. Er schwärmte von seiner Wirtschafterin, die das Anwesen versorgte, einer Marie Lamprecht. Die Wohnungen in dem Haus waren vermietet, und als der Armbruster 1943 nach Lindau kam, konnte er nur eine kleine Kammer unter dem Dach bewohnen. Zudem sind noch drei Nichten vor den Bombenangriffen auf die Städte zu ihm nach Lindau geflüchtet. Er hat
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