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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Körper schien sich aufzulösen im Gefühl eines unendlichen Glücks.
    Heinz, der seinen Kopf an ihre Wangen gelegt hatte, atmete den Duft ihres Körpers und flüsterte ihr zärtlich zu:
    »Wenn der Mond am Himmel wandert
und der Sterne Pracht erglüht,
sing ich dir mit meiner Laute
meiner Seele liebstes Lied …
    Träume von der Zukunft Blüte,
denk ein wenig auch an mich,
der sein Herz an dich gebunden,
der dir sagt: ich liebe dich.«
    »Mein Hein …«, flüsterte sie, »mein dummes, wildes Schnöselchen …« Und sie küßte seine Augen, seine Hände.
    Da riß er sich los, umfaßte ihren Leib, preßte sie fest an sich und trug sie zum Schlafzimmer, als gerade der Mond sich eine Wolke über das Gesicht zog und still weiterwanderte auf seiner unendlichen Bahn.

5
    Am anderen Morgen brauchte Heinz beim Erwachen erst ein paar Minuten, um sich zu vergewissern, wo er überhaupt lag.
    Er sah ein kleines Schlafzimmer mit spanischen Wänden, ein schräges Dach über sich, eine kleine Waschkommode in der Ecke, eine Wäschetruhe, ein Bücherbrett mit Kant, Nietzsche, Fichte, Schopenhauer und Schelling, und vor sich, über eine Stuhllehne gelehnt, ein Mädchenkleid.
    Er blickte zur Seite und sah aus den Kissen einen wirren, blonden Schopf hervorragen, unter dem sich die Bettdecke im gleichmäßigen Rhythmus des Atmens auf und ab bewegte. Eine kleine Hand schaute an der Seite heraus. Unvermutet dehnte sich der junge weibliche Körper, der dazugehörte, bäumte sich auf, warf sich mit einem tiefen Seufzer herum – und dabei verschob sich die Bettdecke und gab den Blick frei auf das nackt daliegende Mädchen.
    In diesem Augenblick überkam Heinz Wüllner eine seltsame Rührung, wie er sie noch nie empfunden hatte. Es fiel ihm schwer, sich wieder zu fangen. Behutsam stand er auf und schlich ins Atelier.
    Bei einem Blick auf die Uhr erschrak er und zog sich in aller Eile an.
    Es war halb elf – um elf Uhr hatte er eine Verabredung im Ministerium, um sich weitere Anweisungen für seinen Propagandaeinsatz zu holen. Schnell, aber sehr leise, wusch er sich, schrieb er Hilde auf einem ausgerissenen Notizbuchblatt, daß er zur Wilhelmstraße müsse und daß sie ihn dort um ein Uhr abholen könnte. Andernfalls komme er zurück in ihre Wohnung.
    Dann öffnete er sacht die Tür, schlich sich auf Zehenspitzen hinaus, zog sie hinter sich zu, schlüpfte in seinen Ulster und eilte die Treppen hinab.
    Eine Viertelstunde später stand er vor Ministerialrat Dr. Elbers.
    Obwohl Heinz Wüllner nur äußerst widerwillig und mit einer geradezu körperlichen Abneigung in das sogenannte Reichspropagandaministerium ging, weil er Goebbels als den Schlimmsten dieser nationalsozialistischen Verbrecherclique betrachtete, die das deutsche Volk mit einem teuflischen Fanatismus in den Abgrund führte – empfand er merkwürdigerweise für Ministerialrat Dr. Elbers so etwas wie Sympathie. Das lag offenbar nicht nur an den rein menschlichen Qualitäten, sondern auch daran, daß Elbers dem herrschenden Regime trotz seiner Stellung mehr als reserviert gegenüberstand. Möglicherweise unterstützte er sogar heimlich die Widerstandsbewegung. Es gab dafür eine Reihe von Indizien. Vor allem das eine Indiz: Man konnte mit ihm offen sprechen und Kritik üben, ohne verhaftet zu werden.
    Elbers war ein ergrauter Fünfziger mit einer goldgefaßten Brille. Nach Worten der Begrüßung und einleitendem unverbindlichem Geplauder lehnte er sich in seinem Sessel zurück, schob Wüllner eine halbgefüllte Schachtel Zigaretten zu und blickte nachdenklich auf das große Führerbild an der Seitenwand des Zimmers.
    »Was ich noch sagen wollte, lieber Wüllner – Ihre Berichte sind mir ein wenig zu zart. Das heißt, zart ist nicht der richtige Ausdruck – ich vermisse in allen Artikeln den Glauben an den Endsieg.«
    »An der Front ist dieser Glaube nachhaltig erschüttert«, erwiderte Wüllner. »Wer den Rückzug im Osten …«
    Elbers schnitt ihm die Rede mit einer Handbewegung ab.
    »Ich weiß, ich weiß – man wird skeptisch. Aber man darf das als Propagandamann nicht zeigen.«
    Wüllner rauchte in hastigen Zügen.
    »Wissen Sie denn Genaueres über den Sieg? Haben wir neue Waffen? Ist die Luftwaffe voll einsatzfähig? Wie wirkt sich der U-Boot-Krieg aus? Wie hält Deutschland in der Ernährung durch? Was erreicht die deutsche Außenpolitik, vor allem in der Türkei? – Das alles muß erst geklärt werden, ehe ich sagen kann: Deutsches Volk, wir gewinnen diesen Krieg …

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