Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
schlüssiges Indiz. Nirgendwo wurde Arsen gefunden, noch gab es einen Anhaltspunkt dafür, dass Yoshitaka, als er den Kaffee zubereitete, nicht allein war.
Natürlich hatte man auch die Nachbarn befragt. Aber keiner von ihnen hatte zur fraglichen Zeit einen Besucher gesehen. In der ruhigen Wohngegend waren zwar nur wenige Menschen unterwegs, aber niemand hatte auch nur das Geringste beobachtet.
Kusanagi berichtete, was die Befragungen von Ayane Mashiba und dem Ehepaar Ikai ergeben hatten. Das Verhältnis von Hiromi Wakayama und Yoshitaka Mashiba erwähnte er nicht, da er vorher einen entsprechenden Hinweis von Mamiya erhalten hatte. Dieser war der Ansicht, die Angelegenheit wäre zu heikel, um die gewöhnlichen Ermittlungsbeamten einzuweihen, bevor sich eine nachweisliche Verbindung zum Fall ergab.
Nach der Besprechung wurden Kusanagi und Utsumi in Mamiyas Büro gerufen.
»Ihr fliegt morgen nach Sapporo«, bestimmte er.
Kusanagi begriff sofort. »Wir sollen Frau Mashibas Alibi überprüfen?«
»Genau. Ein Mann, der eine Affäre hatte, wurde ermordet. Selbstverständlich sind die Geliebte und die Ehefrau verdächtig. Die Geliebte hat schon mal kein Alibi. Jetzt müssen wir feststellen, wie es bei der Ehefrau aussieht. Ich habe Weisung von oben, den Fall schnellstmöglich zu klären. Dass ihr amselben Tag wieder hier sein müsst, brauche ich wohl nicht zu sagen. Ich sorge dafür, dass euch die Kollegen in Hokkaido unterstützen.«
»Frau Mashiba sagt, sie habe den Anruf der Polizei in einem Onsen erhalten. Dort müssen wir wohl hin.«
»Es handelt sich um den Badeort Jozankei. Er liegt etwa eine Stunde mit dem Wagen vom Bahnhof Sapporo entfernt. Die Eltern der Frau wohnen im Westen der Stadt. Wenn ihr euch aufteilt, seid ihr einem halben Tag fertig.«
Wahrscheinlich, dachte Kusanagi, und kratzte sich am Kopf. Klar, dass Mamiya kein Interesse hatte, seinen Untergebenen eine Nacht in einem Onsen zu spendieren.
»Was ist, Frau Utsumi? Sie sehen aus, als wollten Sie noch etwas sagen«, fragte Mamiya.
Kusanagi blickte zur Seite. Utsumi schien tatsächlich noch etwas auf dem Herzen zu haben.
»Überprüfen wir nur ihr Alibi für den fraglichen Zeitraum?«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Mamiya.
»Frau Mashiba hat am Samstagmorgen Tokio verlassen und ist am Montagmorgen zurückgekommen. Genügt es, wenn wir ihr Alibi für diesen Zeitraum überprüfen? Das ist meine Frage.«
»Finden Sie das nicht ausreichend?«
»Das weiß ich nicht. Aber solange wir nicht wissen, wie und wann das Gift in den Kaffee kam, können wir sie als Verdächtige nicht ausschließen, nur weil sie für das Wochenende ein Alibi hat.«
»Aber wir wissen, wie und wann«, sagte Kusanagi. »Am Sonntagmorgen hat Hiromi Wakayama mit Yoshitaka Mashiba Kaffee getrunken. Zu diesem Zeitpunkt war der Kaffeeunbeeinträchtigt. Das Gift muss später hinzugefügt worden sein.«
»Können wir diesen Schluss wirklich ziehen?«
»Warum nicht? Wann sollte das Gift denn sonst hineingelangt sein?«
»Ich weiß es ja auch nicht.«
»Könnte es sein, dass Hiromi Wakayama lügt?«, fragte Mamiya. »Dann wären die Ehefrau und die Geliebte Komplizinnen. Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich, oder?«
»Glaube ich auch nicht.«
»Was passt Ihnen dann nicht?«, fragte Kusanagi barsch. »Ein Alibi von Samstag bis Sonntag genügt uns. Nein, eigentlich reicht sogar eins nur für den Sonntag, um die Ehefrau auszuschließen. Was ist daran so abwegig?«
Utsumi schüttelte den Kopf. »Nichts, das ist ganz vernünftig. Aber könnte sich dahinter nicht ein bestimmter Plan verbergen? Mit dem Yoshitaka dazu gebracht wurde, das Gift selbst hineinzutun?«
»Sie meinen, jemand hat ihn zum Selbstmord veranlasst?«
»Nein. Vielleicht hat man ihm nicht gesagt, dass es Gift ist. Zum Beispiel hätte jemand ihm weismachen können, es handle sich um eine Substanz, die den Geschmack des Kaffees verbessere.«
»Eine Substanz?«
»Ja, eine Art Würzmischung wie Garam Masala. Jemand hat Herrn Mashiba gesagt, so was gebe es auch für Kaffee. Er hat sie nicht verwendet, als er mit Frau Wakayama zusammen war, aber als er sich selbst den Kaffee machte, ist es ihm eingefallen, und er wollte sie ausprobieren … Oder ist das zu weit hergeholt?«
»Ja, ist es«, stieß Kusanagi hervor.
»Meinen Sie wirklich?«
»Ich habe noch nie von einem Pulver gehört, das den Geschmack von Kaffee verbessert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Yoshitaka Mashiba auf so etwas hereingefallen
Weitere Kostenlose Bücher