Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
passt genau zu dem, was ich Ihnen berichten will. Alles fängt mit einer Tasse Kaffee an.«
»Na, dann lassen Sie mich Ihre Geschichte mal hören.« Yukawa setzte sich und nippte an seinem Kaffee.
Utsumi erzählte ihm der Reihe nach, was sie bisher über den Mordfall Yoshitaka Mashiba herausgefunden hatten. Offiziell war es natürlich verboten, Ermittlungsergebnisse an Außenstehende weiterzugeben, aber sie wusste von Kusanagi, dass Yukawa ihr nicht helfen würde, wenn sie es nicht tat. Außerdem, und das gab den Ausschlag, hatte Utsumi Vertrauen zu ihm.
Nachdem Yukawa sich ihre Geschichte angehört hatte, trank er seinen Kaffee aus und betrachtete die leere Tasse.
»Kurz gesagt: Sie verdächtigen die Frau des Opfers, aber da Kusanagi in diese verliebt ist, ist er nicht objektiv.«
»›Verliebt‹ ist vielleicht etwas zu viel gesagt. Ich habe das Wort nur verwendet, um Ihr Interesse zu wecken. Aber ich bin sicher, dass Kommissar Kusanagi ihr gegenüber gewisse Gefühle hegt. Zumindest scheint er nicht ganz bei sich zu sein.«
»Ich frage Sie jetzt nicht, wie Sie darauf kommen. In solchen Dingen setze ich großes Vertrauen in die weibliche Intuition.«
»Vielen Dank.«
Yukawa zog die Brauen zusammen und stellte seinen Kaffeebecher auf den Tisch. »Doch soweit ich Ihrer Geschichte entnehme, sind Kusanagis Annahmen gar nicht so voreingenommen. Man kann doch sagen, dass diese Dame – Ayane Mashiba? – ein perfektes Alibi hat?«
»Ja, wenn die Tat mit einer Waffe wie einem Messer oder einer Pistole begangen worden wäre, aber es war ein Giftmord. Das heißt, es besteht die Möglichkeit, dass alles schon vorher arrangiert war …«
»Sie möchten also, dass ich darüber nachdenke, wie sie es gemacht haben könnte?«
Utsumi schwieg. Der Professor schmunzelte vielsagend.
»Vielleicht missverstehen Sie da etwas, denn Physik ist keine Zauberei.«
»Aber Sie haben doch bisher viele Fälle gelöst, bei denen der Täter einen bestimmten Trick angewendet hat.«
»Zwischen einem trickreichen Verbrechen und einem Zaubertrick besteht ein großer Unterschied. Ist der Zaubertrick beendet, hat das Publikum keine Chance mehr, ihn zu durchschauen. Bei einem Verbrechen hat der Ermittler die Möglichkeit, den Tathergang bis ins Detail zu erkunden. Jede Methode hinterlässt irgendwelche Spuren. Das Schwierigste an einem kriminellen Trick ist es, diese völlig verschwinden zu lassen.«
»Und könnten Sie sich nicht vorstellen, dass bei dem vorliegenden Verbrechen sämtliche Spuren getilgt wurden?«
»Nach dem, was Sie mir erzählt haben, ist das nicht sehr wahrscheinlich. Wie hieß noch mal die Geliebte des Opfers?«
»Hiromi Wakayama.«
»Diese Dame bezeugt, mit dem Opfer Kaffee getrunken zu haben, nicht wahr? Sie hat auch den Kaffee zubereitet. Falls vor der Tat etwas manipuliert wurde, warum ist ihr dann nichts passiert? Das ist das größte Rätsel. Sie haben vorhin eine interessante Vermutung geäußert. Dem Opfer ein Pulver auszuhändigen, das Kaffee angeblich schmackhafter macht, damit es sich selbst vergiftet. Für einen Kriminalfilm wäre das nicht schlecht, aber im wirklichen Leben kommt diese Methode nicht in Frage.«
»Warum nicht?«
»Versetzen Sie sich mal in die Lage des Täters. Was wäre, wenn das Opfer, dem Sie das Gift ausgehändigt haben, es irgendwo anders benutzt? Er könnte zum Beispiel jemandem erzählen, was er Tolles von seiner Frau bekommen hat und es ihm dann in den Kaffee streuen.«
Utsumi biss sich auf die Lippen. Der Professor hatte natürlich völlig recht.
»Nehmen wir einmal an, die Ehefrau wäre die Täterin. Sie hätte mindestens drei Hindernisse aus dem Weg räumen müssen.« Yukawa hob drei Finger. »Erstens, es darf nicht herauskommen, dass das Gift im vorhinein plaziert wurde. Sonst wäre es sinnlos, ein Alibi zu konstruieren. Zweitens, sie muss sicherstellen, dass das Gift vom Ehemann konsumiert wird. Wenn sie aus Versehen die Geliebte vergiftet, hätte sie nur etwas davon, wenn sie den Ehemann auch erwischt. Drittens, die Tat muss sich relativ kurzfristig vorbereiten lassen. AmAbend vor ihrer Abreise nach Hokkaido hat doch eine Party in ihrem Haus stattgefunden? Hätte sie das Gift schon zu dem Zeitpunkt plaziert, hätte die Gefahr bestanden, dass jemand anderer es nimmt. Sie musste es also danach tun.«
Nachdem er diese Überlegungen dargelegt hatte, breitete er die Arme aus. »Tja, das war’s leider. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie dieses Kunststück vollbracht
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