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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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voll verdrahtete Schlampe ist im Arsch.«
    Aha.
    Mein Bewusstsein flog zwei Monate zurück zum ersten Abend vor dem Lagerhaus, synthgesleevt, die Hände vom Blut der Priester beschmiert, einen Blasterschuss quer über die Rippen, wie ich Plex und Yukio belauscht hatte. Kaikyo – eine Meerenge, jemand, der Diebesgut verschob, ein Finanzberater, ein Kanalisationsabfluss. Und ein von Geistern besessener Heiliger. Oder auch eine Frau, die vom Geist einer Revolution besessen war, die dreihundert Jahre zurücklag. Sylvie, die Nadia in sich trug. Die Quell in sich trug.
    »Wohin hat man sie gebracht?«, fragte ich ruhig.
    Es war nicht mehr Yukios Tonfall, aber ich würde mich ohnehin nicht mehr lange als Yukio ausgeben können. Ich wusste nicht genug, um die Lüge vor dem Hintergrund einer lebenslangen Bekanntschaft mit Plex aufrechterhalten zu können.
    »Nach Millsport, glaube ich.« Er baute sich eine Pfeife, vielleicht als Ausgleich zur take-Benebelung. »Ich meine, Yukio, hat Tanaseda wirklich nicht…?«
    »Wo in Millsport?«
    Dann merkte er es. Ich sah, wie ihn die Erkenntnis durchströmte und er plötzlich unter das obere Fach des Moduls griff. Vielleicht hatte er irgendwo in seinem blassen, aristokratischen Körper eine neurachemische Verdrahtung, aber für ihn konnte es sowieso kaum mehr als ein Accessoire sein. Und die Drogen machten ihn so langsam, dass es schon lächerlich war.
    Ich ließ ihn nach der Waffe greifen, ließ sie ihn halbwegs aus der Halterung unter dem Regalbrett ziehen. Dann versetzte ich seiner Hand einen Fußtritt, warf ihn mit einem Faustschlag aufs Autoformbett und trat auf das Modul. Kostbares Glas zersplitterte, die Papierpäckchen flogen durch die Luft, und das Regalbrett zerbrach. Die Waffe fiel zu Boden. Sah aus wie ein kompakter Monomolblaster, der große Bruder der GS Rapsodia, die ich unter meinem Mantel trug. Ich hob ihn auf, und als ich mich umdrehte, konnte ich Plex im letzten Moment davon abhalten, irgendeinen Alarmknopf an der Wand zu drücken.
    »Nicht.«
    Er erstarrte und blickte wie hypnotisiert auf die Waffe.
    »Setz dich! Dorthin!«
    Er ließ sich zurück aufs Bett sinken und hielt sich den Arm, wo ich ihm den Tritt verpasst hatte. Er konnte von Glück sagen, dachte ich mit einer Brutalität, die mir schon im nächsten Moment als Energieverschwendung vorkam, dass ich ihn nicht gebrochen hatte.
    Scheiße, ich hätte ihn verbrennen sollen oder so.
    »Wer?« Sein Mund bewegte sich tonlos. »Wer sind Sie? Sie sind nicht Hirayasu.«
    Ich legte eine Hand mit gespreizten Fingern aufs Gesicht und tat, als würde ich mit eleganter Bewegung eine Noh-Maske abnehmen. Deutete eine Verbeugung an.
    »Gut erkannt. Ich bin nicht Yukio. Obwohl ich ihn in der Tasche habe.«
    Er runzelte die Stirn. »Was, zum Teufel, soll das heißen?«
    Ich griff in meine Jackentasche und zog wahllos einen der kortikalen Stacks heraus. Es war gar nicht Hirayasus gelb gestreiftes Designermodell, aber Plex’ Gesicht war anzusehen, dass er die Geste verstanden hatte.
    »Scheiße. Kovacs?«
    »Gut geraten.« Ich steckte den Stack wieder ein. »Das Original. Lass dich nicht mit billigen Kopien ein. Falls du dich nicht zu deinem Sandkastenkumpel in meiner Tasche gesellen möchtest, schlage ich vor, dass du meine Fragen genauso beantwortest wie zuvor, als du noch gedacht hast, ich wäre er.«
    »Aber du.« Er schüttelte den Kopf. »Damit wirst du niemals durchkommen, Kovacs. Sie haben… Sie haben dich ins Boot geholt, um nach dir zu suchen.«
    »Ich weiß. Ihre Lage scheint ziemlich verzweifelt zu sein.«
    »Das ist nicht witzig, Mann. Er ist ein Scheißpsychopath. Sie zählen immer noch die Leichen, die er in Drava zurückgelassen hat. Echte Leichen. Stacks entfernt.«
    Ich verspürte einen kurzen Schock, aber das Gefühl war recht distanziert. Dahinter schwebte der kalte Schauder, den mir der Anblick von Anton und der Schädel-Bande in den Aufzeichnungen von Grabung 301 verursacht hatte. Kovacs war nach New Hok gegangen und hatte dort mit Envoy-Gründlichkeit aufgeräumt. Er hatte mitgenommen, was er brauchte. Mit logischer Konsequenz. Was er nicht brauchte, hatte er in rauchende Trümmer verwandelt.
    »Und wen hat er getötet, Plex?«
    »Ich… Ich weiß es nicht, Mann.« Er leckte sich über die Lippen. »Viele Menschen. Ihr ganzes Team, alle Leute, die sie…«
    Er verstummte. Ich nickte, die Lippen zusammengepresst. Distanzierte Trauer um Jad, Kiyoka und die anderen, verpackt und dorthin verfrachtet, wo sie

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