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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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an.«
    »Machen wir.« Eine lange, von Statik durchsetzte Pause. »He, Micky, du passt gut auf sie auf, ja?«
    Ich grunzte. »Nein, ich werde sie gleich skalpieren und den freien Speicherplatz an einen Datenhändler verscherbeln. Was denkst du denn?«
    »Ich weiß, dass du…« Eine neue Welle von Störgeräuschen erstickte seine Stimme. »… wenn nicht, bring sie zu jemandem, der ihr helfen kann.«
    »Ja, daran arbeiten wir gerade.«
    »… Millsport?«
    Ich riet, was er meinte. »Ich weiß nicht. Bis jetzt jedenfalls nicht.«
    »Wenn es nötig ist, Mann.« Seine Stimme wurde langsam leiser, von der Entfernung geschwächt und den Störsignalen zerhackt. »Was auch immer nötig ist.«
    »Las, ich verliere dich. Ich muss jetzt gehen.«
    »…en an, Micky.«
    »Ja, du auch. Ich bleibe in Kontakt.«
    Ich unterbrach die Verbindung, nahm das Telefon vom Ohr und wog es in der Hand. Eine ganze Weile starrte ich aufs Meer hinaus. Dann holte ich ein neues Telefon aus der Packung und wählte eine Nummer aus einer jahrzehntealten Erinnerung.
     
    Wie viele andere Städte auf Harlans Welt hing auch Tekitomura an den Ausläufern einer Bergkette, deren untere Hälfte unter dem Meeresspiegel lag. Baugelände war rar. Zur gleichen Zeit, als die Erde sich für die Pleistozän-Eiszeit bereitgemacht hatte, war es auf Harlans Welt offenbar zu einem rapiden Klimawechsel in die andere Richtung gekommen. Die Pole waren bis auf ein paar zerklüftete Überbleibsel abgeschmolzen, und der Ozean war gestiegen, um alle bis auf zwei Kontinente des kleinen Planeten zu überfluten. Zu den Opfern des darauffolgenden Massenaussterbens gehörte eine recht vielversprechende Spezies stoßzahnbewehrter Küstenbewohner, die, wie sich aus einigen Spuren schließen ließ, rudimentäre Steinwerkzeuge, Feuer und eine Religion auf Grundlage des komplizierten Gravitationstanzes der drei Monde um Harlans Welt entwickelt hatten.
    Offenbar hatte das nicht gereicht, um sie zu retten.
    Die marsianischen Kolonisten schienen bei ihrem Eintreffen keine Probleme mit dem begrenzten Raum gehabt zu haben. Direkt auf dem Gestein der steilsten Berghänge hatten sie ausgefeilte, hoch aufragende Horste errichtet und die kleinen Knubbel und Simse flachen Landes auf Meereshöhe größtenteils ignoriert. Eine halbe Million Jahre später waren die Marsianer fort, aber die Ruinen ihrer Horste hatten die Zeiten überdauert, sodass die Menschen als neue Kolonisten sie begaffen und ansonsten weitgehend in Ruhe lassen konnten. Mithilfe von Astrogationskarten, die man in den verlassenen Städten auf dem Mars ausgegraben hatte, war die Menschheit bis hierher gelangt, aber danach waren wir auf uns gestellt gewesen. Die flügellosen Menschen, denen der größte Teil ihrer Luftfahrttechnologie von den Orbitalen versagt wurde, begnügte sich mit konventionellen Städten auf den beiden Kontinenten, einer über mehrere Inseln wuchernden Metropole im Herzen des Millsport-Archipels und kleinen, strategisch platzierten Häfen, die die Verbindungen aufrechterhielten. Tekitomura war ein zehn Kilometer langer Streifen dicht bebauten Ufers, der so weit ins Inland reichte, wie es die dräuenden Berge erlaubten, und schließlich ausdünnte und abriss. Von einem zerklüfteten Vorberg starrte die Zitadelle finster auf die Stadt herab. Ihre Höhenlage sollte wahrscheinlich Nähe zum quasimythischen Status einer marsianischen Ruine vermitteln. Weiter hinten führten die schmalen Bergpfade, die von archäologischen Teams aus dem Fels gesprengt worden waren, hinauf zum Original.
    An den Ausgrabungsstätten bei Tekitomura arbeiteten keine Archäologen mehr. Die Zuschüsse für alles, was sich nicht damit befasste, das militärische Potenzial der Orbitale zu knacken, waren auf ein Minimum herabgesetzt worden, und die Gildenmeister, die nicht mit Militärkontrakten ausgelastet waren, hatten sich längst per Hypercast ins Latimer-System abgesetzt. Einige verbliebene und größtenteils selbstfinanzierte wilde Talente hielten noch ein paar vielversprechende Ausgrabungsstätten in der Nähe von Millsport und weiter südlich in Gang, aber an den Hängen von Tekitomura waren die Lager der Archäologen leer und verlassen, genauso wie die knochigen marsianischen Türme, neben denen man sie errichtet hatte.
    »Klingt zu gut, um wahr zu sein«, sagte ich, während wir uns bei einem Straßenstand am Hafen mit Verpflegung eindeckten. »Bist du dir sicher, dass wir uns den Platz nicht mit einem Haufen turtelnder Teenager

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