Heiliger Zorn
Misswirtschaft rauswerfen. Fünfzehn Prozent, okay?«
Ich zuckte die Achseln und streckte ihm wieder die geschlossene Faust hin. »Also gut, fünfzehn Prozent. Willst du die hier haben oder nicht?«
Er streifte meine Faust mit der Hand, nahm die Stacks mit klassischer Straßenfingerfertigkeit entgegen und steckte sie in die Tasche.
»Du bist ein verdammt harter Verhandlungspartner, Tak«, knurrte er. »Hat dir das schon mal jemand gesagt?«
»Das ist ein Kompliment, oder?«
Wieder knurrte er, diesmal wortlos. Stand auf und klopfte sich die Kleidung ab, als hätte er auf einem Erntedock gesessen. Als ich ebenfalls aufstand, steuerte der zerlumpte Mann mit der Schale auf uns zu.
»DeCom-Veteran«, murmelte er. »Wurde gebraten, als ich New Hok für das neue Jahrhundert sicher machte, Mann. Hab große Koop-Cluster ausgeschaltet. Sie könnten mir…«
»Nein, ich habe überhaupt kein Geld«, sagte Segesvar ungeduldig. »Sie können meinen Kaffee haben, wenn Sie wollen. Er ist immer noch warm.«
Er fing meinen Blick auf.
»Was? Ich bin ein Scheißgangster! Was hast du von mir erwartet?«
Draußen auf der Tang-Lagune stand eine mächtige Stille am Himmel. Selbst das Knurren der Turbinen des Skimmers wirkte minimiert und schien von der geleerten, flachen Landschaft und den aufgetürmten feuchten Wolken aufgesaugt zu werden. Ich stand an der Reling, das Haar vom Fahrttempo an den Kopf geklebt, und atmete den markanten Duft des rohen Belatangs ein. Die Lagune war völlig mit dem Zeug verstopft, und durch jedes Fahrzeug wurde es zur Oberfläche hochgewirbelt. Im Kielwasser ließen wir eine breite Spur aus zerfetzter Vegetation und grauen Schlammturbulenzen zurück, die eine gute Stunde brauchen würden, um sich wieder abzusetzen.
Zu meiner Linken saß Suzi Petkovski im Cockpit und steuerte das Gefährt mit einer Zigarette in der Hand, die Augen gegen den Rauch und das blendende Licht des bewölkten Himmel zusammengekniffen. Mikhail war auf dem anderen Steg und hing wie ein länglicher Ballastsack an der Reling. Er war die ganze Zeit schlecht gelaunt gewesen und hatte kaum etwas anderes getan, als sich wortreich darüber zu beklagen, dass er die Überfahrt mitmachen musste. Von Zeit zu Zeit kratzte er sich missmutig an den Anschlüssen im Nacken.
Eine verlassene Erntestation blitzte an Steuerbord auf. Sie bestand im Prinzip nur aus ein paar Ballonkammern und einem Landesteg aus geschwärztem Spiegelholz. Wir hatten bereits mehrere solcher Stationen gesehen, von denen einige noch in Betrieb waren. Sie waren beleuchtet und hatten große automatische Lastkähne beladen. Aber das war auf dem Streckenabschnitt in der Nähe von Newpest gewesen. Hier draußen trug die erstarrte kleine Industrieinsel nur dazu bei, das Gefühl der Trostlosigkeit zu verstärken.
»Der Tang-Handel läuft ziemlich schlecht, was?«, brüllte ich im Lärm der Turbinen.
Suzi Petkovski warf einen kurzen Blick in meine Richtung. »Haben Sie was gesagt?«
»Der Tang-Handel«, wiederholte ich schreiend und zeigte auf die Station, die hinter uns zurückfiel. »Läuft in letzter Zeit nicht gut, was?«
Sie zuckte die Achseln. »Unsichere Sache, bei den Schwankungen des Rohstoffmarkts. Die meisten unabhängigen Firmen wurden schon vor längerer Zeit rausgedrängt. Hier draußen betreibt KosUnity diese großen mobilen Flöße, die von der Ernte bis zur Verarbeitung alles an Bord machen. Ist schwierig, damit zu konkurrieren.«
Das war keineswegs eine neue Entwicklung. Vor vierzig Jahren, bevor ich weggegangen war, hätte man dieselben phlegmatischen Einschätzungen einer schwierigen Wirtschaftslage von den anderen Suzi Petkovskis dieser Welt gehört. Dasselbe wetternde, kettenrauchende Duldungsvermögen, dasselbe verbitterte Achselzucken, als wäre die Politik ein gewaltiges, launisches Tiefdruckgebiet, gegen das man nichts machen konnte.
Ich widmete mich wieder der Beobachtung des Himmels.
Nach einer Weile klingelte das Telefon in meiner linken Hosentasche. Ich zögerte kurz, zuckte gereizt und zog es schließlich heraus. Es summte immer noch, und ich drückte es ans Ohr.
»Ja?«
Das Raunen tauchte geisterhaft aus der elektronischen Stille auf, ein schwaches Flackern in der Dunkelheit wie von schwarzen Flügeln, die in der schweigenden Höhe schlugen. Die Andeutung einer Stimme, Worte, die flüsternd in mein Ohr wehten.
nicht mehr viel Zeit
»Ja, das hast du schon gesagt. Ich beeile mich schon, so gut es geht.«
kann sie nicht viel länger
Weitere Kostenlose Bücher