Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
Selbstmord aussehen zu lassen.«
»Ich danke Ihnen.« Utsumi verbeugte sich. »Bin ich froh, dass ich zu Ihnen gekommen bin. Auch wenn ich Sie von der Arbeit abgehalten habe.«
Als sie schon an der Tür war, rief Yukawa ihr nach. »Den Tatort zu besichtigen wäre sicher schwierig, aber vielleicht könnte ich Fotos sehen?«
»Fotos wovon?«
»Von der Küche, in der der vergiftete Kaffee gekocht wurde. Und von dem Geschirr und dem Kessel.«
Utsumi machte große Augen. »Sie werden mir also helfen?«
Yukawa verzog das Gesicht und kratzte sich am Kopf. »Wenn ich Zeit habe, kann ich ja mal ein bisschen überlegen, wie jemand, der sich in Hokkaido aufhält, es anstellen könnte, jemanden in Tokio zu vergiften.«
Utsumi musste unfreiwillig grinsen. Sie zog eine Mappe aus ihrer Schultertasche. »Hier, bitte.«
»Was ist das?«
»Die Fotos, die Sie möchten. Ich habe sie heute Morgen aufgenommen.«
Überrascht schlug Yukawa die Mappe auf. »Falls wir das Rätsel lösen, erteilen Sie jemandem eine Lektion«, sagte er amüsiert. »Und dieser Jemand ist natürlich Kusanagi.«
Kapitel 10
Hiromi Wakayama hielt sich in Ayanes Patchwork-Schule in Daikanyama auf, als Kommissar Kusanagi sie anrief.
Er ließ sich von Kishitani dorthin fahren. Die Schule befand sich in einem weiß gekachelten Apartmenthaus in einer Zeile eleganter Gebäude. Die Tür stand offen. Die Beamten fuhren mit dem Aufzug in den zweiten Stock. An der Wohnung 305 hing ein Schild: Anne’s House.
Sie hatten kaum geklingelt, als sie Tür auch schon geöffnet wurde. Hiromi Wakayama wirkte nervös.
»Es tut mir leid, Sie bei der Arbeit zu stören.« Kusanagi trat ein. »Eigentlich …« Verwirrt brach er ab, denn Ayane Mashiba war ebenfalls in der Wohnung.
»Gibt es etwas Neues?«, sagte sie und kam näher.
»Ach, Frau Mashiba, Sie sind auch hier?«
»Wir müssen gemeinsam überlegen, wie es jetzt weitergeht. Was wollen Sie denn noch von Hiromi? Ich glaube, sie hat Ihnen bereits alles gesagt.«
Ihre Stimme war gelassen, hatte aber einen gereizten Unterton. Sie maß Kusanagi mit einem enttäuschten Blick, und ihm sank das Herz.
»Es gibt gewisse neue Entwicklungen in unserem Fall«, sagte der Kommissar an Hiromi Wakayama gewandt. »Würden Sie uns bitte aufs Präsidium begleiten?«
Hiromi wirkte verblüfft. Sie zwinkerte nervös.
»Worum handelt es sich denn?«, fragte Ayane. »Weshalb muss sie aufs Präsidium?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Frau Wakayama, bitte kommen Sie jetzt mit. Keine Sorge, wir fahren nicht im Streifenwagen.«
Nachdem Hiromi ihrer Freundin einen verzagten Blick zugeworfen hatte, nickte sie Kusanagi zu. »Gut. Aber kann ich gleich wieder zurück?«
»Sobald wir fertig sind.« Hiromi Wakayama verschwand im Inneren der Wohnung, um ihre Jacke und ihre Handtasche zu holen. Währenddessen schaffte es Kusanagi nicht, Ayane anzusehen, obwohl er die ganze Zeit ihren Blick auf sich spürte.
Hiromi folgte Kishitani aus der Wohnung. Als Kommissar Kusanagi sich ihnen anschließen wollte, hielt Ayane ihn am Arm fest. »Bitte, nur einen Moment«, sagte sie. Ihr Griff war außergewöhnlich kräftig.
»Sie verdächtigen doch nicht etwa Hiromi?«
Kusanagi zögerte. Kishitani wartete mit Hiromi vor der Tür.
»Geh doch schon mal vor.« Er schloss die Tür und wandte sich Ayane zu.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie und ließ seinen Arm los. »Aber es ist völlig ausgeschlossen, dass sie die Täterin ist. Wenn Sie sie verdächtigen, machen Sie einen erheblichen Fehler.«
»Wir müssen allen Möglichkeiten nachgehen.«
Ayane schüttelte heftig den Kopf. »Diese Möglichkeit existiert nicht. Sie hat meinen Mann nicht getötet. Weiß die Polizei das nicht?«
»Warum sind Sie so sicher?«
»Aber verstehen Sie denn nicht? Sie hatte ein Verhältnis mit meinem Mann.«
Verblüfft starrte Kusanagi sie an. »Sie wussten davon?«
»Ich habe neulich mit Hiromi darüber gesprochen. Ich habe sie danach gefragt, und sie hat es zugegeben.«
Ayane schilderte ihm nun ausführlich ihr Gespräch mit Hiromi. Der Inhalt überraschte ihn, aber nicht so sehr wie der Umstand, die beiden gemeinsam bei der Arbeit zu sehen.
»Ich bin nach Sapporo gefahren, weil er sich von mir trennen wollte und ich es in dem Haus nicht mehr ausgehalten habe. Es tut mir leid, dass ich Sie belogen habe.« Ayane ließ den Kopf hängen. »Hiromi hatte also nicht den geringsten Grund, meinen Mann umzubringen. Sie dürfen sie nicht länger verdächtigen.« Sie sah
Weitere Kostenlose Bücher