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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Purpurmond
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zu erzählen. Ich meine, wer erfährt schon gerne, dass er einen furchtbaren Tod sterben wird? Außerdem hoffte ich, durch meine Anwesenheit die Karten des Schicksals hier und heute neu zu mischen.
    »Na ja, das heute war kein Zufall«, gab ich widerwillig zu. »Meine Reisen in die Vergangenheit haben auch etwas mit dir zu tun …«
    Anscheinend blickte ich reichlich unbehaglich drein, denn als ich sie ansah, stand die blanke Angst in ihrem schönen Gesicht.
    »Es ist doch nicht wegen … es steht doch nicht geschrieben, dass ich … oh nein, bitte! Nicht das …«, stammelte sie.
    Mist, dachte ich, das hat ja prima geklappt. Ich überlegte gerade, wie ich ihr die Sache mit dem Drudenhaus, dem Scheiterhaufen und dem Fluch schonend beibringen konnte, da packte sie mich am Arm. Ihre Hand war eiskalt und ihre Augen flackerten. Ein fiebriges Rot überzog ihr Gesicht.
    »Du hast doch nicht gelesen, dass Richter Förg mich zum Weibe nimmt, Cat?«, flüsterte sie erstickt.
    Vor Erleichterung wurde mir ganz flau. Ich lächelte sie beruhigend an und versicherte ihr reinen Gewissens: »Nein, Dorothea. Das wird nicht passieren. Ich verspreche es dir!«
    Ihr Gesicht leuchtete auf.
    Hastig bremste ich ihren Enthusiasmus. »Aber ich kann dir mein Wort nur geben, wenn du durchhältst und noch eine Weile hier bei den schweigenden Schwestern bleibst, okay? Ich meine: in Ordnung?«
    Sie nickte, und ein spitzbübisches Lächeln huschte über ihr Gesicht: »Okei«, ahmte sie mich nach, und dann mussten wir beide lachen.
    »Ich werde tun, was du sagst. Ich vertraue dir, Cat. Du bist eine wahre Freundin«, fügte Dorothea noch hinzu.
    Ich war erleichtert. Jetzt hatte ich eine Chance, sie vor dem Drudenhaus und dem Tod zu bewahren. Noch lag der Reif fest um meinen Hals. Aber wenn der vorgesehene Hexenprozess gegen Dorothea nicht stattfinden würde, da sie ja innerhalb des Klosters in Sicherheit war, würde bestimmt auch der Fluch gelöst. Und Dorothea und ich würden leben.
    Impulsiv umarmte ich sie. Einen Augenblick drückte Dorothea mich freundschaftlich an sich. Doch plötzlich wurde ihr Körper starr. Noch ehe ich begriff, was los war, machte sie sich hastig von mir los. Ich sah sie verwirrt an. Mit bleichem Gesicht starrte sie über meine Schulter.
    Ich wirbelte herum – und prallte fast gegen eine ältere Nonne, die lautlos wie ein Geist zwischen den Holzkreuzen aufgetaucht war. Ihr abruptes Erscheinen hatte mich fast zu Tode erschreckt, aber als ich ihr Gesicht sah, wurde mir eiskalt, als wäre die Temperatur auf dem Friedhof schlagartig unter null gefallen. Ihr Gesicht war grau und starr unter dem schwarzen Schleier mit dem weißen Schultertuch, das ihr fast bis unters Kinn reichte, und sah aus wie in Stein gemeißelt. Ihre Lippen waren zu einem schwarzen Strich zusammengepresst, und aus ihren Augen schossen zornige Blitze. Ein marmorner Racheengel, der uns kalt musterte. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Dorothea vor Angst zitterte.
    »Mutter Äbtissin …«, würgte sie hervor, dann versagte ihr die Stimme.
    »Wie kannst du es wagen!«, donnerte die düstere Gestalt. »Ein heimliches Stelldichein mit einem Manne! Das verstößt nicht nur gegen die Regeln unseres Konvents, es ist eine Sünde vor Gott!«
    Obwohl auch mir unter dem heiligen Zornesblick der Mutter Oberin die Knie schlotterten, wollte ich die Unterstellungen so nicht stehen lassen.
    »Moment, das würde ich gerne erklären«, begann ich. Doch Schwester Unbarmherzig unterbrach mich mit einer Handbewegung, die so heftig war, als würde ein Fallbeil auf mich herabsausen.
    »Untersteh er sich, mit mir zu sprechen!«, fauchte sie. Und zu Dorothea gewandt, zischte sie: »Hinfort, Sünderin! Ich dulde dich nicht länger im Konvent!«
    Mir wurde schlecht vor Entsetzen. Dorothea wurde aus dem Kloster geworfen? Das durfte ich nicht zulassen! Mit einer hastigen Bewegung riss ich mir die Kappe vom Kopf. Ich musste die Äbtissin dazu bewegen, Dorothea nicht fortzujagen.
    »Hier, seht! Ich bin kein Mann, ich bin eine Frau wie Dorothea – und wie Ihr«, rief ich hastig und präsentierte der Klostervorsteherin meine halblangen roten Haare. Wären unter der Kappe ein paar Teufelshörner verborgen gewesen, ihre Reaktion hätte heftiger nicht sein können.
    »Eine Frau in den Kleidern eines Mannes!«, rief sie entsetzt und bekreuzigte sich. »Rothaarige Teufelsbrut, scher dich weg!«
    »Aber …«, versuchte ich ein letztes Mal gegenzusteuern, doch die Nonne hatte sich bereits

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