Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod
Vorschriften. Über den Termin werde ich Sie informieren. Wo sind Sie zu erreichen?«
»Im Hause meines Vaters.«
»Wo waren Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch?«
»In Bar, Montenegro.« Jetzt fiel es Laurenti ein. Die Flagge an der Corbelli war die montenegrinische.
»Dort liegt auch Ihr Boot?«
»Ja.« Spartaco de Kopfersberg fingerte mit seiner rechten Hand ein Päckchen Camel Light aus der Jackentasche und schaute den Commissario fragend an.
»Rauchen Sie nur! Es stört mich nicht.« Spartaco steckte sich eine Zigarette an. »Warum liegt Ihr Schiff in Montenegro?« fragte Laurenti.
»Weil es da billiger ist.« Das war allerdings eine merkwürdige Aussage. Eine solche Yacht mußte ein Vermögen kosten, von Wien nach Montenegro war es weit und teuer. Ob es überhaupt einen Flughafen gab dort unten? »Aber vor allem«, fuhr Spartaco fort, »ist weiter südlich das Meer am schönsten. Unverdorbene Natur, Signor Laurenti. Und wir haben viel mit diesen Ländern zu tun. Man ist mit dem Schiff manchmal schneller als mit anderen Verkehrsmitteln.«
»Ich habe schon gehört, daß man dort Geld verdienen kann, wenn man über die richtigen Kontakte und die richtigen Waren verfügt. Aber niemand von uns traut dieser Art Geschäfte.« Laurenti schaute wie beiläufig auf den Aschenbecher.
»Ach, wissen Sie, da werden von den Medien viele Vorurteile verbreitet. Man muß halt vor den anderen da sein. Insbesondere nach dem Krieg im Kosovo boomt es. Man kann sehr viel Geld verdienen, wenn man die richtigen Waren beschafft. Einfache Fertighäuser, medizinische Apparaturen, Medikamente und Elektrogeräte. Sie glauben nicht, wie viel Tausende Transistorradios und kleine Fernsehgeräte wir dorthin verkauft haben.«
Laurenti wollte es gar nicht wissen. Ein großer innerer Zorn überkam ihn, wenn er an diesen Krieg dachte und daran, wer davon profitierte, während die Bevölkerung litt und täglich um ihr Leben fürchtete. Junge Frauen trauten sich nicht mehr ohne Begleitung auf die Straße, nachdem bekannt geworden war, daß organisierte Banden sie entführten, gefügig machten und verkauften.
»Ich nehme an, es gibt Zeugen dafür.«
»Aber sicher! Ich kann Ihnen die Abrechnungen unserer Handelspartner zeigen. Doch sagen Sie, was hat das mit meinem Vater zu tun?«
»Ich meinte für Ihre Anwesenheit in Bar, nicht für Ihr Geschäft.«
»Sie glauben doch nicht etwa, daß ich …« Spartaco de Kopfersberg hatte für einen Augenblick seine Beherrschung verloren. Schnell fing er sich wieder ein. »Ich habe ein Alibi. Ist es das, was Sie meinen? Wenn Sie wollen, schreibe ich Ihnen einige Namen und Telefonnummern auf. Haben Sie ein Blatt Papier?«
»Lassen Sie nur, Signor de Kopfersberg.« Laurenti winkte ab. »Wir fragen das immer. Sie stehen ja nicht unter einem konkreten Verdacht. Den können Sie mir immer noch liefern. Außerdem messen wir Bescheinigungen aus Montenegro wenig Wert zu. Dort sitzt über die Hälfte der fünfhundert meistgesuchten Kriminellen Italiens fett in irgendwelchen Villen und lamentiert, daß sie in ihren ehrenwerten Geschäften gestört werden. Das wird auch Ihnen nicht entgangen sein.«
»Damit haben wir aber nichts zu tun. Unsere Geschäfte sind korrekt!«
»Natürlich, natürlich! Aber sagen Sie mir: Wann haben Sie Ihren Vater zum letzten Mal gesehen?«
»Vor meinen Ferien, vor drei Wochen etwa.« Spartaco de Kopfersberg erwähnte mit keinem Wort, daß er seinen Vater in Zara getroffen hatte. Laurenti nahm es ungerührt zur Kenntnis.
»Und wo haben Sie Ihre Ferien verbracht?«
»Na, da unten, im Süden. In den Kornaten und sogar in der Ägäis.«
»Große Entfernungen! Aber mit einem Boot wie Ihrem ist das ja offensichtlich möglich, wie Sie mir gestern sagten.«
»Warum haben Sie eigentlich dieses Spiel gestern getrieben, Signor Laurenti?« Kopfersberg lächelte ironisch. »Ich fand es ja nett, daß Sie mir den Koffer getragen haben. Aber deswegen waren Sie sicher nicht gekommen.«
»Sie kennen doch die Vorurteile über die Polizei, Signor de Kopfersberg.« Auch Laurenti lächelte. »Lange Leitung, kurzer Verstand. Ich schaue mir die Dinge gerne erst einmal an. Tote haben keine Eile mehr.« Er war aufgestanden, und auch Spartaco hatte sich erhoben. »Ich werde Sie ganz sicher noch ein paarmal brauchen, Herr de Kopfersberg. Ich rufe Sie dann an.«
»Ci vediamo, wir sehen uns«, antwortete Spartaco.
Ganz, ganz sicher, dachte Laurenti, schon bald. »Ach, was haben Sie eigentlich mit
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