Heimlich
DeVries und die gewalttätigen Hasse und Lars Berglund.
Piet war ein romantischer Intellektueller und glühender Verehrer von Beethoven. Er liebte Juwelen und legte das Geld, das die Bande bei ihren Einbrüchen zusammenraffte, in Diamanten und Rubinen an, die er dann mit kleinem Gewinn an der Rohstoffbörse verkaufte. Ein paar Juwelen behielt er immer für sich. Er sehnte sich danach, ein Juwelendieb zu sein - wegen der Romantik und wegen des Profits -, und er plante einen gewalttätigen Überfall auf eine ältliche, juwelenbehangene Matrone aus Chicago, von der bekannt war, daß sie ohne Begleitung die Oper besuchte. Sein Bruder Karl und Lars Berglund sollten den Coup ausführen. Es war das Jahr 1909, und der Erlös aus dem Raub sollte sie leicht ihr Ziel von fünfundzwanzigtausend Dollar erreichen lassen.
Die Frau benutzte für ihre Fahrten von und nach Hause eine Pferdekutsche. Die Männer warteten unter der Treppe ihres Stadthauses auf der nahe gelegenen North Side und waren mit Revolvern bewaffnet. Als sie anhielt und der Kutscher ihr die Treppe hoch half, sprangen Karl und Lars aus ihrem Versteck hervor in der Erwartung, ihr Opfer mühelos zu überwältigen. Der Kutscher schoß ihnen mit einer maßgefertigten, sechsschüssigen Derringer aus nächster Nähe ins Gesicht.
Die drei überlebenden Mitglieder der Berglund-DeVries-Bande flohen gemeinsam nach St. Paul in Minnesota, mit achtzehntausend Dollar in bar und Juwelen. Hasse Berglund wollte Piet DeVries töten. Betrunken versuchte er es eines Nachts. Willem Berglund ging dazwischen und schlug Hasse mit einem bleischweren Stock bewußtlos. Hasse erlitt irreparable Hirnverletzungen, und Willem war außer sich vor Schuldgefühlen. Um Willems Schuldgefühle zu mildern, steckte Piet den jetzt wieder kindlichen Hasse in ein Heim, und zahlte dem Heimleiter zweitausend Dollar, damit er ihn für immer behielte.
Wohin sollten zwei Einwanderer gehen, der eine Norweger, der andere Holländer, mit sechzehntausend Dollar in der Tasche, ohne Frauen und Kinder, und vor allem - ohne Land? Ihr Traum war eine Farm für Milchprodukte, aber zu dem Zeitpunkt war das unmöglich. Mit sechzehntausend Dollar konnten sie sich keine zwei Farmen kaufen, und gemeinsamer Besitz kam nicht in Frage - die zwei Männer waren durch vergossenes Blut miteinander verbunden, aber unter diesem Bund schwelte der Haß. Also wanderten sie, ernährten sich von den Früchten des Landes und ließen sich durch Minnesota und Wisconsin treiben, bis sie 1910 in einer kleinen Stadt landeten, die dreißig Meilen östlich vom Lake Geneva inmitten eines riesigen Kohlfeldes lag.
Sie heirateten die ersten Mädchen aus ihren Heimatländern, die nett zu ihnen waren: Willem Berglund heiratete Anna Nyborg aus Oslo, siebzehn Jahre alt, groß und blond und von gebrechlichem Körperbau, ein Gesicht von kameenhafter Lieblichkeit. Piet DeVries heiratete Mai Hendenfelder, die Tochter eines bankrotten Schiffsmagnaten aus Rotterdam, weil sie Brahms und Beethoven liebte, einen schönen, üppigen Körper hatte und kochen konnte.
1910 hatte man in Tunnel City Kohl, aber man trachtete auch nach dem Höchsten, mit dem man in Wisconsin Handel treiben konnte: Käse. Piet DeVries, 37jähriger Farmarbeiter aus Holland, und Willem Berglund, 39jähriger Bankangestellter und Teilzeit-Milchmann aus Norwegen, wollten sich mit nichts weniger zufriedengeben als einem Herzogtum aus Molkereiprodukten. Mit ihren erschöpften Geldmitteln mußten sie jedoch widerwillig nach anderen Möglichkeiten Ausschau halten.
Das Land hatte das letzte Wort - riesige Flächen wurden von reichen Käsefarmern aufgekauft, Flächen, die sich bis zum Lake Geneva erstreckten, Flächen, deren Erdtemperatur und Konsistenz sich jedoch als völlig ungeeignet erwiesen, Milchkühe in großer Zahl darauf weiden zu lassen. Aber es war wunderbare Erde, um Kohl darauf anzubauen.
Also reihten sich Piet DeVries und Willem Berglund widerwillig ein, hauten ihre sechzehntausend Dollar auf den Kopf und kauften Kohlfelder, zwei angrenzende Landparzellen, die nur durch eine staubige Landstraße getrennt waren.
Der Kohl brachte ihnen bescheidenen Wohlstand, und das Familienleben brachte ihnen - zunächst - bescheidenes Glück. Willem und Anna hatten bald Zwillingssöhne, Will und George; während Piet und Mai Marcella und John zeugten, die zwei Jahre auseinander waren.
Willem spielte Schach mit sich selbst und lief bis zur Erschöpfung die Landstraßen entlang. Piet brachte
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