Heiliger Zorn
einmal, als ich zu stocken schien, gab er mir mit einer einzigen, behutsamen Geste zu verstehen, dass ich fortfahren sollte. Als ich schließlich fertig war, saß er eine Weile reglos da, und irgendwann nickte er.
»Sie sagen, sie hätte Ihnen Namen an den Kopf geworfen, als sie das erste Mal zurückkam.«
»Ja.« Das Envoy-Gedächtnis holte sie für mich aus den Tiefen der irrelevanten Erinnerungen hervor. »Odisej. Ogawa. Sie dachte, ich wäre einer ihrer Soldaten aus dem Tetsu-Batallion. Ein Teil der Schwarzen Brigade.«
»Aha.« Mit nichtssagender Miene wandte er den Blick ab. Sprach mit sanfter Stimme weiter. »Danke, Kovacs-san.«
Stille. Ich tauschte einen Blick mit Brasil. Der Surfer räusperte sich.
»Ist das schlecht?«
Koi atmete ein, als hätte ihm die Frage Schmerzen bereitet.
»Es ist nicht hilfreich.« Er sah uns wieder an und lächelte traurig. »Ich war in der Schwarzen Brigade. Das Tetsu-Batallion gehörte nicht dazu, es kämpfte an einer ganz anderen Front.«
Brasil zuckte die Achseln. »Vielleicht war sie verwirrt.«
»Ja, vielleicht.« Aber die Traurigkeit verließ seine Augen nicht.
»Und die Namen?«, fragte ich ihn. »Kennen Sie die?«
Er schüttelte den Kopf. »Ogawa ist im Norden kein ungewöhnlicher Name, aber ich glaube nicht, dass ich jemanden kenne, der so heißt. Nach dieser langen Zeit bin ich mir nicht sicher, aber da ist keine Resonanz. Und Odisej…« Ein Achselzucken. »Es gibt eine Kendo-sensei dieses Namens, aber ich glaube nicht, dass sie eine quellistische Vergangenheit hat.«
Wir saßen eine Weile schweigend am Tisch. Schließlich seufzte Brasil.
»Ah… Scheiße.«
Aus irgendeinem Grund schien dieser kleine Ausbruch Koi zu beleben. Er lächelte wieder, diesmal mit einem Schimmern in den Augen, das ich vorher nicht an ihm bemerkt hatte.
»Sie klingen entmutigt, mein Freund.«
»Ja, nun. Ich dachte wirklich, das wäre etwas. Ich dachte, wir würden es wirklich machen.«
Koi nahm die Teller und stellte sie auf dem Bord hinter sich ab. Seine Bewegungen waren geschmeidig und effektiv, und er redete, während er arbeitete.
»Wissen Sie, welcher Tag nächste Woche ist?«, fragte er geradezu beiläufig.
Wir beide sahen ihn verständnislos an.
»Nein? Wie ungesund. Wie leicht wir uns doch von unseren eigenen Sorgen einhüllen lassen, was? Wie leicht wir uns vom allgemeinen Gang des Lebens lösen, wie es von der Mehrheit gelebt wird.« Er beugte sich vor, um die letzten Reste des Geschirrs einzusammeln, die ich ihm hinüberreichte. »Vielen Dank. Nächste Woche, Ende nächster Woche, ist Konrad Harlans Geburtstag. In Millsport ist die Feier obligatorisch. Feuerwerk und Trubel ohne Gnade. Das Chaos spielender Menschen.«
Brasil kapierte schneller als ich. Seine Miene hellte sich auf. »Sie meinen…?«
Koi lächelte sanft. »Mein Freund, wie ich es sehe, könnte das tatsächlich etwas sein, wie Sie es recht kryptisch formuliert haben. Aber ganz gleich, ob es so ist, ich kann Ihnen jetzt sagen, dass wir es wirklich tun werden. Weil wir wirklich keine Wahl haben.«
Genau das wollte ich von ihm hören, aber ich konnte immer noch nicht glauben, dass er es gesagt hatte. Auf der Fahrt nach Süden hatte ich mir vorgestellt, dass ich Brasil und Vidaura auf meine Seite ziehen würde, vielleicht auch ein paar weitere der getreuen Neoquellisten, ungeachtet der Löcher in ihren Wunscherfüllungsphantasien. Aber Brasils Datenschrapnell-Geschichte, die Art, wie sie zu New Hok passte, und das Wissen, dass sie von jemandem kam, den ich kannte, der da gewesen war, die Begegnung mit diesem kleinen, selbstgenügsamen Mann und wie ernsthaft er sich mit seinem Garten und seinen Lebensmitteln beschäftigte – all das trieb mich an den schwindligen Rand der Überzeugung, dass ich nur meine Zeit vergeudete.
Die Erkenntnis, dass es nicht so war, hatte etwas beinahe genauso Schwindelerregendes.
»Denken Sie nach«, sagte Koi, und etwas schien sich in seiner Stimme verändert zu haben. »Vielleicht ist dieser Geist von Nadia Makita nicht mehr als das – ein Geist. Aber ist ein erwachter und rachsüchtiger Geist nicht genug? Hat es nicht bereits genügt, dass die Oligarchen in Panik geraten sind und die bindenden Abkommen mit ihren Marionettenspielern auf der Erde gebrochen haben? Wie können wir uns da noch entscheiden, es nicht zu tun? Wie können wir darauf verzichten, das Objekt ihres Schreckens und ihres Zorn nicht aus ihren Händen zu reißen?«
Ich tauschte einen weiteren Blick
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