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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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noch nie in Drava gemacht?«
    »Na ja, einmal schon.« Lazlo kratzte sich am Ohr. »Aber da hat mir Suki Bajuk mit einem Störsender geholfen.«
    Jadwiga schnaufte. »Diese kleine Schlampe.«
    »He, nur keine Eifersucht. Sie ist eine verdammt gute Kommando-DeCom. Sie hat die Zugangscodes wie nichts geschmiert, obwohl sie sich vorher tierisch die Birne weggeschossen hatte…«
    »Nach allem, was man hört, hat sie an dem Wochenende noch ein paar andere Sachen geschmiert.«
    »Mann, nur weil sie nicht…«
    »Ist sie hier?«, fragte ich laut. »Jetzt, auf dem Landkopf?«
    Lazlo verlegte sich wieder darauf, sich am Ohr zu kratzen. »Weiß nicht. Wir könnten es vielleicht rauskriegen, aber…«
    »Das würde ewig dauern«, erklärte Kiyoka. »Und davon abgesehen hat sie vielleicht keine Lust darauf, noch ein paar Codes zu schmieren, wenn sie erfährt, worum es hier geht. Dir einen kleinen Kick zu verschaffen ist eine Sache, Las. Aber sich Kurumayas Sperrbefehl zu widersetzen, sagt ihr vielleicht nicht so zu, falls du verstehst, was ich meine.«
    »Sie muss es nicht erfahren«, sagte Jadwiga.
    »Sei nicht so ein Miststück, Jad. Ich bringe Suki nicht in die Schusslinie, ohne…«
    Ich räusperte mich. »Was ist mit Oishii?«
    Alle wandten sich zu mir um. Orrs Stirn legte sich in Falten. »Vielleicht. Er und Sylvie sind seit uralten Zeiten befreundet. Sind gemeinsam als Frischlinge angeheuert worden.«
    Jadwiga grinste. »Er macht es auf jeden Fall. Wenn Micky ihn fragt.«
    »Wie bitte?«
    Plötzlich machte sich allgemeines Grinsen breit. Offenbar ein willkommenes Ventil für die steigende Anspannung. Kiyoka legte eine Hand über Mund und Nase und gluckste. Lazlo starrte vielsagend zur Decke. Halb unterdrücktes belustigtes Schnaufen. Nur Orr war zu wütend, um sich am Spaß zu beteiligen.
    »Ist dir in den letzten paar Tagen gar nichts aufgefallen, Micky?« Jadwiga reizte es bis zum Letzten aus. »Oishii mag dich. Ich will damit sagen, er mag dich wirklich.«
    Ich blickte meine Gefährten im überfüllten Raum an und versuchte, ebenso wenig amüsiert auszusehen wie Orr. In erster Linie war ich wütend auf mich selbst. Es war mir nicht aufgefallen, oder zumindest hatte ich die Anziehung nicht als das erkannt, worum es sich – Jadwiga zufolge – handelte. Für einen Envoy war das ein ernsthaftes Versagen beim Erkennen nutzbarer Vorteile.
    Ex-Envoy.
    Ja, vielen Dank.
    »Gut«, bemerkte ich gleichmütig. »Dann werde ich mal mit ihm reden.«
    »Ja«, antwortete Jadwiga und schaffte es, dabei keine Miene zu verziehen. »Frage ihn einfach, ob er dir gern zur Hand gehen würde.«
    Gelächter explodierte im Raum. Ein ungewolltes Lächeln zwang meine Mundwinkel auseinander.
    »Ihr Wichser.«
    Es nützte nichts. Das Gelächter wurde lauter. Auf dem Bett bewegte sich Sylvie und öffnete die Augen. Sie stützte sich auf einen Ellbogen und hustete keuchend. Das Lachen verklang so schnell, wie es ausgebrochen war.
    »Micky?« Ihre Stimme klang schwach und rau.
    Ich wandte mich zu ihr um. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich den giftigen Blick, den Orr auf mich abschoss. Ich beugte mich über Sylvie.
    »Ja, Sylvie. Ich bin hier.«
    »Worüber lacht ihr?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das ist eine gute Frage.«
    Sie umfasste meinen Arm mit dem gleichen Nachdruck wie in jener Nacht in Oishiis Lager. Ich wappnete mich innerlich für das, was sie als Nächstes sagen mochte. Stattdessen erschauerte sie nur und starrte auf ihre Finger, die sich in meinen Jackenärmel gruben.
    »Ich«, murmelte sie. »Es kannte mich. Es. Wie ein alter Freund. Wie ein…«
    »Lass sie in Ruhe, Micky.« Orr versuchte, mich beiseite zu drängen, aber Sylvies Griff um meinen Arm gab nicht nach. Sie blickte verständnislos zu ihm auf.
    »Was geht hier vor?«, wollte sie wissen.
    Ich warf dem Hünen einen Seitenblick zu.
    »Willst du es ihr sagen?«

 
13
     
     
    Die Nacht legte sich in breiten Streifen schneedurchwirkten Zwielichts über Drava, schmiegte sich wie eine fadenscheinige Decke um die zusammengekauerten Ballonkammern des Landkopfs und die höher liegenden kantigen Ruinen der Stadt. Die Mikro-Stürme kamen und gingen mit dem Wind und brachten dichtes Schneetreiben, das einem das Gesicht verklebte und in den Kragen drang, um dann wieder fortzuwirbeln und fast bis zur Unsichtbarkeit auszudünnen – und einen Augenblick später waren sie wieder da und tanzten durch die Lichtkegel der Angier-Lampen im Lager. Die Sichtverhältnisse schwankten, mal konnte man

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