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Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Titel: Heinrich Mueller 01 - Salztraenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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beeindruckenden Ründe war die eigentliche Käserei angebaut, klein, aber nach den modernsten Hygienevorschriften eingerichtet. Eine Verbotstafel hinderte Fremde am Zutritt zu den Produktionsräumlichkeiten. Neben der Stahltüre mit einem Fenster im oberen Teil hing eine Holzplatte mit einer langen Liste von Namen. Etwa hinter jeden fünften davon hatte jemand ein schwarzes Kreuz gezeichnet.
    Müller las vor: »Trimstein, Richigen, Bärau, Walterswil, Untersteckholz, Reisiswil, Oberbipp, Mättenacker, Mannshaus, Kapfschwand, Kaltenegg, Glasbach, Hählenschwand, Bolzisberg, Dieterswald, Ersigen, Grossaffoltern, Mülchi, Waldegg …“
    »Das sind die Emmentaler-Käsereien, die in den letzten zwei Jahren geschlossen worden sind«, sagte unvermittelt eine raue Stimme hinter dem Detektiv, was der Aussage erst das nötige Gewicht verlieh.
    Nicole und Heinrich drehten sich gemeinsam um. Hinter ihnen stand ein kräftiger Mann, der den Schattenwurf des Hauses verlängerte und dessen Körper aus dem Gleichgewicht geraten war: ein massiger Brustkorb und kräftige Arme, der hagere Kopf verschwand beinahe im Nacken, der Körper saß auf spindeldürren Beinen, die Sonne aber liebkoste die speckige Glatze.
    »Wenn es so weiter geht, ist Schattgraben die nächste. So wird mit unserem Beruf, unserem Erbe umgesprungen. Die Behörden verschlafen die Registrierung einer Ursprungsmarke, die den Emmentaler schützen würde. Der Milchkonzern Moloko kündigt die Verträge mit den kleinen Dorfkäsereien, die nur einen oder zwei Laibe pro Tag herstellen. Qualität hin oder her, die Fahrt mit dem Lastwagen lohnt nicht mehr. Aus den Genossenschaftskäsereien, den Urzellen der Schweizer Demokratie, werden reine Milchzentralen, aus denen der Tanklastwagen abholt, was er braucht. Den Rest kannst du den Schweinen verfüttern oder gleich in die Kurzen gießen, denn Schweine gibt es auch keine mehr, seit der Schlachtviehmarkt nicht mehr rentiert. Und wenn Moloko weiter so auf den Milchpreis drückt, ihn an das EU-Niveau anpassen will, dann brauchst du auch bald keine Bauern mehr im Tal und schon gar keine Käserei.«
    »Dabei gehört Moloko doch den Bauern selbst?«, fragte Nicole.
    »Ja. Aber nicht den hiesigen. Und hast du schon mal einen Bauern gesehen, der dem anderen nicht noch die faulen Flecken in den Kartoffeln neidet? Aber kommt auf einen Schluck rein.«
    Die drei stiegen drei Steintritte zum Eingang des Bauernhauses hinauf und traten in die Küche.
    »Frau und Kind sind außer Haus«, behauptete Werner Eichenberger. »Setzt euch. Jetzt revanchiere ich mich mal für die Bedienung im Bären. Kaffee mit für alle, auch für den Herrn Detektiv?«
    Müller wunderte sich, dass der Käser bereits Bescheid wusste.
    »Wir brauchen hier kein Internet und all den neumodischen Schnickschnack, um auf dem Laufenden zu bleiben.« Eichenberger lachte. »Nun frag schon, was du wissen möchtest.«
    Der Kaffee wurde unter der Hand des Käsers, die die Bätzi-Flasche führte, immer dünner, und Müller war froh, hatte er kein Auto dabei. Allerdings wusste er auch noch nicht, wie sich der frühmorgendliche Kaffee Schattgraben auf die Gehfähigkeit und den Gleichgewichtssinn auswirken würde.
    »Was hat Hans Bähler mit all dem zu tun?«
    »Ach der, ein kleiner Fisch, ein Angeber, der sich für wichtiger genommen hat, als er war. Ein Quartalssäufer, der den Frauen nachstieg. Ein kleiner König im Reich des hinteren Emmentals, ein König, dem die Ländereien weggenommen werden.«
    »Unbeliebt?«
    Eichenberger seufzte. »Klar. Wie soll man beliebt sein bei dem Job, den der Mann verrichtet hat. Er hat ja immer nur schlechte Nachrichten gebracht.«
    »Deshalb ist er gegen den Baum gefahren?«, mischte sich Nicole ein.
    »Was weiß ich, was den Bähler noch so alles geplagt hat«, antwortete der Käser unwirsch. »Zuzutrauen ist einem Mann in seiner Lage alles. Aber er hätte es auch anderswo machen können, es gibt doch noch mehr Talschaften, für die er zuständig war. Was interessiert das eigentlich einen Detektiv aus der Stadt?«
    »Nun. Die Sache ist etwas heikel«, meinte Müller. »Aber Ihnen kann ich es ja sagen, mit Ihrer Verschwiegenheit kann ich rechnen.«
    »Sicher«, brummte der Ältere.
    »Ich bin von der Versicherung angestellt. Wenn sich bestätigt, dass Bähler Selbstmord begangen hat, zahlt sie nicht.«
    Eichenberger brummte etwas Unverständliches, dann stand er plötzlich auf und sagte: »Ich hab in der Käserei drüben noch zu tun. Kommt ihr

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