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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Decantro«, korrigierte sie ihn. »Das war er gerade.« Sie zeigte auf die Papiere auf ihrem Schreibtisch. »Was ist mit ihm?«
    »Er macht mir Arbeit. Wir haben von allen Seiten Druck bekommen. Wegen fünfzehn Nutten. Fünfzehn! Du hast doch letztes Jahr selbst den subtilen Aufmacher gebracht, von wegen ›Alle dreizehn Dirnen Triests festgenommen.‹ Jetzt sind es zwei mehr. Dein Saubermann schreibt Artikel, als stünden wir bis zu den Knien im Sumpf. Das Bürgermeisteramt rief an, die Faschisten, die bescheuerten Leghisten, die Berlusconianer sowieso, die Handelskammer auch. Und so weiter, und so weiter. Kann der Mann sich nicht woanders austoben? Wir können doch nicht die Hälfte unserer Polizisten ins Borgo abstellen.«
    Rossana war überrascht.
    »Aber so schlimm ist das doch gar nicht, Proteo«, versuchte sie ihn zu beschwichtigen.
    Er richtete sich auf: »Es ist sogar noch viel schlimmer. Ich wurde persönlich damit beauftragt, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Als hätte ich nichts Besseres zu tun. Schau, ich werde jetzt eine Zeit lang den Druck weitergeben, ins Borgo. Razzien, verstärkte Streifen und Kontrollen, Strafzettel für Freier, wenn sie durch die gesperrten Anliegerstraßen fahren, et cetera. Das löst den Straßenstrich vorübergehend ein bißchen auf.
    Und nach zwei Wochen werde ich einen Bericht schreiben, daß wir dank eines wertvollen Hinweises des Herrn Decantro uns sofort der Sache angenommen und wirksam eingegriffen haben. Aber ehrlich, Rossana, wir wissen beide allzugut, daß diese oder andere Mädchen wenig später wieder da sein werden. Es ist doch nichts besonders Schlimmes. In Triest ist in Sachen Prostitution nun wirklich nichts los. Die Dienststellen sind knapp besetzt, und es ist besser, wir haben die Sache überschaubar unter Kontrolle. So wie jetzt. Verstehst du?«
    Rossana war aufgestanden und hatte die Bürotür geschlossen. »Mir gefällt auch nicht, was dieser Blödmann schreibt, aber er hat so was wie einen Freibrief. Er ist Volontär, ein allerdings fünfunddreißigjähriger Volontär, der nicht viel auf dem Kasten, dafür aber einen einflußreichen Vater hat, der sich um die berufliche Zukunft seines Sohnes Sorgen macht und zufällig mit einem der Bosse in der Holding befreundet ist. Damit der sich nicht blamiert, hat er Decantro vermutlich zu uns abgeschoben. Und hier fühlt er sich als der große Held und verkanntes Nachwuchstalent. Mindestens zweimal täglich wird er von seinem Vater angerufen, und da man hier schließlich alles mithört, ob man will oder nicht, wissen wir, wie er sich aufspielt. Ganz so einfach, wie du dir das vorstellst, ist er nicht loszuwerden. Aber ich denke auch schon eine Weile darüber nach, und vielleicht fällt mir was ein.«
    »Kannst du ihn nicht wegbefördern?«
    »Und wohin?« Rossana Di Matteo blieb skeptisch.
    »Vielleicht sollten wir ihn sogar benutzen. Wie wäre es denn«, sagte er und sah Rossana mit einem listigen Lächeln an, »wenn du anordnen würdest, daß er die Polizei zwei Nächte auf Streife begleitet und eine große Reportage darüber schreibt …«
    »Und zur Belohnung«, jetzt lächelte auch Rossana Di Matteo, »befördern wir ihn dann von der ›Cronaca‹ zur Istrien-Seite.«
    »Genau! Der braucht doch eine profunde Ausbildung. Weg mit ihm in ein anderes Ressort!«
    »Wenn’s nicht gleich passieren muß …«, sagte Rossana. »Laß uns das noch mal überlegen.«
    »Er bekommt eine gute Streife am Wochenende, wenn was los ist«, spann Laurenti weiter. »Das hast du auch noch nie im Blatt gehabt. Er bekommt einen Einblick und außerdem eine kugelsichere Weste, das gefällt ihm sicher. Und endlich darf er mal im Polizeiauto mitfahren, das wünscht sich jeder kleine Junge.«
    »Bist du deshalb Bulle geworden, Proteo?« Rossana grinste.
    »Nur deshalb! Also was ist?« Laurenti war nach einem Blick auf die Wanduhr aufgestanden und hatte es plötzlich eilig. »Denk drüber nach! Ich muß los. Wir sehen uns heute Abend. Machst du was mit Laura ab?«
     
    Er hatte zu lange mit Rossana Di Matteo geplaudert, seinen Wagen nicht dabei und zu Fuß einen zu langen Weg vor sich, um pünktlich zur Sitzung beim Polizeipräsidenten zu erscheinen. Er ging schnellen Schrittes vom Campo Marzio in Richtung Zentrum, benutzte nicht den Gehweg, sondern ging neben den parkenden Autos auf der Straße, sich häufig in der Hoffnung umwendend, daß ein Taxi vorbeikäme. Es war fünf vor sechs und dichtester Verkehr. Er hastete schwitzend weiter. In

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