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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Purpurmond
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Bein ist nicht von der Sonne verbrannt, sondern hell und glatt …«
    Mir lag schon die Empfehlung »Waxing-Salon in der Luitpoldstraße« auf der Zunge, als mir zum Glück gerade noch rechtzeitig einfiel, wo ich mich befand und dass ich aufpassen musste, was ich sagte.
    Also gab ich nur ein undefinierbares »Hm« von mir, denn ich war mir sicher, sie würde mich entweder für verrückt halten oder zu Tode erschrecken, wenn ich ihr erzählte, woher ich tatsächlich kam. Dass ein Mensch mal eben locker die Zeitspanne von 300 Jahren überspringen konnte, hätte ich vor ein paar Tagen ja auch noch nicht für möglich gehalten.
    Zum Glück fragte sie nicht weiter nach meiner Herkunft, sondern konzentrierte sich darauf, den Leinenwickel mit einem lockeren Knoten um mein Schienbein zu fixieren. Sie war wirklich ein Profi. Und in diesem Augenblick kam mir der Gedanke, dass sie als Heilerin vielleicht wusste, ob es hier irgendwo eine Frau gab, der man Hexenkünste nachsagte. Gerade öffnete ich den Mund, um eine vorsichtige Frage in diese Richtung zu formulieren, als es laut und gebieterisch an die Haustür klopfte. Vor Schreck fuhren Dorothea und ich heftig zusammen.
    Instinktiv griff ich mir die Kappe und versteckte hastig meine Haare darunter, während Dorothea zögernd zur Tür ging, an die bereits wieder gehämmert wurde. Sie öffnete, und im Licht der spärlichen Kerzen sah ich, dass der Besucher ein hagerer, hochgewachsener Mann Mitte 50 war. In dem Moment, als ich seine scharf gebogene Nase und die kalten, dunklen Augen sah, durchzuckte mich ein flüchtiger Schreck, ein Wiedererkennen. Ich hatte ihn schon mal gesehen, nur wo?
    Dorothea war zwei Schritte zurückgewichen. Blanke Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben, während der Mann lässig im Türrahmen lehnte. Seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, bei dessen Anblick ich eine Gänsehaut bekam. Nichts Freundliches war darin, es war eher ein Fletschen, wie von einem tollwütigen Hund, wobei spitze Zähne sichtbar wurden. Man hätte meinen können, der Hauptdarsteller des Films »Tanz der Vampire« sei auf der Bildfläche erschienen.
    Dorothea versuchte, ihre Fassung wiederzugewinnen. »Richter Förg. Was verschafft mir die Ehre Eures hohen Besuchs?«, fragte sie, doch ich hörte, wie dünn ihre Stimme war und dass sie zitterte, wie eine Kerzenflamme im Wind.
    »Nun, nun, junge Flockin, ich denke, das weiß sie ganz genau«, gab der Mann zurück, und beim Klang seiner metallenen Stimme setzten sich in meinem Kopf die fehlenden Puzzlestücke zusammen. Natürlich, das war der Mann, der am Marktplatz die Namen der angeklagten Hexen und Zauberer verlesen hatte! Er hatte den Befehl zum Entzünden des Scheiterhaufens gegeben! In einer plötzlichen Aufwallung von Hass und Abscheu hätte ich diesem alten Fiesling am liebsten die schwarze, gusseiserne Bratpfanne über den Kopf gezogen, die an einem Haken vor Dorotheas Herd hing.
    Als mein Blick von der Pfanne zu ihr wanderte, sah ich bestürzt, wie bleich sie war und dass ihr ganzer Körper von einem Zittern geschüttelt wurde. Und der Richter sah es auch, denn sein wölfisches Lächeln vertiefte sich. Wie eine Giftschlange schoss seine klauenartige Hand nach vorne und packte Dorotheas Handgelenk. Sie schrie auf. Ohne zu überlegen oder auf den stechenden Schmerz in meinem Bein zu achten, sprang ich von meinem Stuhl auf und war mit zwei Schritten bei ihr. »Pfoten weg«, kommandierte ich und versuchte, meine Stimme laut und energisch klingen zu lassen.
    Der Richter hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht gesehen, und mein plötzliches Auftauchen erschreckte ihn zumindest so weit, dass er Dorothea abrupt losließ. Mit einem Gesichtsausdruck, als habe sie eine schleimige Kröte berührt, rieb sie sich ihr Handgelenk, während Förg seinen Raubvogelblick auf mich richtete. Mit meiner Kappe und der Männerkleidung fühlte ich mich so weit sicher, also blickte ich ihm direkt ins Gesicht, obwohl auch mein Herz einen flotten Galopp hinlegte.
    »Was fällt ihm ein, Kerl? Wer ist er und was tut er hier?«, fragte mich der Richter mit seiner scharfen, sägenden Stimme, die sich mir damals auf dem Marktplatz unauslöschlich eingeprägt hatte.
    Weil ich wusste, dass Angst bei solchen Typen das völlig falsche Signal war, ging ich zum Gegenangriff über: »Mal langsam, Meister, ja? Ich war zuerst hier. Wer hier unangemeldet reingekommen ist und das Mädchen bedrängt hat, das war ja wohl Eure Wenigkeit«, sagte

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