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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Burgunder losgegangen, zuerst allerdings nur die Vorhut. Als Karl der Kühne seine Truppen umgruppieren wollte und sie zu diesem Zweck etwas zurückzog, tauchte unerwartet das eidgenössische Hauptheer auf. Aus dieser Rückwärtsbewegung entstand eine unkontrollierte Flucht der Burgunder. Statt nun den Gegner zu stellen und gleich am Anfang endgültig zu schlagen, haben die Eidgenossen das burgundische Lager geplündert und alles geklaut, was sich wegtragen ließ. Karl der Kühne konnte seine Truppen ohne große Verluste neu sammeln und gegen Murten vorgehen, während die Eidgenossen schon wieder zu Hause mit dem Verkauf der Beute beschäftigt waren und die Verteidigung der Stadt den Berner Truppen unter Adrian von Bubenberg überließen.«
    »Genug Theorie, jetzt wollen wir das Schlachtfeld sehen«, verlangte Leonie.
    Müller fuhr bis Concise, wo sie vom Waldrand einen tollen Blick über den Rebberg und den Neuenburgersee hatten, aber rein gar nichts erkannten, was mit irgendeiner Schlacht zu tun gehabt hätte. Sie waren entsprechend enttäuscht. Vielleicht glaubten sie, Helme und Hellebarden ragten aus dem Erdreich, oder es stünden noch ein paar Feldschlangen herum.
    Unter ihnen breitete sich ein leicht abschüssiges, eben erst abgemähtes Feld aus, mit dunkelgrünem Gras, in dessen Mitte ein gegen den See spitz zulaufendes Dreieck in hellem, gelblichem Gras leuchtete wie das Sinnbild einer weiblichen Scham, wie man es bei prähistorischen Höhlenzeichnungen finden kann. Dort standen ein paar Gestalten, die aus einem Mittelalter-oder Horrorfilm entsprungen zu sein schienen, hauptsächlich schwarz gekleidet, und vollführten ein nicht näher erkennbares Ritual.
    »Hexentanz oder Teufelsbeschwörung«, mutmaßte Nicole. »Das sollten wir uns näher ansehen.«
    Sie stapften über die Wiese, bis sie ein Mann aus der Gruppe bemerkte, der sie mit einem unmissverständlichen Handzeichen zum Anhalten gebot. Es waren fünf Leute aus der dunklen Szene, die vor sich ein Pentagramm ausgebreitet hatten. An jedem Ende eines Zackens stand eine Person. Sie bildeten einen Kreis, hielten sich an den Händen und murmelten Unverständliches.
    »Kinderkram«, zischte Leonie. »Lasst uns gehen.«
Aber Heinrich war derart fasziniert vom Auftreten einer jungen Frau, die auf den ersten Blick nackt im Feld stand. Bei genauerem Hinsehen stellte Müller jedoch fest, dass ihre Bekleidung aus hautfarbenen Lederstreifen bestand, von silbernen Nieten und Lederriemen zusammengehalten, sodass der Ausdruck von Nacktheit einer erhöhten Körperlichkeit wich, einer fiebrigen Vereinigung von zarter Haut und weichem Leder.
    Schließlich mussten die beiden Frauen ihn von dieser Augenweide fortzerren.
    ›Und zuo dem allem ward da gewunen ein cleinot, das nieman kond noch mocht gewärden. Das was ein stein in einer guldinen rosen gevasset, genant ein diemant oder adamass. Daran hiengend zwey große pärlj in der grösse alss gefüg hasselnuss. Der ward am letsten umb ein große summ geltes verkoufft. Me fand man des hertzogen von Burgund Tägen, der hat ein höffti mit edelm gestein allenthalben in clar gold versetzet, saphir, rubin, türckis, diemanten, jacinckten und andern. Derselb galt ouch vil geltes. Darnach fand man erst sovil costlicher panern und fennlinen iff das allerschönest vergült und des hertzogenwapen darangemachet, und an eim jeglichen mit guldin buochstaben geschriben: »Je l’ay emprins«, on ander guot, des sovil was, das darvon nit ist ze schreiben. Dz demnach alles gepüttiget und erlich geteilt wart.‹ [8]
    Auf der Weiterfahrt vorbei am mächtigen Gemäuer von Grandson – auf das Angebot der Schlossbesichtigung hatten Leonie und Nicole nicht reagiert – schwärmte Heinrich bis kurz vor Yverdon von der feengleichen Erscheinung, die nun bestimmt den dunklen Mächten geopfert würde, und bedauerte, dass er dies nicht mehr verhindern konnte. Erst als er bei der Autobahneinfahrt beinahe einen Begrenzungspfosten der Baustelle streifte, gewannen seine beiden Begleiterinnen etwas Ruhe zurück. Dafür drückte er aufs Gaspedal, kaum dass die Straße frei war. Eingangs des zweiten Tunnels wurde er mit einem Foto ihres Ausflugs beglückt, für dessen Preis er einem Profifotografen einen anständigen Stundenlohn hätte bezahlen können.
    »Willkommen zurück in der Wirklichkeit«, kommentierte Leonie.
    Schließlich erreichten sie Murten, parkten vor dem Berntor und begaben sich zur Reformierten Deutschen Kirche.
    »Im Berner Pfarrhaus

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