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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie, als wolle sie damit ausdrücken: Dummer Junge, wie kannst du fragen!
    Aber Heinz lächelte nur.
    »Ob zweiundzwanzig Jahre oder nicht – nicht jeder hat mit zweiundzwanzig Jahren einen Freund.«
    »Sie haben von einem Kuß gesprochen, nicht von einem Freund.«
    »Das kommt auf das gleiche heraus!«
    »Ach nein! Sie meinen, daß ein Mann, der mir einen Kuß gibt, auch mein Freund sein muß?«
    »Nachzufühlen wäre es ihm, und zu beneiden wäre er auch – der Glückliche«, sagte Heinz trocken. »Sie haben also keinen Freund, den ich zu fragen brauche?«
    »Wieso zu fragen? Was sollten Sie meinen Freund, wenn ich einen hätte, auch schon fragen?«
    »Ob ich Ihnen einen Kuß geben darf!«
    Vor Aufregung vergaß Hilde rot zu werden. Jetzt mußte es kommen; jetzt würde er seine Maske fallen lassen; jetzt würde er so sein, wie sie es sich dachte. Aber er sollte etwas erleben! Sie war kein Mädchen, das man nimmt und wieder wegschleudert! Vor Nervosität konnte sie schon die Beine nicht mehr richtig setzen und wäre beinahe gestolpert, hätte Heinz sie nicht aufgefangen. Dabei kam sein Mund ganz nahe an ihr Gesicht. Hilde schloß die Augen … jetzt mußte er es wagen, jetzt entschied sich alles!
    Aber es geschah überhaupt nichts. Heinz richtete sie wieder auf und trottete weiter. Hilde sah ihn groß von der Seite an. War er aus Stein oder spielte er mit ihr? War alles nur Komödie oder eine weise Berechnung, um sie mürbe zu machen? O lieber Heinz, da kannst du lange warten! Ob er vielleicht einen ganz tollen Plan hatte? So genau weiß man das nie bei den Männern!
    Aber Heinz Wüllner blickte nur kurz zur Seite und sagte: »Kann doch möglich sein, daß ich Sie einmal küsse!«
    »Da hätte mein Freund wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden«, protestierte Hilde.
    »Sie haben doch keinen Freund, wie ich soeben erfuhr.«
    »Er ist groß und stark und eifersüchtig für drei! Wenn er hier wäre, würden Sie davonlaufen vor Angst.«
    »Wirklich?« fragte Heinz frech, faßte Hilde plötzlich kräftig um die Schultern, zog den blonden Lockenkopf zu sich herüber und drückte auf die vor Erregung zitternden Lippen einen langen Kuß. Dann ließ er sie los und trottete weiter, so als sei überhaupt nichts geschehen. Hilde schwankte hin und her. Sollte sie ihm jetzt eine Ohrfeige geben? Dann war er vielleicht beleidigt, und das schöne Abenteuer war, kaum begonnen, schon zu Ende. Oder sollte sie gleichgültig darüber weggehen, dann würde er zu weiteren Angriffen ermutigt. Lächelte sie, so erklärte sie sich damit einverstanden. War sie ernst, so mußte er denken, sie sei kühl und interesselos. Oh, es war schwer, sich in dieser Lage zurechtzufinden. Aber während sie noch darüber nachgrübelte, machte ihr Heinz Wüllner einen dicken Strich durch alle Überlegungen. Einen so dicken Strich voller Frechheit und Anmaßung, daß es Hilde fast den Atem verschlug. Er sagte nämlich, ohne auch nur für einen Moment stehenzubleiben:
    »So. Das war ein Kuß! Jetzt kann Ihr Freund kommen.«
    Hilde überlegte nun ernsthaft, ob sie nicht doch lieber eine gewaltige Ohrfeige anbringen und dann türmen sollte. Doch da standen sie schon vor dem Portier eines anderen Nachtlokals, der Heinz mit einer tiefen Verbeugung begrüßte.
    »Hier laßt uns einkehren«, rief Wüllner übermütig und klopfte dem Portier auf die betreßte Schulter. »Wie ist es, alter Freund und Charon in das Reich der Gelüste – spielt heute die Schar der Musen auf zum Tanz um das goldene Kalb?«
    »Sie sind zur richtigen Zeit gekommen, Herr Wüllner«, brummte der Alte. »Gestern haben wir – im Vertrauen …« Heinz steckte ihm ein Geldstück zu. »Danke! … Im Vertrauen – eine Fuhre Wein aufgekauft. Direkt vom Rhein! Ein prima Tropfen!«
    »Habe ich zuviel versprochen?« wandte er sich an Hilde. »Und jetzt wird getanzt, mit oder ohne Freund, grollend oder lachend … darf ich bitten, Aphrodite?« Und er zog sie durch die Drehtür in das spiegelnde Foyer.
    Anscheinend fühlte er sich in diesem Lokal wie zu Hause; er führte Hilde durch die breite Glastür in einen großen, im venezianischen Stil gehaltenen Raum, der – mit Teppichen bedeckt – drei Stufen tiefer lag als der Vorraum. Aber Wüllner ging an den freien Tischen, die vereinzelt in dem von Zigarettenqualm erfüllten Saal standen, vorbei und steuerte mit großen Schritten eine Tür im Hintergrund an. Hilde betrachtete erstaunt die fremde Umgebung und die geschminkten Frauen im mehr oder

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