Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
ist eigentlich die Aufgabe einer Modelagentur? Sie vermittelt ihren Klienten Aufträge. Das können Fotoshootings sein oder Laufstegtermine, aber auch Exklusivabsprachen mit einer bestimmten Firma, für die das Model eine Produktlinie bewirbt. Eine Agentur kann für entstandene Kosten auch haftbar gemacht werden. Wenn ein Model beispielsweise am Set nicht erschienen ist, weil dieses auf einer einsamen Insel steht und man im Pass den falschen Stempel für die Einreise hat, ist die Agentur in gehörigen Schwierigkeiten. Sie bleibt nicht nur auf den Flugkosten oder Hotelkosten für das Model sitzen, sondern muss womöglich auch den entstandenen Schaden gutmachen, zumindest so lange, bis ein Ersatz gefunden ist. Das heißt dann im schlimmsten Fall, die Reisekosten aller Beteiligten zu berappen und den Schaden, der der Zeitschrift durch den Ausfall entstanden ist, und und und ... Es ist da ganz logisch, dass für Agenturen im Alltag Disziplin und Pünktlichkeit eines Models mehr zählen als perfektes Aussehen. Das kann Heidi. Agenturen können die Grundmaße eines Models 90/60/90 bei einer Körpergröße von knapp unter 180 cm schon zurechtbiegen, was bei ihr ja notwendig ist. Doch in der Praxis zählen Dinge, die sich Newcomern auf den ersten Blick nicht erschließen, im Geschäft aber von großer Bedeutung sind. Heidis Erfolg verstehen, heißt ihre Fähigkeit zu begreifen, über Monate ihre Körpermaße exakt zu bewahren. Viele Models schaffen das nicht. Sie haben oft innerhalb weniger Wochen ein, zwei Kilogramm zugenommen, oder ihr Gesicht hat sich so stark geändert, dass es nicht mehr zur so genannten „Setcard“ passt. Dieses DIN A5 große Foto seines Körpers ist die Visitenkarte, die ein Model bei Castings hinterlässt. Eine gute Agentur muss darauf achten, dass das Model so aussieht wie auf der Setcard, da sonst der Auftraggeber womöglich abspringt mit dem Hinweis darauf, dass man dieses Model nicht geordert hat. Ein gutes Model hat die Eigenschaft, immer so auszusehen wie die letzte Setcard, die es aushändigt. Gesichtszüge sind empfindlich. Damit sie sich nicht zu stark ändern, muss ein Model die Gabe haben, auf langen Flügen schlafen zu können. Es darf nicht zu den Partytypen gehören, die es in der Nacht, die einem beruflichen Termin vorausgeht, einmal ordentlich „krachen“ lässt und dann mit Kater und verschwollenem Gesicht am Set erscheint. Denn letztendlich setzen sich am Set nur die gesund und frisch aussehenden Models durch, die fröhlich sind und für jedem vom Team einen flotten Spruch parat haben. Sie müssen wirken wie frisch geschlüpfte Küken, selbst wenn sie einen elenden Flug hinter sich haben. Topagentin Louisa von Minckwitz bringt es im Buch „Backstage“ von Effi Berger auf den Punkt: „Neben den Grundvoraussetzungen, wie einer Körpergröße von mindestens 1,75 m, Konfektionsgröße 36 und einem fotogenen Gesicht, muss vor allem der Wille vorhanden sein, Fotomodel zu werden. Model zu sein ist mehr als nur ein Beruf. Die Mädchen müssen unglaublich diszipliniert, gesundheitlich topfit und in bester psychischer Verfassung sein, da bereits in jungen Jahren ein enormer Druck auf ihnen lastet. Es ist ein Knochenjob. Und es geht um Geld. Um sehr viel Geld. Die Mädchen leben ein Leben zwischen Hotels, Foto-Shootings und Flieger, heute Paris, morgen Los Angeles und wenig später schon wieder woanders. Kein Mädchen kann es sich da leisten, zu versagen. Ich hatte mal ein Mädchen, das auf den stressigen Flugreisen zum Shooting jedes Mal Herpes bekam – das geht natürlich ganz und gar nicht. Ebenso gibt es Mädchen – gerade sehr junge Mädchen – die viel zu sehr familiengebunden sind und beispielsweise in den Hotels weit weg von zuhause einfach nicht allein sein können. Solche Mädchen haben in dieser Branche nichts verloren. Die Kunden haben für Heimweh und gar verheulte Augen kein Verständnis, dafür ist schlichtweg zu viel Geld im Spiel. Ein Model, das nicht zu einhundert Prozent funktioniert, ist schlecht fürs Geschäft.“ Diese
Umstände erklären die besondere Beziehung, die ein Agent oder Booker zu seiner Klientin hat, und sie erklären auch die berechtigte Kritik, die Heidi in ihrer Sendung Germany's Next Topmodel so häufig anbringen wird: „Von Nix kommt nix“. Wer ein Topmodel sein will, braucht eine gute Agentur, die ihm die Chancen vermittelt, die es braucht, um ganz nach oben zu kommen. Dort wird es sich aber nur auf Dauer halten können, wenn es Heidis
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