Heiliger Zorn
eine Stelle an der Innenseite ihres Schenkels. Dann griff sie herüber und drückte meinen geschrumpften Schwanz. Ich nahm ihre Hand und schob sie behutsam beiseite.
»Vergiss es, Nadia. Ich bin leer. Selbst Mitzi Harlan könnte heute Nacht keinen Steifen mehr aus mir rausholen. Zeit zu reden. Also, wo ist Sylvie Oshima?«
Sie wandte sich ab.
»Bin ich vielleicht für die Frau verantwortlich?«, fragte sie verbittert. »Glaubst du vielleicht, dass ich die Kontrolle über das hier habe?«
»Möglicherweise nicht. Aber du musst zumindest irgendeine Vorstellung haben.«
Wieder Schweigen, diesmal angespannt. Ich wartete. Schließlich drehte sie sich um und sah mich mich an. Verzweiflung stand in ihren Augen.
»Ich träume diese beschissene Oshima, ist dir das klar?«, zischte sie. »Sie ist ein Scheißtraum, wie soll ich also wissen, wohin sie geht, wenn ich aufwache?«
»Offenbar träumt sie auch dich.«
»Soll ich mich deshalb vielleicht besser fühlen?«
Ich seufzte. »Erzähl mir, was du träumst.«
»Warum?«
»Weil ich dir, verdammt noch mal, helfen will, Nadia.«
Ihr Blick flackerte.
»Na schön«, antworte sie scharf. »Ich träume, dass du ihr Angst machst. Warum? Ich träume, dass sie sich fragt, was, zum Teufel, du mit den Seelen so vieler toter Priester vorhast. Dass sie sich fragt, wer dieser beschissene Micky Dusel wirklich ist und ob es in seiner Umgebung sicher ist. Ob er sie bei der nächsten Gelegenheit ficken wird, ohne sie zu fragen. Oder ob er sie einfach fickt und dann verlässt. Wenn du darüber nachgedacht hast, deinen Schwanz in diese Frau zu stecken, Micky, oder wie auch immer du wirklich heißt, vergiss es. Mit mir bist du besser dran.«
Ich gab ihren letzten Worte eine Weile, um in der Stille zu versickern. Sie lächelte schief.
»War es das, was du hören wolltest?«
Ich zuckte die Achseln. »Reden wir einfach weiter. Hast du sie zum Sex getrieben? Um wieder an die Oberfläche zu kommen?«
»Das wüsstest du wohl gerne.«
»Wahrscheinlich könnte ich einfach sie fragen.«
»Vorausgesetzt, sie kehrt zurück.« Sie lächelte erneut, wobei sie diesmal mehr Zähne zeigte. »Darauf würde ich mich an deiner Stelle nicht verlassen.«
Und so ging es weiter. Eine Weile spielten wir uns noch bissige Bemerkungen zu, aber unter dem Gewicht der postkoitalen Chemie zwischen uns führte das Ganze zu nichts. Schließlich gab ich auf und setzte mich auf die Bettkante, den Blick auf die in Hoteis Licht getauchten Bodenfliesen im Wohnzimmer gerichtet. Ein paar Minuten später spürte ich ihre Hand auf meiner Schulter.
»Tut mir Leid«, sagte sie leise.
»Ja? Was genau?«
»Mir ist nur gerade bewusst geworden, dass ich darum gebeten habe. Ich meine, ich habe dich gefragt, was du gerade denkst. Wenn ich es nicht wissen wollte, hätte ich auch nicht fragen müssen, oder?«
»Da ist was dran.«
»Es ist nur…« Sie zögerte. »Hör mal, Micky. Ich werde langsam müde. Und ich habe eben gelogen – ich habe keine Ahnung, ob oder wann Sylvie Oshima zurückkommt. Ich weiß nicht, ob ich morgen aufwachen werde oder nicht. Das ist doch Grund genug, etwas angespannt zu sein, oder?«
Ich starrte auf den orange gefleckten Boden im Nebenzimmer. Ein kurzes Schwindelgefühl kam und verging. Ich räusperte mich.
»Es gibt immer noch die Amphetamin-Cola«, sagte ich heiser.
»Nein. Früher oder später muss ich schlafen. Dann kann es genauso gut jetzt sein. Ich bin müde, und noch schlimmer ist, dass ich mich glücklich und entspannt fühle. Ich glaube, wenn ich gehen muss, dann ist das ein guter Moment. Ich weiß, dass es nur Biochemie ist, aber ich kann mich nicht ewig dagegen wehren. Und ich denke, dass ich zurückkomme. Irgendetwas sagt es mir. Aber im Moment weiß ich nicht wann, und ich weiß auch nicht, wohin ich gehe. Und das macht mir Angst. Könntest du…« Sie hielt erneut inne. In der Stille hörte ich, wie sie leise schluckte. »Würde es dir etwas ausmachen, mich zu halten, während ich abtauche?«
Orangefarbenes Mondlicht auf einem abgenutzten, fleckigen Fußboden.
Ich griff hinter meinem Rücken nach ihrer Hand.
Wie die meisten Kampfmodelle, die ich bisher getragen hatte, war auch der Eishundo mit einem internen Wecksystem ausgestattet. Um die Zeit, die ich in Gedanken festgelegt hatte, verdichteten sich die Träume, die ich gerade hatte, zu einem tropischen Sonnenaufgang über ruhiger See. Von irgendwo trieb der Geruch von Obst und Kaffee herbei, und fröhliches
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