Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
mehr nützte, erblickte er Savernake.
Der Geistliche arbeitete sich nur etwa fünfzehn Meter entfernt rasch, leise und verstohlen durch die Büsche, und durch einen glücklichen Zufall hatte er den Inspektor nicht bemerkt. Man konnte den Schweiß, der ihm von der Stirn rann, im Sonnenlicht glänzen sehen und sein verklebtes, zerwühltes weizenfarbenes Haar. Der Inspektor seufzte vor Befriedigung auf, als er in Deckung ging: Es war zu einfach. Er wartete, bis Savernake, der sich immer wieder nervös umschaute, ins Freie trat und ihm den Rücken zuwandte, um weiterzugehen, dann zog er seinen Revolver und trat vor.
»Stehenbleiben und Hände hoch!«
Savernake erstarrte, drehte sich aber nicht um. Dann stürzte er in einem plötzlichen Anfall von Verzweiflung los, schlug einen Haken, so daß er nicht mehr in die Richtung lief, in die er gegangen war, weg von den Wachposten. Der Inspektor rannte ihm nach, aber er war schwerfälliger, und Savernake wurde von panischer Furcht vorwärtsgetrieben. Der Inspektor blieb stehen und zielte.
Der Abstand zwischen ihnen betrug jetzt zwanzig Meter, und es war ein schwieriger Schuß, da Savernake sich in wilder und kopfloser Flucht befand. Er taumelte einen Moment, als die erste Kugel ihn traf, lief aber weiter – langsamer jetzt, über Steine und Wurzeln stolpernd, im Astwerk nach Halt tastend. Der Inspektor feuerte erneut und schoß daneben. Ein drittes Mal, und Savernake fiel zu Boden. Aber er kroch weiter, noch lebend, so wie ein Huhn mit abgeschlagenem Kopf noch im Hof herumrennt. Vielleicht erinnerte er sich daran, was Fen ihm nur drei Stunden zuvor über seinen eigenen Tod gesagt hatte; das sollte niemand je erfahren. Denn auch der Inspektor erinnerte sich an so manches – die Ermordung von zwei Menschen, die trübselige Blasphemie der Schwarzen Messe. Er feuerte ein viertes Mal auf den noch kriechenden Savernake und zertrümmerte ihm das Rückgrat. Der Geistliche verharrte, schien auf die Beine kommen zu wollen, fiel dann kraftlos nach vorn und blieb reglos liegen. Er war tot.
Fen und Geoffrey gingen von der Polizeiwache zum Gästehaus der Diözese. Sie waren des Wartens überdrüssig geworden, und als Frances gekommen war und ihnen mitgeteilt hatte, daß der Inspektor Savernake auf den Fersen war, hatten sie sich entschlossen, zum Gästehaus zurückzukehren. Als Geoffrey Frances wiedersah, ging ihm das Herz über; ihm wurde klar, daß er nicht wirklich damit gerechnet hatte. Doch ein Händedruck und ein Lächeln war irgendwie alles, das er zuwege gebracht hatte.
Von James war bislang nichts Neues berichtet worden. Die Polizeiposten gingen davon aus, daß sein Wagen nicht durchgekommen war, und sie hielten es auch für äußerst unwahrscheinlich, daß er zu Fuß durch den Kordon gelangt war. Aber Geoffrey war nur allzu bereit, die Suche nach ihm der Polizei zu überlassen, und Fen erging es offenbar ebenso. Obwohl inzwischen mit Medikamenten vollgestopft und verarztet, war er spürbar übellauniger, reizbarer und niedergeschlagener geworden. Er verweigerte jede Erklärung, sondern sagte bloß:
»Ich gehe auf mein Zimmer und lege mich bis zum Abendessen hin. Ich fühle mich nicht wohl«, fügte er schneidend hinzu. »Laßt euch mal selbst was einfallen.« Er stapfte nach oben, während Geoffrey sich im Salon niederließ, um in Ruhe nachzudenken.
Harry James erhob sich aus dem Sessel in Fens Zimmer, als Fen die Tür aufstieß und eintrat. Seine kleinen schwarzen Schweinsäuglein glitzerten hinter den dicken Brillengläsern, und die Hand, die den Revolver hielt, zitterte leicht. Seine Kleidung war verstaubt und unordentlich.
»Kommen Sie rein, Professor Fen«, sagte er leise. »Ich habe auf Sie gewartet. Schließen Sie vorsichtig die Tür und machen Sie keinen Mucks.«
Fen tat wie geheißen. Er fühlte sich sehr müde.
»Es war verrückt von Ihnen herzukommen«, sagte er. »Und ganz sicher kommen Sie hier nicht mehr raus.«
Die Hand des Wirtes zitterte stärker. »Das weiß ich. Aber ich habe beschlossen, daß ich zunächst noch meine Rechnung mit Ihnen begleichen will. Wenn Sie nicht so verflucht neugierig gewesen wären, hätte alles geklappt … Nein, behalten Sie die Hände oben.«
»Das ist anstrengend«, klagte Fen.
»Keine Sorge. Es dauert nicht mehr lange.«
Fen dankte Gott, vielleicht inbrünstiger, als es sonst seine Art war, dafür, daß er hinter einem Sessel stand, so daß James seine Füße und Beine nicht sehen konnte. Er rühmte die Nachlässigkeit
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