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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Home, den familias vigilantes von Adoracion, der Provisorischen Armee auf Nkrumahs Land. Regionale Varianten, aber alle säen die gleiche Saat aus, die Respekt durch den Terror schwerer Vergeltung keimen lässt. Und alle fahren die gleiche Ernte der verkümmerten Initiative in ihren Reihen ein. Niemand will unabhängige Entscheidungen treffen, wenn unabhängige Handlungen die Gefahr mit sich bringen, als Mangel an Respekt interpretiert zu werden. So etwas kann einem leicht den Realen Tod bescheren.
    Also war es wesentlich besser, sich auf die Hierarchie zu verlassen. Der Türsteher holte sein Telefon hervor und wählte die Nummer seines Bosses.
    »Hör zu, Plex, wir haben…«
    Dann hörte er selber eine Weile mit unbewegter Miene zu. Wütendes Insektensummen aus dem Telefonhörer. Ich brauchte das Neurachem nicht, um zu erraten, was gesprochen wurde.
    »Äh… ja, ich weiß, dass du das gesagt hast, Mann. Aber ich habe hier Yukio Hirayasu vor mir stehen, der mit dir reden will, und ich…«
    Eine weitere Unterbrechung, aber diesmal wirkte der Türsteher schon viel zufriedener. Er nickte ein paarmal, beschrieb mich und wiederholte, was ich gesagt hatte. Ich hörte, wie Plex am anderen Ende der Leitung zauderte. Ich wartete noch einen kurzen Moment, dann verlangte ich mit einem Fingerschnippen das Telefon. Der Türsteher gab sofort nach und reichte es mir. Ich rief Hirayasus Sprachmuster aus meiner wenige Monate alten Erinnerung ab und färbte das, was ich nicht wusste, mit dem üblichen Millsporter Gangsteridiom.
    »Plex.« Mürrische Ungeduld.
    »Äh… Yukio? Bist du es wirklich?«
    Ich stieß einen typischen Hirayasu-Schrei aus. »Nein, ich bin ein verdammter Simsstaub-Dealer. Was glaubst du denn? Wir müssen über ein ernsthaftes Problem reden, Plex. Kannst du dir vorstellen, wie nahe ich dran war, deine Wachen zu einem kleinen Ritt in die Morgendämmerung mitzunehmen? Du lässt mich hier keine Scheißsekunde länger an der Tür warten!«
    »Okay, Yukio, okay. Bleib cool. Es ist nur… Mann, wir alle haben gedacht, dass du tot bist.«
    »Ja klar. Scheiße, ich bin wieder da. Aber das hat Tanaseda dir wahrscheinlich nicht gesagt, oder?«
    »Tana…« Plex schluckte hörbar. »Ist Tanaseda hier?«
    »Mach dir keine Sorgen wegen Tanaseda. Ich schätze, dass wir noch vier oder fünf Stunden haben, bis die Polizei hier alles auf den Kopf stellt.«
    »Hier? Wo hier?«
    »Wo wohl?« Erneut setzte ich den Schrei ein. »Scheiße, was glaubst du wohl?«
    Ich hörte eine Weile nur seinen Atem. Eine weibliche Stimme gedämpft im Hintergrund. Etwas kochte in meinem Blut hoch, sackte aber sofort wieder in sich zusammen. Es war nicht Sylvie. Oder Nadia. Plex zischte ihr verärgert etwas zu, wer immer sie war, dann war er wieder am Telefon.
    »Ich dachte, sie…«
    »Lässt du mich jetzt, verdammt noch mal, rein oder nicht?«
    Der Bluff wirkte. Plex bat mich, das Telefon an den Türsteher zurückzugeben, und drei einsilbige Antworten später schloss der Mann eine kleine Klappe auf, die in das Metalltor eingelassen war. Er trat hindurch und winkte mir, ihm zu folgen.
    Drinnen sah Plex’ Club fast genauso aus, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Ein billiges Echo der take-Szene von Millsport – durchsichtige Abtrennungen statt Wänden, in die Luft gekritzelte Pilztrip-Holos über einer Horde von Tänzern, die in kaum mehr als Körperbemalung und Schatten gekleidet waren. Die Stilmischung ertränkte den gesamten Club in lauten Sound, verstopfte die Ohren und ließ die transparenten Wände sichtlich im Rhythmus vibrieren. Ich spürte die Schwingungen wie Bombeneinschläge in meinen Körperhöhlungen. Über der Menge streckten zwei amateurhafte Totalkörpertänzer ihre perfekt getönten Gliedmaßen, offenbar im choreografierten Orgasmus, wenn man nach den gegenseitigen Berührungen ihrer gespreizten Hände ging. Aber wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, dass sie nicht von Antigravs getragen wurden, sondern an Seilen hingen. Und die Trip-Holos waren offensichtlich Aufzeichnungen und wurden nicht direkt kortikal eingespeist, wie es in den take-Clubs von Millsport üblich war. Isa wäre vermutlich überhaupt nicht beeindruckt.
    Ein zweiköpfiges Durchsuchungsteam erhob sich unwillig von ramponierten Plastikstühlen, die an der Lagerhauswand standen.
    Nachdem der Club rappelvoll war, hatten sie anscheinend gedacht, für den Rest des Abends nichts mehr zu tun zu haben. Sie musterten mich mürrisch und schwenkten ihre Detektoren.

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