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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Purpurmond
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konnte.
    »Als ich mich als Mädchen geoutet … ich meine, zu erkennen gegeben habe, hast du aber ausgesehen, als wolltest DU zur Bratpfanne greifen«, neckte ich zurück.
    Er lachte und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann aber schlich sich eine Traurigkeit in seine Augen und spülte das Lächeln von seinem Gesicht wie eine Welle die Muscheln vom Strand.
    »Cat, du weißt, dass es nicht geht, nicht wahr?«, fragte er leise, und ich nickte, weil meine Kehle so zugeschnürt war, als drücke Gretes enger Kupferhalsreif mir immer noch die Luft ab.
    »Ich muss dir auch etwas sagen, Jakob …«, meinte ich leise, und mein Herz zog sich so heftig zusammen, als hätte ich in eine bittere Limette gebissen.
    »Ich weiß. Es ist ein ›Leb wohl‹ – habe ich recht?«, fragte er ruhig.
    Wieder dachte ich, ob er wohl Gedanken lesen konnte, doch Jakob schüttelte den Kopf. Ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er mir tief in die Augen sah. Wieder spürte ich das wohlbekannte Ziehen im Magen. Ich liebte ihn so sehr. Würde die Wunde, Jakob verloren zu haben, jemals heilen oder würde der Schmerz ewig sein? Ich spürte Jakobs warme Hand, die mir zärtlich über die Wange strich.
    »Du gehörst nicht hierher, Cat. Ich habe es von Anfang an gewusst. Erinnerst du dich? Ich sagte, dass ich spüre, ein Geheimnis würde dich umgeben.«
    »Jakob, ich …«, fing ich an, aber er legte mir sanft den Zeigefinger auf die Lippen.
    »Nein, Cat. Sag nichts. Ich muss nicht wissen, wer du bist und woher du kommst. Ich werde dich auch so für immer in meinem Herzen tragen«, sagte er.
    Er kramte in seiner Mönchskutte und zog etwas hervor. Ein versteinertes Schneckenhaus, ein Ammonit, rund und hell, lag in seiner Hand. Ich hatte schon gehört, dass diese steinernen Fossilien in der Gegend um Bamberg vorkamen. Der sandige Kalkstein hatte die gleiche Farbe wie Vanilleeis mit Orangensirup, und das Gehäuse war seit Jahrhunderten erstarrt in seiner Perfektion.
    »Es mag töricht sein, aber seit ich den Stein als kleiner Junge fand, habe ich ihn stets bei mir getragen. Er sollte mir Glück bringen«, erklärte Jakob.
    »Er ist wunderschön. Ein Zeuge für die Ewigkeit der Dinge«, murmelte ich.
    Behutsam nahm er meine Hand und legte den Ammoniten hinein. Sanft bog er meine Finger zur Faust.
    »Nun soll er dir Glück bringen, Cat. Und …«, hier stockte Jakobs Stimme, und in seinen Augen sah ich, dass ihm unser baldiger Abschied genauso weh tat wie mir.
    »… er soll dich immer an mich erinnern.«
    Das war der Moment, in dem ich nun wirklich weinen musste. Ich wollte hierbleiben, mehr als alles andere auf der Welt. Ich hätte Jakob so gerne noch näher kennengelernt …
    Erneut schien er zu ahnen, was in mir vorging. Zärtlich nahm er mein Gesicht in seine Hände und beugte sich zu mir, bis unsere Augen nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren.
    »Hadere nicht mit dem Schicksal, Cat. Dir ist ein anderes Leben bestimmt als mir. Vergiss nicht: Ich bin Mönch. Vielleicht ist es Bestimmung, dass ich nicht weiter in Versuchung geführt werde, mein bisheriges Leben hinter mir zu lassen …«
    Ich nickte. Er hatte recht. Was hätte ich schon für Möglichkeiten, in einer Zeit, in der eine Frau nichts galt und höchstens einfache Arbeiten verrichten konnte? Sollte ich mich etwa als Näherin verdingen? Keine gute Idee, hatte ich doch schon in der Grundschule in Handarbeiten regelmäßig eine Drei minus kassiert. Oder als Jakobs Frau ein halbes Dutzend Kinder kriegen? Bei dem Gedanken schüttelte ich den Kopf. Selbst wenn ich es gewollt hätte – ich könnte mich niemals mit einem Dasein im 17. Jahrhundert abfinden. Ich war alle Annehmlichkeiten des dritten Jahrtausends gewöhnt und hätte ein Leben in der Vergangenheit nicht ertragen. Alleine meine Eltern würde ich furchtbar vermissen. Ganz abgesehen von anständigem Essen, fließend Wasser und Strom für mein Handy und den iPod. Und in die Schule hätte ich dann auch nicht mehr gehen können. Wahrscheinlich würde ich sogar die Lernerei ziemlich vermissen.
    Aber trotzdem …, dachte ich traurig und betrachtete Jakobs Gesicht, um mir seine Züge, die dunklen Haare und den fein gezeichneten Mund, der so gut küssen konnte, für alle Ewigkeit einzuprägen. In diesem Moment bedauerte ich es schrecklich, dass der Kupferreif für immer zerbrochen war und ich nie wieder zwischen den Jahrhunderten hin-und herreisen konnte. Wie schön wäre es gewesen, wenn der Abschied von denen, die

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