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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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unheimlich genug, vermute ich. In dieser Version ist es ein schwerer Dreizack mit scharfen Spitzen.«
    »Hätte ihnen das Ding nicht auffallen müssen, als er es zurückließ?«
    »Halt die Klappe. Ebisu hört mit, wie sie schlecht über ihn reden, und schleicht sich wutschnaubend davon. Doch dann kehrt er in Gestalt eines schweren Sturms zurück, der das gesamte Dorf ausradiert. Alle, die nicht ertrinken, zieht er mit seinen Tentakeln in die Tiefe, wo sie eine Ewigkeit voller Todesqualen in der nassen Hölle erwartet.«
    »Reizend.«
    »Ja. Und mit ähnlicher Moral. Redet nicht hinter dem Rücken anderer Leute Schlechtes über sie, aber was viel wichtiger ist, traut auf keinen Fall diesen dreckigen fremdländischen Göttern aus dem Norden.« Mein Lächeln verlor sich. »Als ich das letzte Mal den Lauschenden Ebisu sah, war ich noch ein Kind. Er bewegte sich über das Meer auf das östliche Ende von Newpest zu und zerfetzte über Kilometer alle Ansiedlungen im Binnenland entlang der Lagunenküste. Er hat mir nichts, dir nichts hundert Menschen getötet. Die Hälfte der Tangfrachter im Binnenhafen ist abgesoffen, bevor irgendjemand sie sichern konnte. Der Wind packte die leichten Skimmer und warf sie in die Straßen, bis nach Harlans Park. In dieser Gegend ist der Lauschende Ebisu verdammt großes Pech.«
    »Für jemanden, der mit seinem Hund in Harlans Park spazieren geht…«
    »Ich meine es ernst, Todd. Wenn dieser Sturm wirklich kommt und dein aufgemethter Kumpel Vlad die Navigation nicht im Griff hat, kann es passieren, dass wir plötzlich mit dem Kopf nach unten hängen und Belatang zu atmen versuchen, bevor wir auch nur in Segesvars Nähe gekommen sind.«
    Murakami runzelte die Stirn.
    »Lass Vlad meine Sorge sein«, sagte er. »Du konzentrierst dich ganz auf die Ausarbeitung eines funktionierenden Angriffsplans.«
    Ich nickte.
    »Gut. Ein funktionierender Angriffsplan gegen die wichtigste haiduci-Festung auf der südlichen Hemisphäre, mit Teenager-Junkies als Stoßtrupp und einem hakenschlagenden Sturm als Deckung. Vor Sonnenaufgang. Klar. Kann nicht besonders schwierig werden.«
    Wieder ein kurzes Stirnrunzeln, dann lachte er plötzlich.
    »Wenn du es so darstellst, kann ich es kaum abwarten.« Er klopfte mir auf die Schulter und marschierte zum Hoverlader der Piraten hinüber. »Ich werde jetzt mit Vlad reden«, rief er mir zu. »Damit gehen wir in die Geschichte ein, Tak. Du wirst sehen. Ich habe dabei ein gutes Gefühl. Envoy-Intuition.«
    »Richtig.«
    Und draußen am Horizont rollte der Donner hin und her, als wäre er im engen Bereich zwischen Wolken und Boden gefangen.
    Ebisu war wegen seines Dreizacks zurückgekommen, und es gefiel ihm ganz und gar nicht, was er da gerade gehört hatte.

 
45
     
     
    Die Dämmerung war kaum mehr als ein ausgewaschener grauer Fleck über der aufgetürmten schwarzen Masse der Sturmfront, als Der Pfähler die Enterhaken löste und auf die Tang-Lagune hinaussteuerte. Bei Kampfgeschwindigkeit machte das Schiff so viel Lärm, dass es schien, als wollte es sich selbst in Stücke reißen, doch als wir in den Sturm hineingerieten, verblassten selbst die Geräusche unter dem Kreischen des Windes und dem metallischen Trommeln des Regens gegen die gepanzerten Flanken. Die vorderen Sichtluken der Brücke schienen im Wasser zu schwimmen, durch die leistungsfähige Scheibenwischer mit überstrapaziertem elektronischem Winseln pflügten. Nur undeutlich konnte man erkennen, wie das normalerweise träge schwappende Wasser der Lagune zu hohen Wellen aufgepeitscht wurde. Der Lauschende Ebisu erfüllte sämtliche Erwartungen.
    »Wie damals in Kasengo«, schrie Murakami mit nassem Gesicht und grinsend, als er sich durch die Tür hereinzwängte, die zum Beobachtungsdeck führte. Seine Kleidung tropfte. Hinter ihm brüllte der Wind, packte den Türrahmen und versuchte ihm nach drinnen zu folgen. Die Autoverriegelung schlug die Tür mit einem dumpfen Knall zu. »Die Sichtweite tendiert allmählich gegen null. Die Jungs werden erst merken, dass wir da sind, wenn es schon zu spät ist.«
    »Dann ist es völlig anders als Kasengo«, sagte ich gereizt, als ich mich erinnerte. Vor Schlafmangel brannten mir die Augen. »Diese Jungs haben uns erwartet.«
    »Ja, richtig.« Er wrang sich mit beiden Händen das Wasser aus dem Haar und schüttelte es von den Fingern auf den Boden. »Aber wir haben sie trotzdem fertig gemacht.«
    »Achte auf die Windrichtung«, sagte Vlad zu seinem Mann am Ruder.

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