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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Rossana wieder besser, und Antonella würde in diesem Jahr endlich Abitur machen, wenn auch mit einiger Verspätung.
    »Oh, die Exekutive besucht die vierte Macht im Staate. Welche Ehre!« Rossana Di Matteo war ihm entgegengekommen und küßte ihn auf die Wangen. »Wie geht es dir?«
    »Ich würde eher sagen, ein kleiner Polizist besucht die Herrin der Volksgunst. Du siehst prächtig aus, Rossana! Warum ist in diesem Scheißstaat eigentlich die Bigamie verboten?«
    »Proteo! Spiel nicht mit dem Feuer! Ich erzähle Laura alles!«
    Dieses Spiel zwischen ihnen war fast so alt wie ihre Freundschaft und stammte aus der Zeit von Lauras zweiter Schwangerschaft. Rossana Di Matteo hatte Proteo kurze Zeit, wie sie sagte, das Händchen gehalten, als Laura sich mit dickem Bauch und der ersten Tochter vor dem Hochsommer einige Tage aufs kühlere Land geflüchtet hatte. Proteo und Rossana waren sich damals gefährlich nahe gekommen und hatten ihre kurze Affäre unter Zuhilfenahme aller Vernunft aufgegeben. Dieses Geheimnis verband sie seit neunzehn Jahren.
    »Wieso, ich will sie doch nicht betrügen. Ich will euch alle beide! Was ist daran schlimm?«
    »Zu spät. Ich bin alt, du bist alt. Nichts mehr los. Nur noch Arbeit, mein Lieber.«
    »Jetzt übertreib mal nicht! Wir sind noch keine Fünfzig, und so viel tut sich doch im Moment nicht. Es ist Hochsommer, Rossana!«
    »Hast du ’ne Ahnung, Proteo! Soeben kam die Meldung, daß die EU-Erdbebenhilfe für die Türkei über Triest geht. Die sind noch von der Betrügerei bei der Kosovo-Hilfe bedient und hoffen auf die Zuverlässigkeit unserer verschlafenen Provinz. Kein Wunder, in Bari stehen immer noch die vollen Container in der Sonne herum und verrotten. Und der Leiter der Behörde in Wien hat ein beeindruckendes Interview gegeben. Wolferer heißt er, und es scheint sich endlich einmal um einen tatkräftigen Beamten zu handeln, der sich weniger um die Richtlinien kümmert als darum, daß die Sache wirksam umgesetzt wird. Man erlebt immer wieder Überraschungen. Dann der Streit zwischen Region und Stadt wegen der Verteilung der Finanzen. Ich weiß nicht, ob du es gelesen hast. Die Konservativen wollen sich rächen, weil sie die Stadt nicht beherrschen. Außerdem noch immer die Wirren um unsere Zukunft in der Zeitung … Verdammt viel Unklarheit und Chaos.«
    Vor einem Jahr hatten die alten Inhaber den »Piccolo« an eine der großen Zeitungsgruppen des Landes verkauft, zu deren Imperium schon andere Regionalzeitungen gehörten. Nun wurde viel über anstehende Veränderungen geredet, darüber, daß alles, was weder Stadt noch Umgebung betraf, zugeliefert werden sollte. Politik, Wirtschafts- und Kulturteil sollten möglicherweise für alle Blätter von irgendeiner fernen Redaktion erstellt werden, und das würde viele Arbeitsplätze kosten, wenn man es nicht noch verhindern konnte. Jeder war oder fühlte sich gefährdet, aber noch hatte man nicht alle Hoffnungen aufgegeben und kämpfte für die Unabhängigkeit.
    »Dieses verdammte Renditestreben. Es ist zum Kotzen. Sie kriegen den Hals nicht voll, und der Druck wird immer größer. In einigen Jahren sieht jede Zeitung gleich aus, und die Redaktion ist nichts als ein Ornament um die Anzeigen herum. Aber ihr Staatsdiener habt von so was sowieso keine Ahnung.«
    Während Rossana erzählte, war ein junger Mann hereingekommen und hatte ihr wortlos ein Manuskript auf den Tisch gelegt.
    »Von wegen! Denk bloß an die Diskussion um die Privatisierung der Gefängnisse und von Teilen der Sicherheitskräfte. Außerdem so gut wie keine Budgets mehr. Veraltete Ausrüstung.
    Das Verbrechen ist uns doch technisch in jeder Hinsicht überlegen, Rossana! Aber ich sehe schon, du arbeitest wirklich zuviel. Komm doch mal wieder zum Abendessen«, schlug Proteo vor. »Wann hast du einen freien Abend?«
    »Danke, Proteo«, Rossana lächelte. »Eigentlich nur heute, aber wir wollen Laura keine Arbeit machen. Laß uns mit den Kindern ausgehen.«
    Gar keine schlechte Idee, ging es Laurenti durch den Kopf, wenn am Abend wegen der Miss-Wahl der Haussegen kräftig in Turbulenzen geriete. Er hoffte auf Rossanas ausgleichenden Einfluß.
    »Aber es gibt noch etwas anderes, worüber ich mit dir sprechen muß. Du hast da einen wild gewordenen Schreiber, der mir Probleme macht. Dieser Leonardo Di Caprio …«
    »Wer?« Rossana verstand nicht, wen er meinte.
    »Der mit dem Jüngsten Gericht und den Nutten im Borgo Teresiano«, ergänzte Proteo.
    »Ach, du meinst

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