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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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geläufig, wie alt es genau ist«, log Dete. »Es wird so um das zehnte Jahr oder noch etwas dazu haben, nehm ich an.«
    »Ich bin acht, der Großvater hat’s gesagt«, erklärte Heidi. Die Tante stieß es gegen die Schulter, Heidi hatte keine Ahnung, warum.
    »Erst acht?«, rief das Fräulein entrüstet. »Was soll das
geben! Und was hast du gelernt? Was hast du für Bücher gehabt bei deinem Unterricht?«
    »Keine.«
    »Woraus hast du denn gelesen?«
    »Lesen kann ich nicht und der Peter auch nicht«, berichtete Heidi.
    »Barmherzigkeit! Du hast nicht lesen gelernt?« Die Rottenmeier rang nach Fassung. »Jungfer Dete, es ist alles nicht nach Abrede! Wie konnten Sie dieses Wesen zu mir führen?«
    Dete ließ sich nicht einschüchtern und antwortete herzhaft, ihrer Natur gemäß: »Mit Erlaubnis, das Mädchen ist genau, wie die Dame mir beschrieben hat, wie es sein müsste. Apart und nicht wie die anderen, lautete mein Auftrag. So musste ich das kleine nehmen, denn die größeren sind bei uns nicht mehr so apart. Und hab mich aus eisiger Höhe herabgeplagt mit dem Kind, mich durchgehauen gegen die Angriffe der Wiederkehrer und sonstiger Gefahr allerorts und soll jetzt, nach endloser Reise nur Vorwürfe hören, wo das Kindchen genau passt auf die Beschreibung? Wenn die Dame erlaubt, muss ich jetzt zu meinen Pflichten in die Küche und will später wiederkommen und sehen, wie es mit Adelheid geht.« Einen Knicks andeutend sprang sie zur Tür und war hinaus, bevor Fräulein Rottenmeier die Contenance wiederfand.
    Bis dahin hatte Klara von ihrem Sessel aus schweigend zugesehen, jetzt winkte sie Heidi heran. »Komm her. Willst du lieber Heidi heißen oder Adelheid?«
    »Ich heiße Heidi und sonst nichts.« Es trat an den Rollstuhl.

    »So will ich dich denn auch nennen«, sagte Klara. »Der Name gefällt mir für dich. Ich habe noch nie ein Kind erlebt, das so aussieht wie du.«
    »Ich auch nicht eine wie dich.« Heidi zeigte auf die dünnen Beinchen Klaras, die kraftlos im Rollstuhl staken. »Im Dörfli sehen alle so aus wie ich.«
    »Und dein Haar, so kraus und ungekämmt«, lächelte Klara. »Trägst du’s immer so?«
    »Es wächst ja nur so.«
    »Du bist bestimmt gern nach Frankfurt gekommen, so kalt und wild wie es bei euch sein soll.«
    »Kalt mag ich, und wild bin ich selber und der Peter auch. Und morgen geh ich wieder heim und bringe der Großmutter weiße Brötchen, weil das Schwarzbrot kann sie nicht beißen.«
    »Du bist kurios!«, rief Klara. »Man hat dich nach Frankfurt kommen lassen, damit du bei mir bleibst und die Stunden mit mir nimmst, und ich glaube, das wird lustig, weil du nicht lesen kannst und ich zuschauen will, wie du dich hinterwäldlerisch anstellst.« Klara kicherte und hielt ein Spitzentüchlein an den Mund.
    »Warum brauchst du zum Lachen ein Tuch?«, fragte Heidi.
    »Weil es nicht fein ist, mit offenem Mund zu lachen«, erklärte Klara.
    Da lachte Heidi laut. »Wo soll ich denn sonst heraus lachen als aus meinem offenen Mund?«
    »Schluss!«, fuhr die Rottenmeier dazwischen. »Gelacht wird fürs Erste gar nicht. Morgen kommt der Herr Kandidat, unser Hauslehrer, der wird prüfen, ob du auch nur das
Geringste beherrschst, was die Bildung anlangt. Erst danach wird bestimmt, ob deines Bleibens hier ist oder nicht.« Sie klingelte nach Sebastian.
    Klara rollte ein Stück an Heidi heran. »Der Kandidat ist ein junger Studiosus, aber so langweilig und schlaff, dass ich während der Stunden immer am Einschlafen bin. Er selbst nimmt häufig das Buch vors Gesicht, als ob er kurzsichtig wäre, aber ich weiß, dass er hinter dem Buche ausgiebig gähnt.« Sie musterte das Mädchen von oben bis unten. »Mit dir werden die Stunden gewiss lustiger.«
    »Wird sich zeigen, muss sich zeigen.« Mit spitzen Fingern schob das Fräulein Heidi auf den eintretenden Diener zu. »Das Zimmer der Angekommenen ist in Ordnung zu bringen«, sagte sie mit erzwungener Ruhe.
    »Längst geschehen«, erwiderte Sebastian und kräuselte sein Bärtchen.
    »Gebadet gehört das Kind«, sagte die Rottenmeier. »Das kann er natürlich nicht machen«, fuhr sie auf seinen erschrockenen Blick fort. »Ruf Dete dazu.«
    Die Pendeluhr ertönte mit schepperndem Schlag zwölf Mal; die Rottenmeier zupfte an ihrem Kragen. »Schon Mittag, wo sind die Stunden geblieben? Alles ist aus der Ordnung, nur weil ein ungebildetes Kind aus den Bergen …« Sie packte Klaras Rollstuhl an den Griffen und schob ihn auf das nächste Zimmer zu. »Sag, es

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