Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
aufgeregt wie immer, der sich gerade in einen Regenmantel mühte und das Benedicite vor sich hin trällerte. »Frances, meine Liebe«, rief er, als sie hereinkamen, »ich fürchte, das Haus ist leer, die muntere Schar ausgeflogen. Nur ich bin noch da – außer natürlich« – er wedelte aufgeregt mit den Händen – »der gute Dutton, der sich mit einer Ausgabe von Burtons Anatomie der Melancholie und einigen Tabletten Luminal auf sein Zimmer zurückgezogen hat. Nicht gerade besonders erbauliche Lektüre für einen nervösen Menschen, würde ich meinen, aber vielleicht hat sie ja auf manche eine beruhigende Wirkung. Und wie steht’s mit den Insekten, Gervase? Der Bischof wird Ihnen, glaube ich, dieses letzte Debakel nicht so schnell verzeihen.« Er hielt inne, und sein Gesicht umwölkte sich, als sein Blick auf den Inspektor fiel. »Seltsam, ich hatte es fast schon vergessen … der arme Brooks … Sie brauchen bestimmt jede Hilfe, die wir Ihnen geben können, Inspektor, nach dieser neuen … Entwicklung.«
Der Inspektor nickte. »Wenn ich bitten darf, Sir. Im Grunde reine Routine, müssen Sie wissen. Haben Sie es eilig, nach Hause zu kommen?«
»Nein, nein. Ich kann bleiben, solange Sie wünschen. Keine Verpflichtungen, außer daß ich ein Glas heiße Milch mit Rum vor dem Zubettgehen brauche.« Spitshuker mühte sich wieder aus seinem Regenmantel, wobei ihm Geoffrey unbeholfen zur Hand ging; schließlich tauchte er so jäh wie ein Korken aus einer Flasche daraus hervor und blieb leicht keuchend stehen.
»Wie Sie sagen, Sir«, fuhr der Inspektor fort, »ist also außer Ihnen und Mr. Dutton niemand mehr im Haus?«
»Ganz genau. Mr. Peace – Butlers Schwager – war noch bis vor fünf Minuten hier und hat sich mit mir unterhalten, aber dann ist er gegangen: Sie müssen ihn knapp verpaßt haben. Wir hatten ein höchst interessantes Gespräch – höchst interessant. Anscheinend ist er von Zweifeln befallen, was die Ernsthaftigkeit seiner Berufung angeht, doch, wie ich mich ihm zu erklären bemüht habe, ist jemand, der sich mit den Lehren der Psyche befaßt, die ja im Vergleich zu denen des Christentums so verschwommen und unwissenschaftlich sind –«
Frances schaltete sich rettend ein. »Wissen Sie, ob er zur Kathedrale wollte?«
»Meine teure junge Dame, das ist durchaus möglich. Diesbezüglich hat er sich nicht geäußert. Vielleicht wollte er den wunderbaren Abend genießen.«
Fen, der sich in der Diele damit beschäftigt hatte, die Bilder geradezurücken, die seiner Meinung nach leicht schief hingen, sagte: »Ich muß mit Mr. Peace sprechen.« Er wandte sich an Frances. »Wohnt er im Haus Ihres Vaters?«
Frances nickte.
»Ein privater Besuch?« fragte Fen nach.
Frances zuckte die Achseln. »Ich glaube, er ist geschäftlich hier. Auch wenn das merkwürdig klingt. Ich bin ihm vorher nie begegnet, und wir haben ihn nie besucht, wenn wir mal in London waren.« Fen machte geistesabwesend Gesten der Bestätigung: Er rückte wieder ein Bild gerade. »Brauchen Sie mich noch?« sagte Frances zum Inspektor. »Falls nicht, hätte ich nämlich noch etwas in der Küche zu erledigen.«
»Frühestens in einer halben Stunde oder so, Miss.«
»Dann bin ich entweder dort oder auf meinem Zimmer, wenn Sie mich brauchen«, sagte sie und ging.
»Kommen Sie, Geoffrey«, sagte Fen ganz zappelig. »Gehen wir zur Kathedrale, bevor es so dunkel ist, daß wir nichts mehr sehen können.« Einem plötzlichen Gedanken folgend, wandte er sich an Spitshuker. »Wissen Sie zufällig, ob die Bischofsgalerie jemals geöffnet oder – irgendwie betreten wurde, seit man sie zugemauert hat?«
Spitshuker sah ihn eindringlich an, und die plötzliche Schärfe seines Blicks stand in beängstigendem Gegensatz zu der leicht belanglosen Fassade, die er der Welt sonst zeigte. »Die Bischofsgalerie? – mein guter Freund. Ich denke, nicht – nein, ich denke nicht. Zumindest ist es nicht überliefert. Es wäre sicherlich möglich, vom Altarraum mit Hilfe eines Seils hinaufzuklettern – ob das mal geschehen ist, kann ich nicht sagen. Aber das Grab von Bischof Thurston ist niemals sozusagen öffentlich geöffnet worden, und sollte das je in Erwägung gezogen werden, so wären viele im Ort aufgrund des hier verbreiteten Aberglaubens dagegen. Der Bischof war wohl nicht gerade eine Zierde für die Kirche, der er diente, und zwangsläufig kursieren … gewisse Geschichten. Wenn eine Galerie so abgeschieden ist und nur den Leichnam eines Mannes
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