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Heimweh nach dem Ort, an dem ich bin

Heimweh nach dem Ort, an dem ich bin

Titel: Heimweh nach dem Ort, an dem ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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regnete noch immer mit Macht.
    Nachdem ich noch ein Holzscheit ins Feuer gelegt hatte und mich
aufrichtete, sah sie mich forschend an.
    »Rückenschmerzen?«
    »Immer«, sagte ich, »ich sitze zu viel.«
    »Dagegen kann man was tun.«
    »Ich weiß, schwimmen.«
    »Jetzt ist aber gut. Ich weiß ja, dass ich ein bisschen blöd bin,
ohne Schlüssel rauszulaufen, aber meinen Trick, den See für mich zu haben,
lasse ich mir nicht als Dummheit anrechnen.«
    »Nein, Sie haben recht. Der Trick ist schlau.«
     
    ˜
     
    Der Mann vom Schlüsseldienst stand mit fragend mürrischem
Gesicht vor der Tür, anscheinend leuchtete ihm das Problem nicht ein, da ich
ihm doch öffnen konnte.
    »In der Nachbarschaft«, sagte ich und trat zur Seite, damit Frau
Seelig, jetzt wieder mit dem Regenmantel über den Schultern, an mir vorbeikonnte.
Die beiden stiegen in seinen kleinen Kastenwagen und fuhren los.
    Eigentlich wollte ich weiterarbeiten an meinen Notizen und
Bruchstücken, aber die Vorstellung von Carmen Seelig als präraffaelitischer Nymphe,
die sich durchs grüne Wasser schlängelt, ging mir nicht aus dem Kopf. Also saß
ich nur im Sessel und starrte ins Feuer. Und hörte dem Regen vor dem Fenster
zu.
    Und da war noch was. Ein lang gezogenes Miauen. Isso stand vor der
Terrassentür, genauso patschnass wie vorher Carmen Seelig, nur dass sie noch
viel bedauernswerter aussah. Als wäre sie um mehr als die Hälfte ihres Umfangs
abgemagert.
    »Komm rein«, sagte ich, als ich die Tür offen hatte, und sie flitzte
mit erstaunlichem Tempo ins Zimmer und sprang direkt auf den Sessel.
    »Jemineh, du siehst aus, als wäre nur noch ein Drittel von dir
übrig. Soll ich dich abtrocknen?«
    »Mach ich selber, danke.«
    Jetzt war alles so, wie ich es mir heute Morgen erträumt hatte, der
Regentag mit Katze, das Knistern des Kamins, das Putzgeräusch von Issos Zunge
auf ihrem Fell, das Rauschen des Regens, der nie mehr aufhören zu wollen
schien. Mein Idyll war komplett.
    Ich legte mich aufs Sofa, nachdem ich noch ein Scheit ins Feuer
gelegt hatte, und ließ Carmen Seelig ein wenig in meinem Kopf hin und her
schwimmen. Dann schlief ich ein.
     
    ˜
     
    Und erwachte von Issos Schnurren ganz nah an meinem
Gesicht. Sie hatte sich auf meine Brust gelegt, eine Pfote an meinem Hals.
    Netterweise ließ sie ihre Krallen drin. Ich schlief wieder ein.
     
    ˜
     
    Und erwachte vom Klingeln des Telefons. Niemand hatte
meine Nummer, niemand wusste, dass ich hier war, es konnte nur Frau Seelig
sein, also nahm ich ab und meldete mich mit »Hallo«.
    »Haben Sie vielleicht Wäsche, die ich mitwaschen soll? Wäre grade
günstig.«
    »Sie waschen jetzt aber nicht meine Hose und das Hemd, oder? Nach
zwanzig Minuten vor dem Kamin und hundert Metern Heimweg im Auto sind die nicht
schmutzig.«
    »Es kommen noch zehn Minuten dazu, die der Profi zum Einbrechen
brauchte.«
    »Trotzdem, das zu waschen wäre verrückt. Es wird mir eine Ehre sein,
die Sachen noch richtig aufzutragen.«
    »Das ist jetzt aber kein Fetischistending, oder?«
    »Ist es nicht.«
    »Verzeihung. Das war eine dumme Bemerkung. Kann ich die
zurücknehmen? Manchmal überholt mein Mundwerk die Manieren. Tut mir leid.«
    »Schon gut.«
    »Ich wollte die Sachen eh nicht waschen. Ich habe eine ganz normale
Wäsche und könnte Ihre einfach dazutun.«
    »Gern. Ich bringe sie.«
    »Gut.«
    Das wird ja langsam richtig abwechslungsreich, dachte ich, Carmen,
Katze, Johannes, mir wird die Zeit nicht lang. Ich packte die paar T -Shirts,
Unterhosen und Socken zusammen, die gewaschen werden mussten, und stopfte sie
in eine Plastiktüte vom Supermarkt. Dann rannte ich durch den Regen bis zu
Seeligs Haus, klingelte und war außer Atem und ebenso klatschnass wie meine
beiden Besucherinnen. Ich würde den Rest des Tages im Bademantel verbringen
müssen. Aber nein, falsch gedacht, die Zweithose war ja trocken. Die kurze
Strecke von der Haustür zum Auto des Schlüsseldienstlers hatte sie nicht
nachhaltig durchnässt. Dieselbe Plastiktüte in der Hand, nur jetzt mit anderem
Inhalt, nämlich der Zweithose, dem T -Shirt und dem
Handykabel trottete ich gemächlich, weil ich nasser nicht mehr werden konnte,
den Weg zurück zum Bungalow und pfiff vor mich hin.
     
    ˜
     
    Mein Essen sah armselig aus, verglichen mit dem feinen
Pfefferlauch mit Ravioli, den es am Abend zuvor gegeben hatte. Dagegen war dieses
Fertiggericht aus Nudeln, Erbsen und anderem Plastikgemüse, das ich nur in die
Pfanne rieseln lassen und ein wenig

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