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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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lagen auf dem Bauch, die Hände ineinander gefaltet, die Lider geschlossen. Der Unterkiefer war weit geöffnet und etwas in Richtung Hals gesunken. Alles erinnerte an eine altägyptische Grablegung und war es doch nicht. Es sollte nur so aussehen.
    »Man kriegt den Eindruck, alles an diesen Fällen soll wirken wie etwas, das es eigentlich nicht ist. Es kann uns in die Irre führen, aber vielleicht gibt es uns Hinweise«, sagte der Störfahnder.
    »Der Serienmörder, der die Polizei an der Nase herumführt, um zu beweisen, wie schlau er ist?« Pascale Meyers Zweifel waren unüberhörbar.
    »Ich glaube eher«, sagte Nicole Himmel, »dass die Absenz von irgendetwas wichtiger ist als die Präsenz von bestimmten Dingen. Das Fehlen von Merkmalen ist ein Hinweis auf das wirkliche Geschehen. Was nicht da ist, zeigt uns, womit wir es zu tun haben.«
    »Sehr kryptisch«, erwiderte der Störfahnder.
    »Und doch einleuchtend«, fuhr Nicole fort. »Denk nur mal an die Sammlung der Kryptozoologie im Naturhistorischen Museum Lausanne. Lauter Tiere, die es nicht gibt. Sie liefern Hinweise auf Lebensbereiche, die wir verloren glauben. Zum Beispiel Einhorn und Drache, Elemente vieler Märchen und Sagen. Sie zeigen eher, was wir uns wünschen und was wir fürchten.«
    »Und wie soll uns das bei Delia Zimmermann weiterhelfen?«, fragte Pascale Meyer.
    »Gehen wir davon aus, dass der Mörder etwas fürchtet, zum Beispiel die Wiederkehr der Toten. Deshalb schließt er ihre Augen und arrangiert die Leiche nach einem vorgeblich alten Ritus.«
    »Das funktioniert aber bei Thomas Däppen nicht«, sagte Heinrich erleichtert, »und würde mich als mögliches Opfer wieder aus dem Spiel nehmen.«
    »Wer weiß, was der Täter alles mit dir angestellt hätte«, sagte Nicole schelmisch.
     
    »Ich habe mich noch nicht an Tatortfotos gewöhnt«, sagte Pascale Meyer. »mit dem Tod ist meist eine unheimlich faszinierende Ästhetik verbunden. Aber das hier, wo sich jemand bemüht hat, eine Leiche herzurichten, finde ich besonders grausam. Es bewirkt das Gegenteil der damit verbundenen Absicht.«
    »Du interpretierst zu viel aus deinem eigenen Empfinden heraus«, kritisierte der Störfahnder. »Somit ziehst du eventuell die falschen Schlüsse. Was wissen wir über die Absichten, die mit diesem Arrangement verbunden sind? Möglicherweise hat Nicole Recht, und die Abwesenheit bestimmter Indizien erzählt uns mehr als das von uns sorgsam Registrierte. Wir werden sehen.«
    Für Heinrich Müller überlagerte sich die Erinnerung an die lebhafte Frau in ihrer Küche mit dem Schrecken des offenen Mundes und der Frage, ob das alles auch ihm gegolten haben könnte.
    »Die Drahtschlinge«, flüsterte Pascale.
    »Die Drahtschlinge«, wiederholte Spring, »handelsüblicher Draht, mit Drahtschneider abgetrennt. Wenn wir die Rolle finden, können wir die Stücke zuordnen. Aufgeraut, wahrscheinlich mit einer Feile. Brauchte den Überraschungseffekt und etwas Kraft, aber nicht übermäßig viel.«
    »Es könnte demzufolge auch eine Frau infrage kommen«, fasste Nicole zusammen.
    »Ja«, sagte der Störfahnder.
    »Keine Mafia«, stellte Heinrich fest.
    »Nein. Allenfalls vorgetäuschte Mafia von jemandem, der allzu häufig Krimis liest. Bei der ganzen Anordnung ist zu viel Detailverliebtheit im Spiel, der Ortsgeist sozusagen. Und dann das Totenritual. Da müssen zumindest ansatzweise Kenntnisse fremder Kulturen vorhanden sein.«
    »Zum Glück bist du bei uns gewesen«, stellte Heinrich mit Blick auf Nicole fest. »Du hast also ein Alibi.«
    »Untersteh dich! Ansatzweise! Ich bin Expertin für fremde Kulturen und stelle sehr wohl fest, dass hier nur etwas vorgetäuscht worden ist.«
    »Ein weiterer Punkt ist bemerkenswert«, sagte der Störfahnder, »der ganze Raum war trocken, bis auf unsere eigenen Spuren. Das heißt, auch der Täter ist vor dem Regen im Innern der Brauerei gewesen. Vielleicht hat er sich auch noch im Gelände aufgehalten, als wir bereits mit der Spurensuche begonnen haben.«
    »Erinnert mich irgendwie an den Geist Belphégor, der aus einem ägyptischen Sarkophag, da der Tote nicht nach allen Regeln des Ritus bestattet worden ist, aufersteht und sich heute als Schattengespenst seine Opfer sucht, um so zur endgültigen Erlösung zu kommen. Ein toller Film mit einer umwerfenden Sophie Marceau. Würde dir gefallen«, sagte Nicole zu Heinrich Müller.
    »Du meinst, weil auch hier nur ein Pseudoritual durchgeführt worden ist«, folgerte der Detektiv,

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