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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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nahm unvermittelt einen in sich gekehrten Ausdruck an. Netzzeit. Er nickte leicht.
    »Sie lassen das Navigationssystem auf Bereitschaft laufen. Antriebs- und Systemüberprüfung in zweihundertzwanzig Sekunden. Wenn es so weit ist, solltet ihr im Wasser sein.«
    Sylvies Blick blieb leer, aber immerhin brachte sie etwas professionelles Interesse auf. Sie unterdrückte ein Husten.
    »Rumpfsicherheitssysteme?«
    »Sind aktiviert. Aber die Tarnanzüge dürften die Ortung größtenteils reflektieren. Und wenn ihr auf Höhe des Wasserspiegels seid, kann ich euch als Reißflügler ausgeben, die im Kielwasser nach leichter Beute suchen. Sobald der Testzyklus beginnt, klettert ihr in den Schacht. Ich lasse euch auf den internen Sensoren verschwinden, und die Navigationssysteme werden denken, dass sie die Reißflügler im Kielwasser verloren haben. Das Gleiche gilt, wenn du rauskommst, Lazlo. Also bleib im Wasser, bis das Schiff ein gutes Stück Richtung Meer gefahren ist.«
    »Großartig.«
    »Hast du uns eine Kajüte besorgt?«, fragte ich.
    Oishiis Mundwinkel zuckten. »Natürlich. Für unsere Flüchtlingsfreunde ist das Beste gerade gut genug. Die unteren Steuerborddecks sind größtenteils frei. S 37 gehört ganz euch. Einfach drücken.«
    »Wir müssen los«, zischte Lazlo. »Einer nach dem anderen.«
    Mit den gleichen versierten Blinzelfisch-Sprüngen, die ich auch in der Ungeräumten Zone bei ihm beobachtet hatte, huschte er aus der Deckung des Containers, war einen Moment lang auf dem Dock zu sehen, schwang sich geschmeidig über die Kaimauer und war wieder außer Sicht. Ich warf Sylvie einen Blick zu und nickte.
    Sie lief los – nicht so geschmeidig wie Lazlo, aber mit einem Widerhall derselben Eleganz. Ich glaubte, dieses Mal ein leises Platschen zu hören. Ich gab ihr fünf Sekunden Vorsprung, dann folgte ich, lief über den in Schneegestöber gehüllten offenen Platz, bückte mich, packte die oberste Sprosse der Inspektionsleiter und kletterte eilig in den chemischen Gestank der Flussmündung hinab. Als ich bis zur Hüfte im Wasser war, stieß ich mich nach hinten ab.
    Trotz des Tarnanzugs und der Kleidung, die ich darüber trug, durchfuhr mich beim Eintauchen ein markerschütternder Schock. Die Kälte stach durch alle Schichten, umklammerte mich an Leisten und Brustkorb und presste mir die Luft zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Die Gekko-Zellen in meinen Handflächen ließen ihre winzigen Dornen hervorzucken. Ich nahm einen tiefen Atemzug und blickte mich im Wasser nach den anderen um.
    »Hier!«
    Lazlo winkte mir von einem gewellten Stück Kaimauer aus zu, wo er und Sylvie sich an einem rostigen Prallfeldgenerator festhielten. Ich glitt durchs Wasser auf sie zu und hielt mich mit den gentechnisch modifizierten Händen direkt am Beton fest. Lazlo schnappte nach Luft und klapperte mit den Zähnen.
    »Bewwwegt euch Rrrichtttung Heckkk und tttretet zwischen Kai und Rrrumpf Wasser. Ihr wwwerdet die Schächttte sehen. Schluckkkttt kkkein Wasser, ja?«
    Wir tauschten ein angespanntes Grinsen und schwammen los.
    Es war harte Arbeit, gegen körperliche Reflexe anzuschwimmen, die nichts lieber tun wollten als sich fest gegen die Kälte zusammenzurollen und zu bibbern. Wir hatten noch nicht einmal die halbe Strecke hinter uns, als Sylvie zurückfiel und wir umkehren mussten, um sie zu holen. Ihr Atem ging stoßweise, sie hatte die Zähne zusammengebissen und rollte mit den Augen.
    »Halttte esss nnnicht dddurch«, keuchte sie, während ich mich im Wasser umdrehte und Lazlo mir dabei half, sie auf meinen Brustkorb zu heben. »Erzählttt mir nnnicht, dass wir gewi-wi-winnen, wwwas gewwwinnen wwwir hier?«
    »Wird schon«, quetsche ich zwischen verkrampften Kiefermuskeln hervor. »Halt durch. Las, schwimm weiter.«
    Er nickte ruckartig und zog in langen Stößen davon. Ich folgte ihm schwerfällig mit der Last auf meinem Brustkorb.
    »Scheiße, haben wir keine andere Wahl?«, stöhnte sie, kaum lauter als ein Flüstern.
    Irgendwie brachte ich uns beide zum hoch aufragenden Heck der Aufgang des Daikoku, wo Lazlo auf uns wartete. Wir paddelten in den Spalt zwischen dem Rumpf des Hovers und dem Dock, und ich legte eine Hand an den Beton, um mich abzustützen.
    »Wwweniger alsss eine Nnnnnuttte«, sagte Lazlo, wahrscheinlich, nachdem er auf seine Netzhaut-Zeitanzeige gesehen hatte. »Hofffen wwwir, ddass Oishii sssich vernü-nünftttig einge-ge-loggt hhat.«
    Der Hoverlader erwachte zum Leben. Zuerst war ein tiefes

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