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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Purpurmond
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mich ja schon zur Gewohnheit geworden. Jetzt stieß ich sie vernehmlich aus. »Puh, das war Rettung in letzter Sekunde, würde ich sagen.«
    Dorothea nickte und strahlte Daniel an. Ihr Gesicht spiegelte ihre Gefühle derart unverstellt, dass es mich bis ins Innerste rührte. Daniel ging es wohl genauso, denn seine Lippen berührten zärtlich ihre Stirn.
    »Jetzt wird uns nichts mehr trennen, meine Liebste. Das heißt …«, korrigierte er sich und musterte sie prüfend, »… falls du mir mein schändliches Verhalten dir gegenüber verzeihen kannst? Ich wollte dich schützen, aber oft genug habe ich dich damit verletzt«, gab er zerknirscht zu.
    Statt einer Antwort schmiegte sich Dorothea in seine Arme. Wie im Film, dachte ich und hätte am liebsten vor Rührung losgeheult, als ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Die alte Grete hatte sich erhoben und kam auf mich zugeschlurft. Unwillkürlich zuckte ich zusammen, denn immerhin hatte diese Frau mich beinahe ins Jenseits befördert. Doch in ihrem Blick lagen weder Bosheit noch Zorn.
    »Ich danke dir, Kind«, sagte sie mit leiser Stimme. »Durch deinen Mut und deine Kraft hast du uns alle vor dem Tod bewahrt. Du bist ein guter Mensch.«
    Ich musste schlucken. Dann holte ich tief Luft und sagte aufrichtig: »Das seid Ihr auch, Grete. Eure Wunden werden heilen, und ich wünsche Euch von Herzen, dass Ihr wieder glücklich werdet.«
    Die Alte drückte mir wortlos die Hand. Als ich in ihre hellblauen Augen sah, durchzuckte mich ein Wiedererkennen. Wieso kam sie mir auf einmal so bekannt vor? Die Aufregung der letzten Tage war wohl etwas viel gewesen.
    Sie musterte mich eindringlich, ehe sie sagte: »Du kommst nicht von hier und du wirst nicht mehr lange bleiben können. Wenn der Tag sich senkt und die Nacht ohne Mond heraufzieht, musst du fort. Für immer.«
    Ich starrte sie an. Das Martyrium der letzten Stunden schien ihre hellseherischen Kräfte nicht geschädigt zu haben. Und ich wusste, dass sie recht hatte. Meine Stunden hier waren gezählt, bald musste ich wieder in meine eigene Zeit zurückkehren. Als ich an Jakob dachte, durchfuhr mich ein Stich. Würde ich ihn wirklich nie mehr wiedersehen?
    Als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen, nickte die alte Grete. »Der Schmerz wird noch eine ganze Weile in deinem Herzen wohnen. Doch vergiss nicht: Die Asche ist nicht nur das Ende, sondern auch ein fruchtbarer Boden für etwas Neues«, sagte sie geheimnisvoll, ehe sie sich abwandte.
    Ihre Bewegungen waren noch langsam und von den ausgestandenen Schmerzen gezeichnet, doch sie ging aufrecht und mit erhobenem Haupt.
    »Was hat sie damit wohl gemeint?«, hörte ich Dorotheas helle Stimme hinter mir. Tränen schossen mir in die Augen, als ich mich umwandte. »Ich muss bald fort, Dorothea«, sagte ich mit stockender Stimme.
    »Cat, nein! Bitte bleib doch noch!«, flehte Dorothea, und nun füllten sich auch ihre anemonenblauen Augen mit Tränen.
    Ich lächelte sie an, wobei ich nur mühsam die Fassung behielt, aber ihr zuliebe riss ich mich am Riemen. »Na ja, noch bin ich ja nicht weg«, sagte ich gespielt fröhlich.
    »Das will ich wohl hoffen, zuerst wollen wir nämlich noch feiern«, hörte ich Daniel sagen, der lautlos hinter uns getreten war. »Selbstverständlich nicht ohne dich, Jakob«, fügte er hinzu und legte Dorotheas Bruder die Hand auf die Schulter. Der sah aus, als würden sich Batman und der Joker einen beherzten Kampf in seinem Inneren liefern.
    »Ich bin nicht sicher, ob …«, fing er an, aber als er meinen flehenden Blick sah, hoben sich seine Mundwinkel und er nickte. »Sei’s drum, meine Mitbrüder werden es noch eine Weile ohne mich aushalten«, lächelte er, und ich atmete heimlich auf. Ich wollte jede Minute, die ich noch hier sein konnte, mit ihm verbringen – am liebsten ungestört.
     
    An traute Zweisamkeit aber war die nächsten Stunden nicht zu denken, denn Daniel ließ alles auffahren, was Küche und Keller des Förgschen Hauses zu bieten hatten. Obwohl es gerade mal Vormittag war, stellten die Diener schon einen Krug Wein auf den Tisch. Vom Bier ganz zu schweigen. Dafür gab es keine Gabeln, nur Messer und Löffel aus Zinn.
    »Bitte, scheut euch nicht. Esst und trinkt nach Herzenslust«, forderte uns Daniel auf.
    Flatrate-Saufen am frühen Morgen bei Förgs, das kann ja heiter werden, schoss es mir durch den Kopf.
    Doch sowohl Daniel als auch Jakob und Dorothea hielten sich beim Alkohol zurück, dafür griffen sie bei den

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