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Heidenmauer

Heidenmauer

Titel: Heidenmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Verwaltungswahnsinn. Jahrelang ist kein Tag vergangen, an dem nicht einer der Münchner von Deregulierung gequatscht hat, und dabei haben die das Gegenteil gemacht, genau das Gegenteil«, sagte Wenzel böse. »Brauchst bloß raus in den Gang zu sehen und den Schwachsinn mit den Oberlichtern beobachten. Dieses Gebäude steht jetzt gute hundert Jahre, und niemanden haben diese Oberlichter je gestört. Jetzt müssen die aus Feuerschutzgründen ausgewechselt werden, weil das Glas innen ein Drahtgeflecht benötigt, und dieser Unsinn wird im ganzen Land praktiziert. Was glaubt ihr, was das kostet, der Schmarrn, ist doch unser Geld. Wir müssen jetzt in unseren Gemeindesaal, der seit vierzig Jahren so ist, wie er ist, eine Fluchttür einbauen, im Kindergarten wird die Mauer aufgerissen und ein Fenster ausgewechselt – angeblich Feuerschutz, meiner Meinung nach absichtliche Geldvernichtung. Das ist doch alles Wahnsinn.«
    »Ohje, Kindergarten«, fiel Lydia Naber ein, »das neue Kindergartengesetz, mein Schwager hat damit zu tun, der hat bisher ehrenamtlich die Computer im Gemeindekindergarten betreut. Das geht nun nicht mehr, die brauchen eine Firma dafür, weil alles so kompliziert wird. Die müssen jetzt eigene Software kaufen zum Abrechnen. Die Kindergartenleiterin hat schon gesagt, sie brauchen zukünftig eine halbe Kraft, nur um die Verwaltung erledigen zu können. Verrückt oder. Neulich war Begehung, und danach musste der Sand in der Spielgrube ausgetauscht werden, komplett, war auch nicht billig.«
    »War Hundescheiße drin?«, fragte Wenzel.
    »Nein, überhaupt nicht. Die Kinderrutsche war aber zwei Meter fünfundzwanzig hoch und ab zwei Meter benötigt man speziellen Fallsand, so heißt das – Fallsand.«
    Selbst Kimmel sah sie ungläubig an.
    Schielin fragte: »Fallsand? Wie haben wir das früher eigentlich überlebt? Wahrscheinlich tauschen sie nächstes Jahr das Wasser im Eichwaldbad aus, weil es zu nass, zu hart, zu feucht ist und man unter Wasser darin nicht atmen kann.«
    Lydia nickte. »Ja, soweit sind wir fast schon. Aber das mit dem Sand muss gemacht werden, keine Chance. Da kommt dann ein unschuldiger Beamter, wedelt mit einer Verordnung herum, sagt völlig zu Recht Ich kann nichts dafür – und das war es dann.«
    »Also, wenn man es recht überlegt«, meckerte Gommert, »dann war der Stoiber ja fast so was für uns, wie der Bush für die Amis.«
    Kimmel beschwichtigte die Gemüter und stand dann auf. Das Zeichen, dass die Besprechung beendet war.

    Schielin und Lydia arbeiteten konzentriert im Büro, als sie Besuch von Leo Korsch bekamen, der auf dem Weg zur Insel war und die Gelegenheit nutzen wollte, seine Neugier zu stillen. Die bestand darin, einmal zu sehen, wie es auf einer Kriminaldienstselle so aussah und zuging. Das Gebäude begeisterte ihn. Es war so ganz sein Stil, und er meinte, es würde auch zu den Leuten passen, und es war ein geistreiches Kompliment, wie Schielin fand. Leo Korschs Art war unaufdringlich. Er kam nicht, um neugierige Fragen zu stellen, allenfalls seine Blicke wanderten interessiert durch den Raum, hielten jedes Detail fest. Schielin fiel die Schilderung des Gemäldes wieder ein, und ihr Gespräch drehte sich alsbald um Dinge, weit entfernt von dem, was die Arbeit von Schielin und Lydia Naber ausmachte.
    Leo Korsch referierte über Kunst im Allgemeinen und einige Stücke der Zeller’schen Herbstausstellung im Besonderen. Dann streifte er kurz ein, zwei politische Themen, um schließlich beim Wein zu landen. Er erzählte derart blumig von einem Wein, den er in den letzten Tagen getrunken hatte, dass Schielin meinte, einen Schluck dieses Burgunders schmecken zu können.
    Aber man musste inzwischen nicht mehr nach Frankreich oder sonst wohin ausweichen, um guten Wein genießen zu können. Schielin öffnete im Geiste eine Flasche und berichtete Leo Korsch von der Lindauer Spitalhalde und von einem Maréchal Foch des Weinguts Haug. Leo Korsch hingegen fiel der genaue Name des Burgunders nicht mehr ein, und etwas unglücklich über sein schlechtes Gedächtnis verabschiedete er sich kurz darauf – von Lydia Naber mit Handkuss.
    Gommert erschien kurz darauf im Türrahmen. Lydia Naber wurde endlich ihre Frage los. »Eigentlich Gommi, hättest du doch heute noch frei gehabt. Ist der Südtirolurlaub schon dahin, oder ist es vielleicht gar nichts geworden, weil du festgestellt hast, das es doch was kostet?«
    Erich Gommert war die Frage sichtlich unangenehm. Er war aus einem

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